Extremismusklausel abgeschafft: Formlos gegen rechts
Für Projekte gegen Rechtsextremismus entfällt künftig das schriftliche Demokratiebekenntnis. Die CDU redet sich ihre Niederlage schön.
BERLIN taz | Projekte gegen Rechtsextremismus müssen nicht mehr die umstrittene Extremismusklausel unterschreiben, wenn sie staatliche Fördermittel beziehen wollen. Nach umfangreichen Verhandlungen verständigten sich Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag auf einen Kompromiss im koalitionsinternen Krach um den Finanzierungsvorbehalt.
Künftig erhalten die Initiativen demnach mit ihren Förderbescheiden ein Begleitschreiben mit dem Hinweis, dass kein Steuergeld an extremistische Personen oder Organisationen gehen dürfe und diese Anforderung auch für Projektpartner gelte. Damit werde sichergestellt, „dass niemand mit Steuermitteln unterstützt wird, der sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt“, erklärten die Minister. Sie müssen aber keine persönliche Unterschrift mehr abgeben.
Die Regierung verändert damit eine von der Ex-Familienministerin Kristina Schröder (CDU) eingeführte Regelung, die bei vielen betroffenen Bildungsträgern für Protest gesorgt hatte. Sie hatten die Pflicht zum schriftlichen Demokratiebekenntnis als Misstrauensvotum aufgefasst.
Die SPD war im Bundestagswahlkampf mit dem Versprechen angetreten, die Extremismusklausel zu kippen. Bei ihrem Versuch, dieses Wahlversprechen einzulösen, stieß Schwesig aber auf Widerstand beim Koalitionspartner. Deshalb suchten Familien- und Innenministerium hinter den Kulissen nach einer gesichtswahrenden Lösung für beide Seiten.
Der Kompromiss greift auf eine frühere Regelung zurück, die das Bundesinnenministerium vor der Einführung der Extremismusklausel bei der Vergabe von Fördermitteln angewendet hatte. Damals war ebenfalls kein schriftliches Demokratiebekenntnis von den Projektträgern verlangt worden.
SPD lobt Verhandlungserfolg
Die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi lobte den Verhandlungserfolg der sozialdemokratischen Familienministerin und begrüßte, dass Initiativen gegen Rechts von einem „grotesken Bürokratismus“ befreit worden seien.
Allerdings wertete auch die CDU die Neuregelung als Bestärkung ihres Kurses. Die „politische Intention der Demokratieerklärung“ bleibe schließlich erhalten, argumentierte der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Marcus Weinberg. Es werde auch weiter sichergestellt, dass nur solche Verbände und Projekte gefördert werden, die auf der Grundlage des Grundgesetzes stehen. Damit sei das „zentrale Anliegen“ der Union „weiter uneingeschränkt erfüllt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut