Farbaktion am Brandenburger Tor: Bewährungsstrafen für Aktivisten
Klimaaktivisten besprühten im Spätsommer vergangenen Jahres das Brandenburger Tor mit orangener Farbe. Nun gibt es ein erstes Urteil.
Gemeinsam mit elf weiteren Klimaaktivist*innen hatten die drei Angeklagten das Wahrzeichen mit Farbe aus Feuerlöschern besprüht. Im März war ein erster Strafprozess gegen zwei mutmaßlich Beteiligte gescheitert. Zum Auftakt des aktuellen Verfahrens bekannten sich alle Angeklagten zu ihrer Tat und erklärten ihre Motive.
„Es ist schon ein wenig absurd, dass wir jetzt hier vor Gericht stehen und angeklagt werden, weil wir auf die Grund- und Menschenrechtsverletzungen der Bundesregierung aufmerksam gemacht haben“, erklärte die Medizinstudentin Regina S. mit Farbklecksen auf der Hose. Der Ton: Letzte-Generation-Orange.
Dabei zeigt auch dieser Prozess, dass die Aktivist*innen den Konflikt des zivilen Ungehorsams nicht lösen können: Die Aktion ist interessanter als ihr Motiv. Daher hörten sich etwa 30 Zuschauer*innen und ein Dutzend Pressevertreter*innen Details zu offenporigem Sandstein und wasserunlöslicher Farbe an.
Wandfarbe für Brandenburger Tor
Im Fokus stand, wie die beauftragte Reinigungsfirma die Farbe vom Denkmal entfernte (Wasserdampf und Paste), wie hoch der Graffitischutz an den Säulen ist (2,5 Meter) und welche Art von Farbe die Aktivist*innen benutzen (Wand- und Deckenfarbe, mindere Qualität). In der Hauptverhandlung wurde unter anderem eine Mitarbeiterin einer Restaurierungsfirma vernommen, die sich mit der Instandhaltung des Brandenburger Tors beschäftigt.
Bei der Aktion im Spätsommer war ein Sachschaden von 110.000 Euro entstanden, besonders das Gerüst, das bei der Reinigung verwendet worden war, um an die oberen gefärbten Stellen zu gelangen, habe die Kosten angehoben.
Die Verteidigung zweifelt die Art der Reinigung und die damit verursachten Kosten an. Im noch feuchten Zustand hätte die Reinigungsfirma die Farbe rückstandslos entfernen können, wartete jedoch bis zum folgenden Montag, um eine Hebebühne heranzuschaffen, da am Sonntag keine zur Verfügung gestanden habe. Im getrockneten Zustand war das Entfernen mühsamer und somit auch teurer.
Wiederholte Aktion im November
Ähnliches war nach einer weiteren Aktion im November passiert, als Aktivist*innen zwei Säulen mit Farbe bemalten. Mitarbeitende der Reinigungsfirma waren aufgrund der Farbaktion im September weiterhin vor Ort und konnten die feuchte orange Farbe entfernen.
Das Urteil will die Letzte Generation nicht kommentarlos hinnehmen, sie ruft für Mittwochabend zu einer Solidaritätskundgebung auf und kehrt zum Tatort zurück: dem Brandenburger Tor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“