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Facebook im US-WahlkampfPolitische Anzeigen aus Russland

Eine interne Untersuchung unterstützt den Verdacht russischer Einflussnahme auf die Wahl. Die Anzeigen hätten sich auf politisch umstrittene Themen bezogen.

Alex Stamos, Sicherheitschef von Facebook Foto: reuters

Menlo Park dpa | Facebook geht davon aus, dass russische Drahtzieher Anzeigenplatz beim Online-Netzwerk für rund 100.000 Dollar (84.000 Euro) gekauft haben, um sich in die US-Innenpolitik einzumischen. Das sei bei einer tiefer gehenden Untersuchung zum Einfluss aus Russland auf die US-Präsidentenwahl festgestellt worden, erklärte Facebook in einem Blogeintrag am Mittwoch. Dabei seien rund 470 Profile identifiziert worden, die zwischen Juni 2015 und Mai 2017 etwa 3.000 Anzeigen geschaltet hätten. „Unsere Analyse legt nahe, dass diese Accounts und Seiten miteinander vernetzt waren und von Russland aus betrieben wurden“, erklärte Facebooks Sicherheitschef Alex Stamos.

In einem Großteil davon seien zwar die Wahl oder die Kandidaten nicht erwähnt worden, hieß es. Sie seien aber darauf ausgerichtet gewesen, die Spaltung bei umstrittenen Themen wie Spannungen zwischen Ethnien, Einwanderung oder Waffenbesitz zu vertiefen. Rund ein Viertel der Anzeigen war gezielt in bestimmten Regionen platziert worden. Von auf russische Sprache geschalteten Accounts mit amerikanischen IP-Adressen seien 2.200 Anzeigen mit potenziellem politischen Bezug für rund 50.000 Dollar gekauft worden. Facebook habe die US-Behörden über die Erkenntnisse informiert. Im Vorfeld der Bundestagswahl in Deutschland sei bisher keine solche Aktivität festgestellt worden, betont Facebook.

Facebook hatte bereits im April erklärt, dass das Online-Netzwerk für politische Einflussnahme missbraucht worden sei und jetzt den Hinweis auf Drahtzieher in Russland verstärkt. US-Sonderermittler Robert Mueller untersucht gerade den russischen Einfluss auf die amerikanische Präsidentenwahl im vergangenen Jahr. Ausländische Einmischung in den Wahlkampf ist in den USA grundsätzlich verboten. Allein schon deshalb muss Facebook Behörden über damit verbundene Einnahmen informieren. Laut Medienberichten unterrichtete Facebook auch die Untersuchungsausschüsse von US-Kongress und Senat über die Erkenntnisse.

Unklar blieb zunächst, in welchen Regionen und für welche Einwohnergruppen die Anzeigen gezielt platziert wurden und ob die Kampagne über die 470 entdeckten Accounts hinausging. Die Profile seien inzwischen stillgelegt worden, teilte Facebook mit.

Facebook wurde vorgeworfen, während des Wahlkampfs zu wenig gegen die Manipulation öffentlicher Meinung durch gefälschte Nachrichten und Propaganda getan zu haben. Gründer und Chef Mark Zuckerberg bestritt, dass dies das Wahlergebnis beeinflusst habe. Zugleich verstärkte das Online-Netzwerk seitdem das Vorgehen gegen erfundene News und politische Einflussnahme durch gefälschte Accounts.

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5 Kommentare

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  • Irgendwo auf Facebook habe ich neulich gelesen, die gehabte Wahl in den USA sei die erste demokratische Wahl gewesen, die PUTIN gewonnen hat!

    Zum Wahrheitsgehalt kann ich nichts sagen, aber es würde zum Beitrag passen.

  • Toll, in den USA mit 300 Mill Einwohner gibt es 470 Menschen, die es vorziehen Russisch zu sprechen (die haben die Sprache des Accounts auf Russisch gestellt), und die haben auch noch eine Meinung zu strittigen politischen Themen. Diese Meinung (nicht unbedingt Partei) war ihnen sage und schreibe 84.000 Euro wert, also pro Person rund 180 €. Da muss man schon sehr hysterisch sein um daraus eine russische Einmischung zu konstruieren. Man bedenke nur mal die Relation zu den Wahlspenden, die in den USA eingesammelt werden.

     

    Was ich aber nicht verstehe, warum diese Menschen als Drahtzieher bezeichnet werden, die großen Lobby und Wahlhilfevereinigungen aber nicht.

     

    Wie sieht es in den USA mit der Meinungsfreiheit aus, wenn eine Meinungsäußerung sofort verdächtig wird, wenn man seinen Account auf Russisch umstellt.

    • @Martin_25:

      "(die haben die Sprache des Accounts auf Russisch gestellt)"







      Wo haben Sie denn den Quatsch her? Einfach mal ausgedacht? Wie wenn der russische Geheimdienst kein Englisch könnte.







      [...]

       

      Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Moderation

    • @Martin_25:

      Diese Anzeigen kamen aus derselben Ecke wie die Trollfarmen der "Internet Research Company".

       

      Schöner Artikel darüber schon von 2015: https://www.nytimes.com/2015/06/07/magazine/the-agency.html?mcubz=1

       

      Wer echt glaubt, das seien alles nur harmlose Einzelpersonen, der träumt. Exakt dasselbe Verfahren, nämlich ausgesucht platzierte Facebook-Anzeigen in empfänglichen Demographien hat auch die US-Agentur angewendet, die die Brexit-Kampagne und den Trump- Wahlkampf gemanagt hat.

       

      Details: https://www.dasmagazin.ch/2016/12/03/ich-habe-nur-gezeigt-dass-es-die-bombe-gibt/

       

      Da wird eiskalt und gezielt manipuliert und die Leute, die da draufreinfallen, glauben noch, sie seien besonders frei und skeptisch. Traurig!

      • @Mustardman:

        Um mal ein Beispiel solcher Taktiken aus dem Trump-Wahlkampf anzuführen (Zitat aus obigem Artikel):

         

        "In Miamis Stadtteil Little Haiti versorgte Cambridge Analytica Einwohner mit Nachrichten über das Versagen der Clinton-Stiftung nach dem Erdbeben in Haiti – um sie davon abzuhalten, Clinton zu wählen. Das ist eines der Ziele: potenzielle Clinton-Wähler – hierzu gehören zweifelnde Linke, Afroamerikaner, junge Frauen – von der Urne fernzuhalten, ihre Wahl zu «unterdrücken», wie ein Trump-Mitarbeiter erzählt. In sogenannten dark posts, das sind gekaufte Facebook-Inserate in der Timeline, die nur User mit passendem Profil sehen können, werden zum Beispiel Afroamerikanern Videos zugespielt, in denen Hillary Clinton schwarze Männer als Raubtiere bezeichnet."

         

        Das ist sorgfältigst betriebene Manipulation und die "sozialen Netzwerke" mit ihren fein steuerbaren Anzeigensystemen sind ein ideales Werkzeug dafür. Und genau dasselbe passiert gerade auch hier im Bundestagswahlkampf, denn die AfD hat die selbe Firma beauftragt.