FDP hält nichts von Frauenquote: Frauenministerin kapituliert vor der FDP
Lieber doch beweglich bleiben, meint Kristina Schröder. Weil die FDP die gesetzliche Frauenquote für „nicht erforderlich“ hält, hat die Familienministerin ihre eigene Idee aufgegeben.
BERLIN taz | Die FDP will die gesetzliche Frauenquote für die Wirtschaft ausbremsen. Ihre Bundestagsfraktion hat jede Form von Quote abgelehnt. In einem Schreiben an Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU) betont die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Nicole Bracht-Bendt, dass börsennotierte Unternehmen auch ohne gesetzliche Vorgabe zunehmend Frauen in ihre Vorstände und Aufsichtsräte berufen würden. „Daher halten wir das von Ihnen angeregte gesetzgeberische Signal in dieser Legislaturperiode für nicht erforderlich“, heißt es in dem Schreiben.
Der Brief ist die Antwort auf eine schriftliche Anfrage Schröders an die FDP-Fraktion, mit der eruiert werden sollte, welche gemeinsamen Schritte die FDP sich vorstellen könne. Bis zur Sommerpause müsse man gesetzliche Regelungen auf den Weg bringen, wenn sie noch in dieser Wahlperiode greifen sollen, hatte Schröder gemeinsam mit der Chefin der Gruppe der Frauen in der Union, Rita Pawelski, zu bedenken gegeben.
Konkret suchte Schröder die Zustimmung zu ihrer „Flexiquote“, mit der die Firmen selbst festlegen, welchen Frauenanteil sie in Zukunft in den Topjobs anstreben. Schröder hatte die Flexiquote angeboten als einen Kompromiss zwischen der festen 30-Prozent-Quote, für die die Opposition, die Frauenunion und einzelne FDPlerinnen zusammen mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen kämpfen, und der Haltung der FDP, die eine gesetzliche Regelungen ablehnt. Doch nicht einmal diese Minimallösung will die FDP-Fraktion zulassen.
Schröder gibt den Kampf auf
Frauenministerin Kristina Schröder hat den Kampf daraufhin aufgegeben: „Es ist kein Geheimnis, dass mir ein Gesetz lieber gewesen wäre. Aber auch so ist mein Prinzip längst Teil der Wirklichkeit geworden. Immer mehr Unternehmen begreifen, dass sie mit mehr Frauen in Führungspositionen besser vorankommen und dafür eigene Fahrpläne brauchen“, ließ sie am Sonntag wissen.
Man brauche „eine Bewegung von unten jetzt statt starre Quoten von oben herab irgendwann einmal.“ Die Alternative „ ’feste Quote von unten‘ und ’jetzt‘ “: kein Thema für die Ministerin.
Unions-Frau Rita Pawelski dagegen nennt die FDP-Reaktion „enttäuschend“. Immerhin seien im Koalitionsvertrag ein Stufenplan mit Transparenz und eine Berichtspflicht für Unternehmen festgehalten worden, „und den hat auch die FDP unterschrieben“.
Die Opposition gibt sich gelassen: „Ich habe nichts anderes erwartet. Die FDP macht die Quote nicht mit“, so die frauenpolitische Sprecherin der SPD, Christel Humme, zur taz. Sie lade die Union deshalb ein, dem SPD-Quotengesetz zuzustimmen. Am Freitag wird ihre Fraktion einen Stufenplan bis zu einer 40-Prozent-Quote als Gesetzentwurf vorlegen. „Wir suchen nach wie vor das fraktionsübergreifende Gespräch und wollen eine gemeinsame Lösung. Aber der Ball liegt nun im Spielfeld der CDU.“
Innerhalb der Union lässt man sich von dem Vorstoß der FDP-Frau nicht erschüttern. Es bestehe kein Handlungsdruck, heißt es in Fraktionskreisen. Gegenwärtig sei die Stimmung innerhalb der Union für eine Quote so stark ausgeprägt, dass es am Ende sogar die gesetzliche Lösung von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen werden könnte. Die habe offenbar in der Unionsfraktion eine Mehrheit.
Viel Raum für Interpretation
Da das Thema Frauenquote in den Koalitionsverhandlungen nur sehr schwammig behandelt wurde und mit entsprechend viel Interpretationsspielraum im Koalitionsvertrag behandelt wird, müsste es in den Koalitionsausschuss eingebracht werden. Dass das geschieht – und zwar noch vor der Sommerpause –, gilt in Regierungs- und Fraktionskreisen als wahrscheinlich.
Bleibt die Frage der Mehrheit. Die FDP ist dagegen, doch bleibt das auf ewig so? Ein Kuhhandel mit den schwächelnden Liberalen ist eine Option. So könnte die FDP im Gegenzug für die Zustimmung zur Quote mit einem Zugeständnis in der Gesundheits- oder Steuerpolitik abgefunden werden.
Und wenn nicht, gebe es auch noch die politische Holzhammermethode: Die wäre, einen fraktionsübergreifenden Antrag mit der Opposition in den Bundestag einzubringen und die FDP vor vollendete Tatsachen zu stellen. Damit wäre die Quote sicher Gesetz. Es wäre rabiat, ein grobes Foul im internen Umgang der Koalition miteinander. Aber das ist wohl der neue Stil in der Koalition. Er erinnert an das Verhalten der FDP bei der Nominierung von Bundespräsidentschaftskandidat Joachim Gauck.
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