FDP-MdB Kurth über den DFB-Wahlkampf: "Ich erwarte parteipolitische Neutralität"
Andreas Rüttenauer will DFB-Chef werden. Die taz befragt dazu Mitglieder des Sportausschusses und des FC Bundestag – nur die Grünen und die FDP antworten.
Andreas Rüttenauer bewirbt sich um den Posten des DFB-Präsidenten. Er will den Verband, der am 2. März per Akklamation Wolfgang Niersbach zum neuen Präsidenten küren will, demokratisieren und reformieren.
Die taz hat im Zuge von Rüttenauers Kampagne bei der Berliner Politik nachgehakt, genauer: bei den Mitgliedern der Fußballmannschaft FC Bundestag und des Sportausschusses. Doch Die Linke kneift ebenso wie SPD und CDU/CSU. Geantwortet haben nur die Grünen – und die Spaßpartei FDP. Der Liberale Patrick Kurth hat sich sogar die Mühe gemacht, den Fragenkatalog der taz im Detail zu beantworten.
taz: Halten Sie bestimmte Eckpunkte, die in Andreas Rüttenauer Manifest 2020 festgeschrieben sind, für unterstützenswert? Könnten Sie bitte Ihre Zustimmung begründen?
Patrick Kurth: Meiner ganz persönlichen Meinung nach ist der Begriff Manifest zumindest in Ostdeutschland durch eine 40 Jahre in die Realität umgesetzte Streitschrift aus dem vorletzten Jahrhundert generell problematisch.
Halten Sie Wolfgang Niersbach für einen geeigneten Kandidaten, um 6,5 Millionen DFB-Mitglieder und Millionen von Fußballfans zu vertreten?
Gern verweise ich auf das allseits gerechte Urteil der Medien. In ihrer Online-Ausgabe vom 8.12.2011 schrieb die taz, ein Präsident vom Format Niersbachs stünde "dem größten Sportverband der Welt auch nicht schlecht zu Gesicht".
Haben Sie eine Ahnung, wie das Programm aussieht, mit dem sich Wolfgang Niersbach zur Wahl stellt?
Ja, ich habe eine Ahnung.
Kurth, 35, ist FDP-Mitglied und Stabsunteroffizier der Reserve. Er studierte Politikwissenschaften, Rechtswissenschaften und Neuere Geschichte an der Friedrich-Schiller-Univerität Jena und schloss sein Studium 2002 als Magister Artium ab. Seit 2004 ist Kuth Generalsekretär der FDP in Thüringen, seit 2009 Mitglied des Bundestages. Beim FC Bundestag betätigt er sich als Hobbyfußballer.
Welche Erwartungen haben Sie an ihn? Fühlten Sie sich bislang gut vom DFB vertreten?
Ich erwarte, dass der DFB an seiner parteipolitischen Neutralität festhält und seine ganze Kraft dem deutschen Fußball widmet. Weder Herr Niersbach, noch sonst jemand beim DFB hat mich bislang vertreten.
Bislang ist Wolfgang Niersbach der einzige offizielle Kandidat von DFB-Seite. Halten Sie es für legitim, dass er nur von wenigen Präsidiumsmitgliedern ernannt wird und eine Urwahl der 6,5 Millionen Mitglieder nicht stattfindet?
Ich gebe zu, dass Wolfgang Niersbach die höchste Legitimationsstufe, nämlich die feierliche Ausrufung durch Helmut Schmidt, nicht für sich reklamieren kann. Jede unter diesen höheren Weihen liegende Legitimation ist leider generell mit einem Makel behaftet.
Sollte der DFB in Zukunft transparenter agieren?
Seit den kläglichen Versuchen und albernen Vorgängen einer Berliner Abgeordnetenhausfraktion scheint mir das Wort "transparent" verbraucht und beschädigt. Ich möchte gar nicht wissen, ob die Sitzungen des DFB-Präsidiums eine ebenso miefige und vernebelte Selbsthilfegruppe darstellen, wie das manch übertragene Berliner Fraktionssitzung ist.
Gibt es an der Fußballbasis, in Stadien und in Fankurven immer wieder starke Vorbehalte gegenüber dem DFB, eine Skepsis, die allzu oft in dem wenig differenzierenden Schlachtruf "Fußballmafia DFB" gipfelt?
Ich kann mich nicht erinnern, dass solche Begriffe in den Thüringer Stadien jemals gefallen sind. Bei meinen letzten Besuchen in Erfurt oder Jena jedenfalls nie. Der DFB sollte dies bei der künftigen Stadienauswahl für prominente Spiele berücksichtigen.
Haben Sie sich als Fußballfreund nicht auch schon einmal über den DFB geärgert?
Ja. Ich ärgerte mich jüngst über die in kleiner Runde zur Schau getragene politische Präferenz des (noch) amtierenden DFB-Präsidenten. Noch deplatzierter finde ich aber gerade als Fußballfreund, dass ausgerechnet die Grünen dem DFB Ratschläge erteilen. In der Praxis versagen sie dann kläglich: Sie haben keinen einzigen Vertreter im FC Bundestag.
Was finden Sie spannender: Einen echten Wahlkampf mit mindestens zwei Kandidaten oder eine Wahl per Akklamation von nur einem Bewerber?
Im Gegensatz zu Fußballspielen sollen Wahlen nicht kurzfristig Spannung versprechen, sondern geeignete Kandidaten in Ämter bringen. Wer Spannung sucht, sollte sich einen Stadionbesuch gönnen! Wer danach noch Schmunzeln möchte, dem empfehle ich die aufmerksame Lektüre diverser Oppositionsanträge aus dieser Legislaturperiode.
Wenn Sie als Berater des DFB fungieren dürften, was würden Sie dem DFB raten?
Kluge Ratschläge lese ich jeden Tag in den Zeitungen. Sie sind da am besten aufgehoben.
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