FB-Analysen zum russischen Überfall: Das Schreckliche verstehen
Der italienische Militäranalyst Orio Giorgio Stirpe schreibt auf Facebook erhellende Post zum Krieg in der Ukraine – und zur Stimmung in Italien.
„Tag 495: Die Vorbereitungsphase der ukrainischen Gegenoffensive geht weiter. Ich weiß, es ist frustrierend, dies immer wieder zu hören, aber so ist die Lage. Noch frustrierender ist es, wenn man gezwungen ist, es immer wieder zu wiederholen, das kann ich Ihnen versichern: Es ist deprimierend, immer wieder zu lesen, dass ‚die Ergebnisse der Gegenoffensive enttäuschend sind‘, dass die Gegenoffensive ‚ein Flop‘ ist und dass westliche Regierungen und Militärs ‚entmutigt‘ sind über den Verlauf der Operationen. Es ist normal, dass die russische Propaganda versucht, diese Botschaften zu vermitteln, aber es ist bedenklich, dass so viele westliche Medien sie so bereitwillig weitergeben.“
Es sind solche erhellenden Passagen – hier vom 3. Juli 2023 –, die mich fast seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine regelmäßig das gute alte Facebook nach Posts des Italieners Orio Giorgio Stirpe durchsuchen lassen.
Stirpe ist ein Oberst im Ruhestand der italienischen Streitkräfte, ein Militäranalyst mit Einsätzen von Somalia bis Afghanistan. Zu den angenehmsten Aspekten seiner Lagebeschreibungen der militärischen Lage in der Ukraine gehört, dass er mit großer Geduld immer am Anfang anfängt und schon durch die Länge seiner jeweiligen Artikel jede Art von im hiesigen Diskurs ja immer wieder mal unterstellter „Kriegsbegeisterung“ ausschließt.
Stirpe ergreift durchaus Partei, aber er bleibt immer Profi. Und natürlich bleibt man einer Informationsquelle letztlich deswegen treu, weil sich ihre Analysen als richtig erweisen – beziehungsweise ihre gar nicht so seltene Weigerung, angesichts mangelnder Informationen einfach mal munter drauf los zu schwadronieren als dem Ernst eines mörderischen Konflikts angemessen.
Übersetzungstools, im obigen Fall DeepL, bieten sehr brauchbare deutsche Versionen seiner sich insbesondere an eine italienische Öffentlichkeit richtenden Artikel, die solche Aufklärung vielleicht noch dringender nötig hat als die hiesige.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja