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Expertin über Schiedsgerichtsreform„Keine Privilegien für Konzerne“

Die EU will einen Gerichtshof für Investorenklagen. Das würde die Klageprivilegien der Konzerne festigen, sagt Pia Eberhardt von der NGO CEO.

Hoffentlich keine Verschlimmbesserung: Die UN will die Investitionsschiedsgerichte reformieren Foto: dpa
Anja Krüger
Interview von Anja Krüger

taz: Frau Eberhardt, ab Montag berät die UN-Handelskommission über die Reform der Schiedsgerichte, vor denen Investoren Staaten wegen politischer Entscheidungen auf Schadenersatz verklagen können. Ist das ein später Erfolg der Stopp-TTIP-Bewegung, die diese Klageprivilegien für Konzerne in die Öffentlichkeit getragen hat?

Pia Eberhardt: Ja. Dass die Verhandlungen stattfinden, ist dem Druck der Straße und der Debatte in der Öffentlichkeit und den Parlamenten zu verdanken. Es zeichnet sich aber ab, dass sie in die falsche Richtung gehen.

Als Reaktion auf die Proteste hat der damalige SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen internationalen Investitionsgerichtshof vorgeschlagen. Die EU hat sich den Vorschlag zu eigen gemacht. Wäre das eine gute Lösung?

Das ist ein Wolf im Schafspelz. Der Vorschlag bedeutet zum bestehenden Schiedsgerichtssystem einige Verbesserungen, aber es ist eine Festschreibung der Paralleljustiz für Konzerne. Das System, das sich dahinter verbirgt, ist das gleiche, gegen das die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straße gegangen sind. Es gibt auch damit Angriffe auf Umweltgesetze oder verbraucherpolitische Maßnahmen. Wie die Chancen für diesen Vorschlag aussehen, ist schwer einzuschätzen. Die USA und Japan zum Beispiel lehnen ihn ab.

Im Interview: 

Pia Eberhardt, 40, ist Referentin für Handelspolitik bei der NGO Corporate Europe Observatory (CEO).

Was wäre eine bessere Alternative?

Die Alternative ist das Ende der Parallelgerichtsbarkeit. In Europa haben wir die unabhängigsten Gerichte der Welt. Vor die müssen Sie und ich ziehen, wenn wir ein Problem haben mit einer staatlichen Regulierung. Warum sollten wir die mächtigsten Akteure unserer Gesellschaft, reiche Investoren, aus dieser Rechtsordnung herausnehmen und ihnen Sonderklagerechte geben?

Welche Rolle spielen die Entwicklungsländer in dem Reformprozess?

Länder wie Brasilien, Indien und afrikanische Länder wie Südafrika, Marokko oder Nigeria haben in den vergangenen Jahren versucht, in ihren Investitionsschutzverträgen etwas zu verändern. Sie wollen den Spielraum für nationale Regulierungen im öffentlichen Interesse erweitern, Investoren in die Pflicht nehmen und ihnen nicht nur Rechte geben. Diese Ideen bringen die Länder in den aktuellen Reformprozess ein. Allerdings ist das für sie nicht leicht. Das Sekretariat der UN-Handelskommission drängt darauf, vor allem das Prozedere der Schiedsgerichtsverfahren zu verändern. Viel wird davon abhängen, ob es den Entwicklungsländern gelingt, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Welchen Ausgang der Verhandlungen erwarten Sie?

Zu befürchten sind zwei Szenarien: Der multilaterale Investitionsgerichtshof setzt sich durch oder der Status quo wird mit wenigen Korrekturen erhalten. Dann hätten die großen Fragen nach Sinn und Unsinn der Schiedsgerichtsbarkeit keinen Platz mehr. Damit würde ein umkämpftes Regime, aus dem immer mehr Staaten aussteigen, legitimiert. Das Möglichkeitsfenster für tatsächliche Veränderungen auf globaler Ebene wäre geschlossen.

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10 Kommentare

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  • Ich könnte ja mit diesen Schiedsgerichten leben.

    Ja wenn.

    Wenn's auf der anderen Seite verbindliche Regeln zur anständigen Behandlung der Angestellten (mitsamt Lieferkette) gäbe.

    Wenn diese Regeln genauso vor diesen Schiedsgerichten einklagbar wären.

    Interessanterweise blockiert hier (ausgerechnet!) Deutschland, ausgerechnet Heiko Maass [1].

    Solange sich da nichts bewegt werde ich gegen TTIP und dessen Brut auf die Strasse gehen.

    [1] taz.de/Bessere-Nor...ernehmen/!5632860/

  • Freihandels- - das heißt: Sondergerichtsbarkeitszonen - gab es übrigens im Mittelalter für die Oberschicht der Standesgesellschaft. Da kommen wir gerade wieder hin.

    Refeudalisierung höhlt den demokratischen Rechtsstaat aus.

  • " Was wäre eine bessere Alternative?



    Die Alternative ist das Ende der Parallelgerichtsbarkeit. In Europa haben wir die unabhängigsten Gerichte der Welt."

    Das mag richtig sein, aber unsere unabhängigen Gerichte brauchen in Deutschland durchschnittlich 3 Jahre und in Italien mehr als ein Jahrzehnt - nur für ein Urteil in 1. Instanz!

    Diese Urteile werden dann aber in vielen Ländern nicht anerkannt, so dass dort die nächste Runde startet. Mit noch einmal zig Jahren Laufzeit und vor Gerichten, die eben nicht so unabhängig sind wie bei uns.

    Urteile vor Schiedsgerichten bekommt man innerhalb von ein paar Monaten und werden sogar in Staaten wie China anerkannt!

    Das ist der Grund, warum Unternehmen Schiedsgerichte bevorzugen und das inzwischen in so vielen nationalen und internationalen Verträgen festschreiben.

    Was wäre also die bessere Alternative?

    Schnellere Entscheidungen in Deutschland und Europa sowie eine Festschreibung, dass deutsche Gerichtsentscheidungen, zum Beispiel, auch vor chinesischen Gerichten anerkannt werden.

    Warum das nicht klappt?

    Weil China, Türkei, Saudi-Arabien, ... dann das umgekehrt genauso fordern würden ... und das wollen wir wieder nicht!

    • @Martin74:

      Man sollte da die verschiedenen Schiedsgerichte nicht durcheinander bringen. Schiedsgerichte zwischen Unternehmen machen Sinn, sie sind häufig effizienter und schneller und es ist ein Teil der Privatautonomie, dass dies möglich ist.



      Hier aber geht es um Gerichte in Klagen gegen Staaten. Eine internationale Wirtschaftsgerichtsbarkeit würde Sinn machen, wenn dort auch die Unternehmen angeklagt werden können, z.B. weil sie humanitäre Standards in Ländern ohne funktionierende Justiz verletzt haben. Dann wäre der Ansatz ausgewogener.

    • @Martin74:

      Ach was!

      “ Urteile vor Schiedsgerichten bekommt man innerhalb von ein paar Monaten und werden sogar in Staaten wie China anerkannt!



      Das ist der Grund, warum Unternehmen Schiedsgerichte bevorzugen und das inzwischen in so vielen nationalen und internationalen Verträgen festschreiben.“

      kurz - Der Grund?



      Money rules the world …stupid.



      Ohne Rücksicht auf Verluste.



      Die werden sozialisiert - bis auch der Dümmste am letzten Baum mit eben dem Fisch im Maul merkt - daß frauman Geld nicht essen kann.



      &



      Bis dahin Martin74 to the front.

      Na Mahlzeit

      unterm—- mal der beruflichen Kiste -



      Schland - Planungsrecht etc - Straße Atom Umweltrecht - the whole shit:



      Als die Verwaltungsgerichte insbesondere 1. Instanz das Ernst nahmen (z.B. Berstschutzentscheidung VG Freiburg - & Tschernobyl hätte es nicht gegeben ff ) - in guter preußischer Tradition (jaja!). Da gaben Kohl & Co dem WirtschaftIndustriellenBankenKomplex



      den Hals frei. = Großverfahren - Eingang 2. Instanz!* Krönung - AtomR - komplett systemwidrig - Bundesverwaltungsgericht - ein reines



      Revisionsgericht. Noch Fragen? Mr Fix - but wrong!



      kurz - “Entscheidend ist - was hintern - Rauskommt.“

      ——* btw - damals - 👻 - Tagung -



      “Na - da werden die Herren Oberrichter aber einiges zu lernen haben!“



      “Nun. Er ist ja für seine freche Klappe bekannt. Aber recht hat er ja!“ ☕️ ☕️ ☕️

      & —- btw & not only -



      Von richterlicher Unabhängigkeit der Schiedsgerichtsrichter - fang ich erst gar nicht an. Da guckte ein eben solcher - bei öffentlicher Debatte - unlängst aber betreten nickend unter sich. Nothing else.

      & entre nous -



      (…womer grad am Blödeln sind - dazu quittierend ein unsittliches Ansinnen:



      “…ja dann treten Sie doch in die CDU ein …usw usf“ - 👹 - “…öh Pruust - für mich nochn Kölsch!“ 👻 👻 👻

      Soweit mal - short cut & 🗽 🗽 🗽

      • @Lowandorder:

        Herzlichen Dank für diese Klarstellung.

      • @Lowandorder:

        Ok Ok - China - kleiner Nachklapp -

        “… und werden sogar in Staaten wie China anerkannt!…“

        Ach was!



        Nur sind Sie da mit - “sogar“ - nicht auf der Höhe des Balles. Newahr.



        Im Gegenteil - “gerade & besonders“ !



        Weil China Kapitalismus & gerade das Gelddrucken über sojet Instrumente längst & blitzschnell begriffen hat.



        “Na - seitdem die nicht mehr nur ws Fahrradklingeln & mittels geklauter Patente Kohle machen. Sind die gut Richtung Buchstaben genau unterwegs - wa. Wie bei den Sowjets/Russen - Hans Kelsen läßt plötzlich - Grüßen - hm!“



        “Da sagste was. Ge nau so!“ - beim 50. Abi - mein hochdotierter Patentanwalt Mitschüler & dort dick im Geschäft.



        “Wie macht ihr das denn. Wenn ihr da Verstöße feststellt?“ (…andere;)



        “Naja - da gibt’s Firmen für. Wir sagen den Chinesen dann z.B. “…issen Verlust von 800 Mios! jährlich & dann sagen die ' …ooch - das lohnt nicht! & wir machen die Akte zu!“



        Während ich denke - “ …aha & wieviel Gebühren ergibt das dann?“



        & da er mein Schmunzeln richtig deutet



        Ordern wir unisono noch zwei Kaltgetränke. 😎

        kurz - Um solcherart Gelddruckanlagen!



        Geht es. Nicht um Peanuts.



        &



        Wer&Was!!! - da auf der Strecke bleibt!



        Is plan as plan can be. 👹

    • @Martin74:

      Die Alternative ist es eben hinzunehmen, dass es dauert.



      Eine üarallele Gerichtsbsrkeit für einige wenige ist rechtssystematisch ungeheuer.



      Man vergibt Provilegien an eine Gruppe und nicht mehr alle sind gleich vor dem Gesetz.

  • Die einzige Partei, die CETA auch imBundesrst nicht zustimmen will ist



    Die Linke. Die Grünen in BaWü und Hessen erinnern sich nicht mehr an ihr Versprechen und wollen zustimmen.

    Der Ausverkauf der Demokratie an die Konzerne behindert auch die notwendige Transformation im Klimawandel.

  • Shure. ÖPP-Siggi - wie zuvor GazPromGerd - SPezialDemokratische Klassenverräter •

    Normal Law&Justice for the Pure vs PrivateLaw&Justice für the Beauty&Rich.



    “Fight against the pure & we will win!“ - A very very well known story.



    &



    That’s - true. Nothing else.

    kurz - “Eat the rich!“



    Normal Schonn 👹