Ex-CSU-Fraktionschef gibt auf: Von Seehofer nach Hause geschickt
Georg Schmid verlässt die Politik. Von seinem Amt als Chef der CSU-Landtagsfraktion war er schon zurückgetreten, weil er seine Frau als Sekretärin beschäftigt hatte.
DONAUWÖRTH (dpa) | Der über die Verwandtenaffäre im Landtag gestürzte frühere CSU-Fraktionschef Georg Schmid gibt auf und beendet seine politische Karriere. Schmid wird auf seine geplante Landtagskandidatur im heimischen Stimmkreis Donau-Ries verzichten und auch nicht mehr für den CSU-Kreisvorsitz kandidieren.
Bei einer gemeinsamen Sitzung von CSU-Kreisvorstand und CSU-Ortsvorsitzenden im Landkreis habe der langjährige Stimmkreisabgeordnete seinen Verzicht auf die Landtagskandidatur erklärt. Das teilte der derzeit noch von Schmid geleitete Kreisvorstand anschließend mit.
Schmid war vergangene Woche vom CSU-Fraktionsvorsitz im Landtag zurückgetreten, weil er seine Frau als Sekretärin beschäftigt und ihr dafür ein Gehalt von knapp 2300 Euro netto bezahlt hatte. Frau Schmid war nicht Angestellte, sondern Unternehmerin, die Aufträge annahm. Deshalb stand der Verdacht der Scheinselbstständigkeit im Raum.
Mit der Erklärung vom Mittwoch beugte sich der schwäbische CSU-Politiker zum zweiten Mal innerhalb einer Woche dem Druck, den CSU-Chef Horst Seehofer und andere Parteifreunde aufgebaut hatten. „Ich will nicht, dass er Spitzenvertreter auf der Kandidatenliste der schwäbischen CSU bleibt“, sagte Seehofer dem Münchner Merkur (Donnerstag).
Sein Rückzug wurde bedauert
Schmid habe sich in der Sitzung nochmals für sein unsensibles Verhalten bei der Anstellung und Vergütung seiner Ehefrau entschuldigt. Sein Verzicht sei sehr bedauert und Schmids vielfältige und bedeutende Leistungen für Bayern und seine Heimat in den letzten 23 Jahren ausdrücklich gewürdigt worden.
Bei der Beschäftigung von Familienmitgliedern waren CSU-Abgeordnete zwar in der Überzahl, aber keineswegs allein. Nach offiziellen Stand waren es 17 CSU-Abgeordnete, zwei SPD-Abgeordnete, ein Grüner und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Die Beschäftigung von Familienmitgliedern ersten Grades ist seit 2000 für alle seither neu gewählten bayerischen Landtagsabgeordneten untersagt, nicht jedoch den Abgeordneten, die vorher schon im Landtag saßen. Die Einstellung von Geschwistern ist erlaubt.
Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) will nun schnell schärfere Vorschriften für die Veröffentlichung von Nebentätigkeiten der Abgeordneten und die Beschäftigung von Mitarbeitern. Stamm empfahl, die Transparenzregeln für Nebeneinkünfte der bayerischen Parlamentarier nach dem Vorbild des Bundestages „noch in dieser Legislaturperiode zu überarbeiten“, wie sie am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa sagte.
Stamm plädierte dafür, nicht nur die Beschäftigung von Verwandten für alle Abgeordneten zu verbieten, sondern auch die Vertragsabwicklung dem Landtagsamt zu übertragen. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause und SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher nehmen nun Kultusminister Ludwig Spaenle, Finanzstaatssekretär Franz Pschierer und Innenstaatssekretär Gerhard Eck (alle CSU) ins Visier. Sie sollen die Beschäftigungsverhältnisse mit ihren Frauen umfassend offenlegen.
Seehofer will nun auch Fälle vor 2008 aufarbeiten. Damals gab es noch mehr Fälle von Verwandtenbeschäftigung in der Opposition. Ungeklärt ist bislang das weitere Schicksal von Georg Winter, dem früheren Chef des Haushaltsausschusses. Er hatte vom Jahr 2000 an seine beiden damals 13 und 14 Jahre alten Söhne als Aushilfskräfte beschäftigt und hatte seinen Führungsposten deshalb am Montag niedergelegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe