Diskussion um Schuldenschnitt: Griechenland-Rettung spaltet Union
Kann nur eine Umschuldung dem maroden Staat helfen? Und wie stark müssen Banken bluten? Die Regierungspartei streitet munter über einen Schuldenschnitt.
BERLIN taz | Die Griechenland-Rettung sorgt in der Union für Zoff. Der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, lehnt eine mögliche Umschuldung des maroden Staates ab. "Eine Umschuldung ist nicht die Lösung der Krise. Die Lösung liegt bei unseren griechischen Nachbarn selbst", sagte Flosbach am Montag. Damit wendet sich Flosbach gegen Fraktionskollegen.
Denn Fraktionsvize Michael Fuchs plädiert für einen Schuldenschnitt. "Die Umschuldung muss kommen", sagte Fuchs der Passauer Neuen Presse. Und bringt sofort eine radikale Lösung ins Spiel: Er favorisiere die Möglichkeit, die Hälfte der Schulden zu streichen. "Ich bin fest überzeugt, dass es für den Euro besser wäre", betonte Fuchs.
Griechenland braucht bis September ungefähr 120 Milliarden Euro, um eine Staatspleite zu verhindern. Die Staats- und Regierungschefs wollen am Donnerstag ein zweites Hilfspaket für den überschuldeten Staat beschließen. Dafür kursieren mehrere Modelle. Manche laufen auf einen Schuldenschnitt hinaus, der hohe Verluste für Gläubigerbanken bedeuten würde. Eine von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) favorisierte Variante will die Banken auf freiwilliger Basis beteiligen - indem sie ihre fälligen Staatsanleihen verlängern.
Flosbach zweifelt daran, dass eine Umschuldung den Kern des Problem löst. "Eine Umschuldung würde zwar die Staatsverschuldung senken, aber nicht die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands wiederherstellen", sagte er. "Auch nach einer Umschuldung bliebe Griechenland vom Kapitalmarkt abgeschnitten und müsste weiter durch seine europäischen Partner finanziert werden, bis das Vertrauen des Kapitalmarktes in die Zahlungsfähigkeit Griechenlands zurückkehrt.
Nötig sei daher, dass die griechische Regierung "mit aller Konsequenz die Strukturreformen weiter vorantreibt, um Vertrauen wiederzugewinnen", sagte Flosbach. "Würde außerdem Griechenland umgeschuldet, gibt es kein Argument, mit dem Irland und Portugal, die ebenfalls ein hartes Reformprogramm durchlaufen, eine Umschuldung verweigert werden könnte." Mit Blick auf Sparanstrengungen des griechischen Staates im Falle einer Umschuldung sagte Flosbach: "Der Druck, Reformen durchzuführen, würde nachlassen. Denn eine Umschuldung bedeutet nichts anderes, als dass man auch mit weniger Anstrengung seine Schulden los werden kann."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden