Extinction Rebellion in Den Haag: Die letzte Blockade

Die Gruppe Extinction Rebellion besetzt in Den Haag seit einer Woche täglich einen Autobahn-Zubringer. Der Streit um fossile Subventionen nimmt zu.

Ein Wasserwerfer greift eine Reihe von Aktivisten an, die auf der Straße sitzen

Die Polizei von Den Haag versucht die Klimaaktivisten von Extinction Rebellion mit Wasserwerfern von der A12 zu vertreiben Foto: Robin Utrecht/imago

Seit Samstag vor einer Woche vollzieht sich wenige Minuten vom niederländischen Parlament entfernt täglich ein besonderes Ritual: Pünktlich um 12 Uhr mittags setzen sich Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen auf eine sechsspurige Straße, singen und klatschen. Mal sind es Hunderte, mal Tausende, die den Verkehr zum Erliegen bringen. Bald darauf werden sie von Wasserwerfern von der Straße vertrieben oder von Po­li­zis­t:in­nen weggetragen, zum Fußballstadion am Stadtrand gefahren und nach etwa zwei Stunden freigelassen. Am nächsten Tag wiederholt sich das Ganze. „Wir können das noch sehr lange durchhalten“, sagt XR-Sprecherin Yolande Schuurs der taz.

Seit vergangenem Sommer hatte die Gruppe siebenmal zu Blockaden an einzelnen Tagen aufgerufen. Dies soll nun die letzte Blockade werden: „Wir werden ab dem 9. September die A12 permanent blockieren, bis die fossilen Subventionen abgeschafft sind“, lautete die Ankündigung.

Über fossile Subventionen wird in den Niederlanden seit Jahren kontrovers diskutiert. Profiteure der zahlreichen Erleichterungen sind Schiff- und Luftverkehr, außerdem Kohlekraftwerke und Raffinerien. Rob Jetten, der liberale Minister für Wirtschaft und Klima der nur noch kommissarisch tätigen Mitte-rechts-Regierung, will die Subventionen zwar schnell, aber „nicht von einem Tag auf den anderen“ abbauen, um Energiesicherheit und Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Im Wahlkampf – das neue Parlament wird am 22. November gewählt – wird das Thema wie andere klimapolitische Aspekte eine zentrale Rolle spielen.

Für Brisanz sorgt dabei, dass Jettens Ministerium den Umfang der Subventionen lange viel zu niedrig bezifferte: mit jährlich viereinhalb Milliarden Euro. Alman Metten, ein ehemaliger sozialdemokratischer EU-Abgeordneter, berechnete auf Basis öffentlich zugänglicher Daten allerdings 17,3 Milliarden Euro. Und ein von Umweltorganisationen erstellter Bericht geht sogar von 37,5 Milliarden Euro aus, die für fossile Subventionen ausgegeben werden.

Doch auch dieser Betrag scheint noch zu niedrig. Kürzlich wurden Dokumente des Ministeriums geleakt, nach denen sich die Summe auf 39,7 bis 46,4 Milliarden Euro beläuft. „Indem man diese Subventionen schnell abbaut, könnten die Niederlande mit einem Mal die Klimaziele erreichen“, heißt es auf der Website der Umweltorganisation Milieudefensie.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der Zulauf für die XR-Demonstrationen zugenommen hat. „Als wir am 9. September mit den Blockaden begannen, hatten sich doppelt so viele Teil­neh­me­r:in­nen angemeldet wie bei der Aktion im März“ – trotz der hohen Temperaturen, bemerkt der Aktivist Wim van Bodegom, ein langjähriges Mitglied der Partei GroenLinks, der schon gegen Atomwaffen demonstrierte. Doch auch die ständigen Wetterextreme dieses Sommers halten das Thema bedrückend aktuell. Hinzu kommt, dass in den Niederlanden in den vergangenen Jahren eine Reihe spektakulärer Klima-Prozesse stattfanden, bei denen Regierung und Industrie verurteilt wurden.

XR-Sprecherin Schuur erklärt, dass gerade auch die steigende Repression den Blockaden Zuwachs bescherte. Zwar habe diese nicht das gleiche Ausmaß wie in Deutschland oder Frankreich, doch die Verurteilung von acht Ak­ti­vis­t:in­nen wegen Aufwiegelung dieses Jahr habe eine breite Solidarität unter NGOs und Zivilgesellschaft bewirkt. „Jedes Mal sitzen mehr Leute auf der Straße.“ Die vorläufige Bilanz der Blockaden vom Wochenende: mehr als 4.700 Verhaftungen.

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