Europa-League-Sieger Atlético Madrid: So ein Titel nach so einer Saison
Mit 3:0 schlägt Atlético Madrid im Europa-League-Finale Olympique Marseille. Mit Griezmann und Torres werden aber zwei Stars gehen.
Überhöhungen kann im Weltfußball keiner so gut wie Simeone. 2012 eröffnete der Argentinier die Renaissance des Madrider Volksklubs mit dem Gewinn der Europa League, nach einer spanischen Meisterschaft (2014) sowie zwei dramatisch verlorenen Champions-League-Finals gegen Stadtnachbar Real (2014, 2016) war man durch das souveräne 3:0 in Lyon wieder beim selben Pokal angelangt. „Dieser Titel ist viel größer als nur eine Europa League“, betonte Simeone also mehrfach. „Er ist eine Ehrerbietung an die Konstanz, an die Arbeit, an die Beharrlichkeit.“
Und wichtig nach einer schwierigen Saison mit Stadionumzug, Fifa-Transfersperre und Champions-League-Gruppen-Aus ist der Titel auch. Doch nach diesem Aus hatte Kapitän Gabi sogar offen eingeräumt, die Europa League sei ein „Scheiß“ im Vergleich. Tatsächlich stellte das Finale dann keine echte Herausforderung für diese routinierte Spitzenelf dar. Schon im Vorfeld diskutierte man mehr darüber, wer denn die Trophäe in Empfang nehmen sollte: Gabi oder die scheidende Klubikone Fernando Torres. Letztlich reckten den Pokal beide zusammen in die Luft.
Für Torres, der von 2007 bis 2015 im Ausland spielte, war es ja tatsächlich der erste Titel mit dem Klub, bei dem er als „Niño“, als Kind, in Zweitligazeiten zum Erlöser ausgerufen wurde. Obwohl er in Lyon erst in der Schlussminute eingewechselt wurde, begrüßte der Weltmeister, Europameister und Champions-League-Sieger den Titel als den „emotional wichtigsten“ seiner Karriere: „Mein Kindheitstraum hat sich erfüllt.“
Griezmanns Zukunft ist ungewiss
Dass er überhaupt noch kurz mittun durfte, hatte er indes dem Doppeltorschützen Antoine Griezmann zu verdanken. Während die Mitspieler in der 89. Minute das 3:0 durch Gabi feierten, lief der Franzose zur Ersatzbank und forderte Burgos auf: „Bring Torres!“
Dabei steht Griezmann ja vor dem Absprung zum FC Barcelona, daran hat auch der erste wichtige Titel seiner Karriere mit einem Weltklassetor zum 2:0 nichts geändert. Als er später seine Trophäe für den Mann des Spiels feinsäuberlich wie ein Auftragskiller seine Waffe im zugehörigen Koffer verstaut hatte, vermied er jedes Bekenntnis. „Jetzt ist nicht der Moment, über die Zukunft zu sprechen“, sagte der Franzose nur. Denn erst zum 1. Juli, wenn seine Ausstiegsklausel von 200 Millionen auf 100 Millionen sinkt, dürfte Klarheit möglich sein.
So lange kann Atlético noch mit allen Mitteln versuchen, ihn umzustimmen: mit dem Faktor Simeone – „er hat mich unter die Top drei der Welt gebracht“, räumte Griezmann in Lyon ein; mit harter Währung – das jüngste Angebot soll bei 20 Millionen Euro Nettojahresgehalt liegen, was ihn direkt hinter Messi, Neymar und Ronaldo einreihen würde; mit dramatischen Appellen wie von Geschäftsführer Miguel Ángel Gil Marín – „Griezmann muss sich entscheiden, ob er hier Geschichte schreiben oder anderswo einer unter vielen sein will“ –; oder mit zartem Verständnis wie von Simeone: „Wenn Antoine bleibt, werden wir natürlich weiter wachsen. Wenn er geht, werde ich ihm für alles danken, für seinen Einsatz, dafür, dass er hier sein Leben gab.“
Torres riet Griezmann nach dem Schlusspfiff: „Jetzt feier erst mal und dann entscheidest du.“ Doch die nächste Europakampagne muss Atlético wohl ohne beide angehen. 2019 wird das Finale sogar im eigenen Stadion gespielt. Dem der Champions League. Und das soll es dann auch bitte schön wieder sein.
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