Europawahlen in Italien: Melonis Triumph
Die rechte Fratelli d’Italia gewinnt in Italien die EU-Wahl. Ministerpräsidentin Meloni wird bei der Auswahl der Kommissionspräsidentin mitreden wollen.
Mehr als positiv für sie ist, dass auch ihre Koalition als ganze weiter zulegte. Die mit harten rechtsradikalen Tönen im Wahlkampf aufgefallene Lega kam auf 9,1 Prozent, doch die wahre Überraschung war das Abschneiden des Berlusconi-Geschöpfs Forza Italia (FI). Nach dem Tod des Gründers vor einem Jahr galt die Partei als Auslaufmodell – doch jetzt holte sie mit 9,7 Prozent mehr als bei den nationalen Wahlen 2022 (8,1 Prozent). Zu verdanken hat FI dies ihrem Vorsitzenden, dem Außenminister Antonio Tajani, der die Partei als moderate Kraft der rechten Mitte mit klarer proeuropäischer Ausrichtung aufgestellt hat und damit für die gemäßigten Wähler rechts der Mitte attraktiv machte.
Die wahre Siegerin ist und bleibt aber Giorgia Meloni. Sie war im ganzen Land als Spitzenkandidatin der FdI auf den Wahlzetteln präsent, auch wenn sie keinerlei Absicht hegt, ins EP zu gehen. Auf diesem Weg hatte sie die Europawahl in eine nationale Abstimmung über ihre Regierung verwandelt; Meloni selbst sprach offen von einem „Referendum“ über ihre Person.
Giorgia Meloni
Und dieses Referendum hat sie für sich entschieden, anders als etwa Olaf Scholz oder Emmanuel Macron, die in den Wahlurnen abgestraft wurden. Vom Donnerstag an wird sie in Apulien den G7-Gipfel ausrichten, und sie wird dort mit weit besserer Laune auftreten als viele der anderen am Tisch. „Ich bin stolz darauf, dass wir mit der stärksten Regierung in die G7 und nach Europa gehen“, erklärte Meloni noch in der Wahlnacht. In der Tat wird sie versuchen, gegenüber den schwächeren Regierungen aus Paris oder Berlin im Europäischen Rat entscheidenden Einfluss auf die Besetzung der Kommissionspräsidentschaft zu nehmen.
Doch es gibt eine weitere Wahlsiegerin: Elly Schlein, die Chefin der größten Oppositionspartei. Sie, die erst seit gut einem Jahr Vorsitzende der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) ist, kann sich über ein Resultat von 24 Prozent freuen, während vor knapp zwei Jahren bei den Parlamentswahlen nur 19 Prozent drin waren. Dagegen sind die Fünf Sterne unter dem früheren Ministerpräsidenten Giuseppe Conte auf nur noch 10 Prozent abgestürzt – das schlechteste von der Bewegung je eingefahrene Resultat seit ihrer Gründung. Sehr gut lief die Wahl dagegen für die mit der PD verbündete „Allianz der Grünen und der Linken“, die 6,6 Prozent erreichte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“