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Ex-Stabschef tritt gegen Israels Premier anKonkurrenz für Netanjahu

Der Ex-Generalstabschef Benny Gantz zieht mit seiner neuen Partei ins Rennen um die Parlamentswahl. Er ist beliebt, doch in der Mitte wird es eng.

Verantwortungsbewusst und weder extrem links noch extrem rechts: Benny Gantz Foto: ap

Jerusalem taz | Ein Kopf-an-Kopf-Rennen wird es nicht geben bei den israelischen Parlamentswahlen, doch komplett außer Konkurrenz geht Regierungschef Benjamin Netanjahu trotzdem nicht in den Kampf. Benny Gantz, ehemals Generalstabschef, verkündete diese Woche die Gründung seiner Partei Widerstandsfähigkeit für Israel. Gantz gilt laut Umfragen aktuell sogar als populärster Mann im Volk. Entscheidend für den Wahlausgang am 9. April sind indes die Stimmen für die Parteien, und Netanjahus Likud liegt mit rund 30 Mandaten aktuell weit vor allen anderen Listen. Entsprechend entspannt reagierte er auf die Fragen von Reportern zu seinem neuen Konkurrenten: „Ich mische mich nicht ein, wenn die Linke ihre Stimmen aufteilt.“

Nicht zuletzt um sich die große Beliebtheit des Gegners zu Nutze zu machen, hätte Netanjahu Gantz gern in die Reihen des Likud geholt, was ihm misslang. Dass die neue Liste des früheren Militärs die Wählerstimmen des gegnerischen Lagers teilt, stimmt, vorausgesetzt, es gibt nicht noch im Vorfeld der Wahlen neue Bündnisse.

Die Widerstandsfährigkeit für Israel stellt sich an die Seite zweier schon bestehender Zentrumsparteien: Die Zukunft und Wir alle. Beide unterscheiden sich mit ihren Parteiprogrammen nicht wesentlich von der Zionistischen Union, ehemals Arbeitspartei.

Avi Gabai, Chef der Sozialdemokraten umwirbt den Ex-Militär Gantz genau wie es Jair Lapid von der Zukunftspartei tut. Gabai kämpft derzeit um seinen Parteivorsitz, denn die Zionistische Union fällt, laut Umfragen, von 24 auf zwölf Mandate und vielleicht noch tiefer ab. Der Ruf nach einer Neuwahl der Parteiführung wird lauter. Auch eine Spaltung ist denkbar.

16 Mandate möglich – ohne Parteiprogramm

Das Gedränge in der Mitte von Israels Parteienlandschaft könnte noch dichter werden, und Gantz passt gut hierher. „Verantwortungsbewusst, nicht radikal, weder extrem rechts noch extrem links“, so charakterisiert Michael Biton, Bürgermeister der Kleinstadt Jerucham und potentieller Kandidat für die Widerstandskraft für Israel, den Chef der neuen Liste.

Das Volk wünsche sich „frisches Blut“ und moderate Politiker, die „über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen und nicht korrupt sind“. Umfragen versprechen Gantz einen Start von 0 auf bis zu 16 Mandate in der Knesset, was insofern verblüfft, da das Parteiprogramm noch nicht öffentlich ist. Mit 16 Mandaten käme er auf Platz zwei nach dem Likud.

Moderat und mit sauberer Weste wird sich die Opposition im Kampf gegen Netanjahu präsentieren. Damit sind die großen Themen des bevorstehenden Wahlkampfes schon fast erschöpft. Der Regierungschef gehört laut Einschätzung der polizeilichen Untersuchungsbeamten wegen Korruption vor Gericht, und er hat die ideologischen Fronten in seinem Land zugespitzt. Die Araber, Linke, die Medien, Regierungskritiker, sogar die Polizei wird geächtet. Netanjahu hetzt gegen alle Andersdenkenden.

Gideon Levy erinnert an Gaza

Außer der linksliberalen Meretz und der antizionistischen Vereinten Liste liefert keine Partei eine klare Vision für den Frieden oder verspricht, die Zweistaatenlösung mit den Palästinensern voranzutreiben. Gantz konzentriert sich auf die „Stärkung des jüdischen und demokratischen Staates Israel“, will Prioriäten verschieben, in Erziehung, Wohlstand und Infrastruktur investieren.

Ihr habt etwas Wichtiges über Benny Gantz vergessen“, schreibt Gideon Levy, Kolumnist von Haaretz, und erinnert an den Krieg vor gut vier Jahren im Gazastreifen. Gantz war Generalstabschef, als binnen fünf Wochen über 2000 Palästinenser starben, darunter viele Zivilisten.

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