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Fall Gustl MollathHastige Wahrheitsfindung

Seit 2006 sitzt Gustl Mollath gegen seinen Willen in der forensischen Psychiatrie. Nun wird der Fall von der Opposition in Bayern neu aufgerollt.

Noch wenig Licht im Dunkel: die Causa Gustl Mollath. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Viel Zeit bleibt der Opposition bis zum Ende der Legislaturperiode nicht. Dennoch planen Freie Wähler, Grüne und SPD, im bayerischen Landtag einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der sich mit der Causa Mollath befassen soll.

Seit 2006 sitzt Gustl Mollath in der forensischen Psychiatrie ein, weil er angeblich an einer „wahnhaften psychischen Störung“ leidet. Mollath hatte einen angeblichen, groß angelegten Schwarzgeldskandal bei der Hypo-Vereinsbank (HVB) geschildert. Ein interner Revisionsbericht der Bank, der 2011 an die Öffentlichkeit geriet, bestätigte seine Vorwürfe.

Dennoch wies man Mollath in die Psychiatrie ein – ob rechtmäßig, darüber soll bald auch ein Gericht befinden. Sowohl Mollaths Anwalt als auch die Staatsanwaltschaft Regensburg haben Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.

Damit will sich die bayerische Opposition nicht begnügen. „Wir wurden mehrfach mit der Unwahrheit bedient“, so der Landtagsabgeordnete Martin Runge (Grüne). Unklar sei, warum Justizministerin Beate Merk (CSU) trotz Bekanntwerden neuer Beweismittel vor knapp anderthalb Jahren das Verfahren nicht wieder neu aufrollte.

Edmund Stoiber soll aussagen

„Wir wollen wissen, wer in der Staatsregierung wann was gewusst und wie darauf reagiert hat“, sagte Florian Streibl (Freie Wähler). Neben Justizministerin Beate Merk sollen auch die ehemaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und Günther Beckstein, an die sich Mollath schriftlich gewandt hatte, aussagen. Auch Mollath selbst soll sprechen.

Am Donnerstag wollen die Oppositionsfraktionen den Antrag im Rechtsausschuss beraten. In der kommenden Woche könnte dann das Plenum darüber abstimmen. Dann bleiben den Abgeordneten nur wenige Wochen zur Wahrheitsfindung. Mit dem Ende der Legislaturperiode im September wird der Ausschuss automatisch aufgelöst.

Der Abschlussbericht muss vor Beginn der Sommerpause Mitte Juni vorliegen. Für die Opposition ist das kein Hindernis – zumal der Ausschuss auch einen Weg bietet, die Staatsregierung vor der Landtagswahl zu schwächen.

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13 Kommentare

 / 
  • A
    Asam

    Eine Justiz zum Verzweifeln!

    Der Fall Gustl Mollath ist kein Einzelfall

     

    Ein hohe Bayerischer Amtsträger, Präsident des Bayerischen ….. und der CSU nahe stehend, hat mich, einen über 70-zig Jahre alten Mann - ohne dass ich ihm unmittelbar zuvor dazu einen Anlass gegeben habe – wehr- und schutzlos an Boden liegend wie einen räudigen Hund zusammengetreten.

    Ich erlitt mit zahlreichen ärztlichen Attesten dokumentiert durch seine Fußtritte schwerste Verletzungen auf mein er ganzen, ungeschützten rechten Körperseite (Hämatome im Penisbereich, Handteller großes Hämatom am unteren Rippenbogen, Hämatome und Ödeme im rechten Oberarm, etc. …).

     

    Ich stand offensichtlich der Durchsetzung seiner kommerziellen Interessen im Wege, wodurch ihm ein Gewinn von ca. Euro 1 Mio entging und darüber hinaus noch einen Verlust von ca. Euro 300.000,00 erlitt.

     

    Mit Hilfe einer Ärztin einer renommierten Klinik im Landkreis Garmisch Partenkirchen lies dieser Mann mich mittels einer telepathischen Ferndiagnose für paranoid erklären!

     

    Dieser Amtsträger wurde jedoch von der Bayerischen Justiz vor Strafverfolgung ge-schützt. Die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen ihn mit unwahrer Behauptung und Unterschlagung von Straftatbeständen eingestellt, was eigentlich den Straftatbestand der Rechtsbeugung darstellt.

     

    Dr. Peter-M. Asam

    Dipl. Phys.

     

     

    PS.: Über diese Vorgänge habe ich die Bayerische Justizministerin mit mehreren Schreiben informiert. Ich kann nachweisen, dass sie diese Schreiben persönlich zur Kenntnis genommen hat.

  • N
    Niedra

    Ferndiagnosen? Damit hat man in Bayern bereits König Ludwig II. zu Tode gebracht.

    Wer beschäftigt sich eigentlich juristisch mit Psychiatern, die offenbar gewollte Diagnosen stellen und auch durchsetzen?

  • T
    tdiama

    1. INFORMIEREN statt FORMatieren

    Schade, dass sich die taz nicht kritisch mit dem Fall Mollath auseinandersetzt, und nur angeblich eine leere Berichterstattung liefert.

    Wer sich wirklich nicht nur aus der Presse informieren will, dem seien mehrere Blogs von Juristen, Oberstaatsanwälte, und auch informierten Mitbürgern anbefohlen. Einige Tipps:

    http://gabrielewolff.wordpress.com/?s=mollath|

    http://www.jurablogs.com/thema/mollath

    http://blog.beck.de/2013/02/23/der-fall-mollath-in-der-wiederaufnahme

    http://blog.delegibus.com/inhaltsverzeichnis/

     

    Viel Spaß beim Lesen, und ich wette, dass Ihnen der Spaß vergeht und sie bewegter stimmt für das Schicksal eines Menschen der zu Unrecht 7 Jahre in der Psychiatrie eingeschlossen ist.

    Mit der Causa Mollath wird sich lange die Jurisprudenz befassen müssen, denn es ist ein Fall für die Bücher.

    Jeder Tag, dass Mollath eingesperrt ist, ist einer zu viel!!!

  • V
    vic-fan

    Ein lästiges Beiwerk der Profite sind demokratische Prozesse.

  • NF
    Nico Frank

    Akteninhalt bestimmt Gesundheitszustand. So so

    ====================================================

    Wer davon ausgeht, wie zum Beispiel Dr. Manfred Lutz in einem TAZ-Artikel, dass alleine anhand von Unterlagen ein Gesundheitszustand eines Mneschen bestimmt werden kann, sollte nach den Tassen im Schrank schauen. Akten können nur Akteninhalte ergeben, niemals einen realen medizinischen Befund.

     

    Der Mitbürger Gustl Mollath hat sich von keinem der Ärzte untersuchen lassen, die sich anmaßten schlaue Gutachten zu schreiben und von der Staatskasse dicke Honorare kassierten. Die Dr. Gutachter hätten die Erstattung eines Gutachtens auf dieses Basis verweigern müssen. Sie haben nachgewiesener Weise die ärztliche Kunst, wissentlich missachtet (Quelle: Antr. RA Dr. Strate).

     

    2) Das bis zur Aufklärung nur noch 2 ½ Monate Zeit verbleiben, liegt auch daran, dass die SPD durch ihren Vorsitzenden im Rechtsausschuss Franz Schindler, eine Aufklärung bis zu Letzt versucht hat, zu verhindert. Mit allen Tricks ist die Justizministerin Beate Merk (CSU) von Franz Schindler (SPD) in Schutz genommen worden. Zur Info, die SPD ist in Bayern in der Opposition. Das Bayrische Amigo-Kartell bestand somit aus CSU / FDP und SPD.

     

    3) Der Fall Mollath ist im Internet vollständig dokumentiert. Anhand der Primärunterlagen kann sich jeder selbst ein Bild machen. Für mich besteht nicht der geringste Zweifel, das durch konspiratives Wirken der üblichen Verdächtigten in der Justiz, Richter, Gutachter und Justizministerium, der Mitbürger Gustl Mollath auf unbestimmte Zeit weggesperrte wurde, nachdem man ihm das Prädikat unheilbare Paranoia aufgeklebt hatte. Ziel der konspirativen Aktion war es, das Steuerkriminelle in Nürnberg, auch Personen aus der SPD und CSU unbehelligt, die bandenmassige und organisierte Schwarzgeldverschiebung in die Schweiz weiter treiben konnten.

     

    Aus vorgenanntem Grund, ist der Fall Gustl Mollath kein sog. Justizirrtum!

  • T
    Thüringer

    J. Pomp schrien:

    „Ich bin - seit ich diesen Vorgang verfolge - immer wieder befremdet darüber, wie sich psychologische Laien - basierend auf politischen Vorurteilen - Meinungen über den angeblichen Geisteszustand eines Patienten bilden, dem sie nie begegnet sind.“

     

    Wenn Sie den Vorgang genau verfolgt hätten, wüssten Sie allerdings auch, dass die Erste, die sich eine Meinung über den angeblichen Geisteszustand Herrn Mollaths bildete, eine Ärztin war, die Herrn Mollath ebensowenig begegnet war, wie die von Ihnen genannten "psychologischen Laien".

    Basierend auf deren "Anamnese" nahm das Unheil für Herrn Mollath erst seinen Lauf.

  • JP
    J. Pomp

    "Nur weil Du paranoid bist, bedeutet das nicht, dass Du nicht verfolgt wirst."

     

    Ich bin - seit ich diesen Vorgang verfolge - immer wieder befremdet darüber, wie sich psychologische Laien - basierend auf politischen Vorurteilen - Meinungen über den angeblichen Geisteszustand eines Patienten bilden, dem sie nie begegnet sind.

     

    Natürlich kann ein Mann mit einer Zwangsstörung durchaus reale Vorgänge aufdecken. Was der Öffentlichkeit geliefert wird sind nämlich nicht psychiatrische Gutachten, sondern politische Kapriolen und sachfremde Vorgänge.

     

    Und das liegt in der Natur der Sache, denn die gesundheitlichen Gutachten unterliegen ja der Schweigepflicht.

     

    Ich empfehle hier zumindest mal eine zweiten Blick. Mein persönlicher Eindruck - und auch der ist (wenn auch nicht gänzlich fachfremd) nur subjektiv - den ich aus TV-Interviews mit dem Patienten gewonnen habe, lässt durchaus verstehen, wie man zu den gewonnenen Einschätzungen gelangen kann.

     

    Hier wird imo eine persönliche Tragödie instrumentalisiert, statt den politischen Gegner inhaltlich anzugreifen. Fläche beitet der ja dafür reichlich.

  • B
    Bruno

    Das hat mit Bayern nichts zu tun. Z.B. wurde Horst Arnold 2001 in Darmstadt auf Grund einer falschen Anschuldigung einer Kollegin wg. Vergewaltigung zu 5 Jahren Haft verurteilt worden, die er voll absitzen musste weil er nicht geständig war. U.a. wurde er 2 Jahre lang zwangstherapiert.

     

    Leider wird es immer wieder sogenannte Justizirrtümer geben. Das ist tragisch aber leider nicht vermeidbar. Jedoch müssten die Opfer wenigstens finanziell entschädigt werden.

     

    Analog der Schadensersatzregelung müsste der finanziellen Schaden so ausgeglichen werden, als hätte der Betroffene nie im Gefängnis gesessen. Weiterhin muss der Staat für eine vollständige berufliche Rehabilitation sorgen. Auf Grund der erlittenen seelischen Qualen durch Freiheitsentzug ist entsprechend Schmerzensgeld zu zahlen.

     

    Außerdem müssen Richter, die nachweislich schlampig gearbeitet haben, endlich zur Rechenschaft gezogen werden.

     

    Die Entschädigungspraxis unseres Staates halte ich für einen handfesten Skandal. Hier wird pro Tag im Gefängnis eine Kostenpauschale von 25,- EURO bezahlt abzgl. Kost und Logis (ca. 6,- EURO). Der blanke Hohn!

     

    Obwohl im Juli 2011 die Unschuld von Herrn Arnold festgestellt wurde, fand eine berufliche Rehabilitation nie statt (Hr. Arnold war Beamter). Eine Haftentschädigung hat er nie gesehen. Er wurde im Juni 2012 tot in seiner Wohnung aufgefunden. Die Polizei vermutet Herzversagen.

     

    Wir dürfen hoffen, dass Herrn Mollath ein besseres Schicksal beschieden ist.

  • F
    Freiheit

    Ich möchte auf nachfolgenden Artikel der Süddeutschen Zeitung verweisen:

     

    http://www.sueddeutsche.de/bayern/moegliche-freilassung-und-neuer-prozess-wie-es-fuer-mollath-weitergeht-1.1636471

     

    Demach liegen 2 Wiederaufnahmeanträge der Strafkammer in Regensburg vor.

    Unter anderen auch ein Antrag der Staatsanwaltschaft Regensburg. Dies war der Stand vom 30.03.2013! Nunmehr haben wir den 17.04.2013. Die Strafkammer in Regensburg hat immer noch nicht entschieden, obwohl alle Beteiligten davon überzeugt sind, dass dem Wiederaufnahmeantrag stattgegeben werden muss.

     

    Zur Erinnerung, da ist jemand seit 7 Jahren in der Psychatrie widerrechtlich eingesperrt und die Strafkammer "schläft" die Sache weiter aus. Dies ist ein weiterer Skandal. Ich kann es nicht nachvollziehen!

  • WS
    Winfried Sobottka

    Würde der Fall in Russland spielen, dann würden die deutschen Medien (abgesehen von wenigen Ausnahmen) wesentlich mehr darüber berichten. Es macht sein gutes Bild, wie die mit Abstand meisten deutschen Medien sich verhalten.

  • S
    spiritofbee

    ......„Wir wurden mehrfach mit der Unwahrheit bedient“.......

    Das "wurden" ist durch "werden" zu ersetzen. Damit kommen wir der alltäglichen Wahrheit zumindest etwas näher.

     

    "Psychiatrische Zwangsbehandlung ist Folter"

    Zitat Juan Ernesto Méndez,

    UN- Hochkommissar für Menschenrechte in seiner Funktion als UN-Sonderberichterstatter über Folter.

  • A
    amigo

    Wer in Bayern seinen Mund allzu weit aufmacht und es wagt, der herrschenden amigo-Clique ans Bein zu pinkeln, verschwindet eben in der Psychatrie. Wie praktisch: Hier kann man Mißliebige verwahren bis sie verschimmeln. Im Knast würden sie nach Verbüßung der Haft wieder in Freiheit gelangen.

    Die bayrische Justiz spielt - wie immer - auch das dreckigste Spiel ihrer CSU-Heiligen als Stellvertreter der mächtigen amigo-Kartelle mit.

    Das war so, das ist so und das wird so bleiben...nicht nur in Bayern!

  • FG
    Free Gustl !

    Je länger man Herrn Mollath widerrechtlich in der bayrischen Psychiatrie einknastet, desto grösser ist die Chance, dass er eines Tages tatsächlich an einer wahnhaften psychischen Störung leiden wird - kein Wunder bei der Beschaffenheit seines sozialen Umfeldes.

    Dann wird frau sich seitens der FunktionärInnen in die Brust werfen (Beate Merk) und ausrufen: Habe ich doch immer gesagt ! Darüber völlig in Vergessenheit geraten wird der eigentliche Banken- und Korruptionsskandal, in dem seine Ex-Frau eine tragende Rolle spielte.

    Vielleicht ist es eher so, dass die bayrischen Behörden an einer wahnhaften bürokratischen Störung leiden !