Evakuierung aus Afghanistan: Alle Wege führen über die Taliban
Zehntausende Menschen warten in Afghanistan noch auf ihre Evakuierung. Außenminister Maas lotet derzeit aus, wie das gehen kann.
Unter den 40.000 befinden sich sowohl ehemalige afghanische Mitarbeiter*innen deutscher Stellen als auch andere Afghan*innen, die die Bundesregierung als besonders gefährdet einstuft. Auch enge Familienangehörige der beiden Personengruppen sind in die Zahl mit eingerechnet.
Was nach dem Ende der Luftbrücke aus ihnen wird, ist unklar. Außenminister Heiko Maas setzte am Montag seine Reise durch Nachbarländer Afghanistans fort, auf der er künftige Wege zur Ausreise auslotet. Eine Option sind zivile Flüge aus Kabul, dafür müssten die Taliban aber ausländische Hilfe beim Weiterbetrieb des schwer beschädigten Flughafens zulassen.
Eine andere Option ist die Ausreise über den Landweg in die Nachbarländer und von dort per Flugzeug weiter nach Deutschland. Neben den Nachbarländern selbst müssten aber auch hier wieder die Taliban mitspielen. Der deutsche Diplomat Markus Potzel führt dazu in Katar Verhandlungen mit Taliban-Vertretern, seine Erfolgsaussichten sind unklar.
Auswärtiges Amt in der Kritik
Der Zählerstand der deutschen Rettungsbemühungen bleibt somit zunächst bei 4.587 stehen. So viele Menschen sind nach Angaben des Innenministeriums im Rahmen der Evakuierungsaktion der vergangenen beiden Wochen nach Deutschland gekommen. 403 der Personen seien deutsche Staatsbürger*innen und 634 ehemalige Ortskräfte beziehungsweise deren Familienmitglieder.
Dass nicht noch mehr Menschen ausgeflogen wurden, obwohl sie auf der Evakuierungsliste stehen, stößt auf zum Teil heftige Kritik. So schrieb die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Jamila Schäfer auf Twitter, dass die Bundesregierung „vielen hochgefährdeten Personen die letzte Rettung blockiert“ habe.
Sie berichtet, dass sie sich persönlich für Menschen eingesetzt habe, die auf der deutschen Liste stehen, aber trotzdem keinen Zugang zum Flughafen erhalten haben. Eine Kontaktperson im US-Parlament habe ihr zugesagt, den Personen Schriftstücke zu besorgen, mit denen sie die Kontrollen am Flughafentor passieren könnten.
Das Auswärtige Amt hätte dafür nur per Mail bestätigen müssen, dass die Menschen auf der deutschen Evakuierungsliste stehen. Laut Schäfer hat das Ministerium eine solche Mail trotz ihrer Bitte nicht geschrieben.
Der Weg zum Flughafen
Tatsächlich hat die Bundesregierung in den vergangenen Tagen nach taz-Informationen nur Namen von rund 300 Personen an die US-Amerikaner übermittelt. Es handelt sich um die Passagiere zweier Buskonvois auf dem Flughafen, die von der DHL und der privaten Initiative Luftbrücke Kabul organisiert wurden.
Nach dem Abzug der Bundeswehr am Donnerstag wurden den US-Vertretern in Kabul zudem Muster von deutschen Reisepässen und anderen deutschen Papieren übergeben. So konnte das US-Militär an den Flughafentoren Menschen mit gültigen deutschen Dokumenten kontrollieren und einlassen.
Wegen der Terrorgefahr hatte die Bundesregierung zwar davon abgeraten, direkt zum Flughafen zu kommen. Ein paar Dutzend deutsche Staatsbürger probierten es am Wochenende trotzdem und hatten Erfolg.
Die meisten der Ortskräfte und anderen Schutzbedürftigen auf der deutschen Evakuierungsliste haben aber noch gar keine deutschen Aufenthaltspapiere. Auf eigene Faust konnten sie es also nicht mehr auf den Flughafen schaffen.
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