FC Bayern in der Krise: Destruktive Delle
Innerhalb von acht Tagen ist der FC Bayern in Champions League und DFB-Pokal gescheitert. Die Münchner müssen sich nun neu erfinden.
Eine knappe Stunde zuvor hatte sich das Kapitel DFB-Pokal für den FC Bayern in dieser Saison erledigt, für Lahm sogar endgültig. Zum Abschluss seiner Profikarriere sollte es eigentlich noch einmal eine Reise nach Berlin geben für ihn, aber er selbst war nicht ganz unschuldig, dass daraus nichts wurde. Vor Ousmane Dembélés Siegtreffer zum 3:2 für Borussia Dortmund im Halbfinale des DFB-Pokals hatte er im Mittelfeld ungeschickt den Ball verloren. Aber dieser Fehler war nur ein Randaspekt, das Spiel hatten die Münchner schon zuvor aus der Hand gegeben, weil sie beste Möglichkeiten nicht genutzt hatten, um das vorentscheidende 3:1 zu erzielen.
Nun ist der FC Bayern innerhalb von acht Tagen in zwei Wettbewerben ausgeschieden, „zweimal unnötig“, gab Arjen Robben zu. Während beim Champions-League-Aus in Madrid der Schiedsrichter mit fragwürdigen Pfiffen und Trainer Carlo Ancelotti mit fragwürdigen Auswechslungen tatkräftig mithalfen, sahen die Münchner dieses Mal ein, „dass es an niemand anderem lag als an uns selbst“, sagte Mats Hummels. Egal aber, wie entscheidende Niederlagen zustande kommen, sie führen bei einem Klub mit höchsten Ansprüchen zwangsläufig zu Diskussionen. „Das ist keine optimale Saison jetzt“, sagte Sven Ulreich, der Vertreter des am Fuß verletzten Torhüters Manuel Neuer.
Fünf Pflichtspiele nacheinander haben die Bayern nun nicht gewonnen. Ausgerechnet in der entscheidenden Phase sind sie in eine Krise geraten. Das war in den vergangenen drei Jahren ähnlich, aber dieses Mal hat die Frühjahrs-Delle eine andere Qualität. Die beiden Spiele gegen Real Madrid und das gegen den BVB zeigten den Verantwortlichen, dass die reife Mannschaft mit ihren vielen Ü30-Spielern an ihre Grenzen stößt, körperlich und mental. „Es läuft derzeit nicht perfekt“, so Robert Lewandowski.
„Kein guter Abend, um über die Zukunft zu sprechen“
Die Bayern ahnen wohl, dass es in diesem Sommer nicht damit getan sein wird, Xabi Alonso und Lahm zu ersetzen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge mochte sich damit öffentlich aber noch nicht befassen. „Es ist kein guter Abend, um über die Zukunft zu sprechen“, sagte er. Erst mal müsse man „die Wunden lecken“. Hummels erinnerte sich an 2012, als er mit Dortmund das Double holte. Damit habe der BVB etwas ausgelöst beim FC Bayern, der in jenem Jahr auch noch das Champions-League-Finale verloren hatte. Und vielleicht sorge nun diese zweite verpasste Titelchance nacheinander, so die Hoffnung des Innenverteidigers, „dass da wieder richtig was vorangetrieben wird“.
Damals stand das Team allerdings in der Blüte und hatte die beste Zeit vor sich. Das hochtalentierte Team, so die Erkenntnis einst, musste nur nachjustiert werden, an zwei, drei Stellen – und das gelang den Bayern perfekt. Ein Jahr später gewannen sie das Triple, es war der Höhepunkt einer großen Mannschaft, eine Ära, die nun zu Ende geht. Bei der Analyse werden die Bayern wohl oder übel auch beim Trainer landen. Es sei noch zu früh, „ein Saisonfazit zu ziehen“, findet Ancelotti. Er mag nach der anstrengenden Guardiola-Epoche der richtige Trainer gewesen sein, aber nur für den Moment, als eine Art Übergangscoach. Den Bayern wird nicht verborgen geblieben sein, dass der Italiener lieber mit fertigen Spielern arbeitet, als eine Mannschaft neu zu erfinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs