Europäische Kommission: Bankkonto soll Grundrecht werden

Millionen meist arme Menschen in der Europäischen Union haben kein Konto. Das will die Staatengemeinschaft nun ändern, knickt aber offenbar vor der Bankenlobby ein.

Gehört dazu, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können: ein Bankkonto. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Über 30 Millionen EU-Bürger haben keinen Zugang zu einem Bankkonto. In Deutschland sind es immerhin rund 600.000 Menschen. In den meisten Fällen verweigern die Banken eine Kontoeröffnung, weil die Kunden keine feste Adresse nachweisen können oder überschuldet sind.

Die Europäische Kommission will die Banken in Zukunft zwingen, alle Kunden zu akzeptieren. "Wir müssen dafür sorgen, dass alle Bürger am gesellschaftlichen Leben voll teilnehmen können. Dazu gehört in der heutigen Zeit auch ein Bankkonto", sagt der EU-Binnenmarktkommissar Michel Banier. Um eine Wohnung zu mieten oder einen Job zu bekommen, ist ein Konto oft zwingende Voraussetzung.

Bisher haben nur sechs EU-Länder das Recht auf ein Konto sozusagen als Grundrecht gesetzlich verankert. In diesen Ländern - wie zum Beispiel Finnland und Dänemark - sind fast alle Bürger mit einem Bankkonto versorgt. In Rumänien dagegen hat nur gut die Hälfte der Bevölkerung überhaupt Zugang zum Bankensystem. Grundsätzlich lassen sich die kontolosen EU-Bürger in zwei Kategorien einteilen, sagt Johannes Kleis vom Europäischen Verbraucherverband Beuc: "In Mittel- und Osteuropa mangelt es meist an der Infrastruktur. In abgelegenen Gebieten gibt es schlichtweg keine Banken. In den westeuropäischen Ländern sind dagegen vor allem obdachlose und überschuldete Menschen betroffen."

In Großbritannien zum Beispiel akzeptieren 29 Geldhäuser keine Kunden mit Schulden. Auch Menschen mit einem geringen Einkommen sind nicht gern gesehen. Personen, die bereits einmal Konkurs anmelden mussten, haben auf der Insel bei keiner Bank eine Chance. Das hat die Europäische Kommission in einer im vergangenen Jahr durchgeführten Studie festgestellt. Auch in Deutschland monieren Verbraucherschützer, dass Kunden mit finanziellen Problemen bei einigen Banken kein Konto eröffnen können. Viele Personen schrecken vor dem Gang zur Bank zurück, aus Angst vor zu hohen Kosten für die Kontoführung oder weil sie es sich nicht zutrauen.

Noch komplizierter ist es für Einwanderer, Personen, die keinen festen Wohnsitz nachweisen können, sowie Alleinerziehende oder Arbeitslose. Die Wahrscheinlichkeit, von einer Bank als Kunde abgelehnt zu werden, vervierfacht sich, wenn man kein regelmäßiges Einkommen nachweisen kann. Das will die Europäische Kommission nun ändern: "Die Banken dürfen die Kunden nicht mehr aufgrund ihrer finanziellen Situation ablehnen", fordert Kommissar Banier. Jeder EU-Bürger soll die Grundfunktionen eines Kontos wie Überweisungen, Einzahlungen und Abhebungen nutzen können. Allerdings ist es fraglich, ob die Mitgliedstaaten entsprechende Gesetze auf den Weg bringen werden. Die Kommission hat auf Druck der Bankenlobbys lediglich eine Empfehlung ausgesprochen.

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