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Essensverschwendung an SchulenAufpasser gegen Verschwendung

Täglich landet rund ein Viertel des Essens an Ganztagsschulen im Müll. Aber nicht, wenn sich jemand um das Problem kümmert.

Schulküche in Meesburg, Baden-Württemberg Foto: dpa

Berlin taz | Ist jemand vor Ort verantwortlich, wird in Schulkantinen weniger Essen weggeworfen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen an elf Ganztagsschulen in dem Bundesland. Rund ein Viertel des Essens, das die Kantinen den Schülern dort anbieten, landet demnach in der Tonne.

Hochgerechnet auf alle deutschen Ganztagsschulen wären das rund 29.000 Tonnen Nudeln, Gemüse oder Sauce, die jährlich in den Mülleimern der Kantinen landen.„Die Ergebnisse haben uns überrascht“, sagt Frank Waskow von der Verbraucherzentrale.

Faktoren, wie etwa die Art der Essensausgabe oder bestimmte Bestellsysteme, hätten einen geringeren Einfluss auf die Abfallmenge als gedacht. „Entscheidend ist das Engagement vor Ort“, so Waskow. Sobald sich ein Lehrer oder ein Elternteil verantwortlich fühle, sinke die Abfallmenge.

Die war an den untersuchten Ganztagsschulen ganz unterschiedlich hoch: Die einen warfen fast die Hälfte der Mahlzeiten weg, bei anderen waren es nicht mal 10 Prozent. „An Schulen, an denen es gut läuft, übernimmt jemand die Kommunikation“, so Waskow, „der Küchenleiter, der in seiner Großküche über den Speiseplan und die Essensmenge entscheidet, erfährt, was die Kinder essen und was nicht“.

Die Verbraucherzentrale hat die Schulen im Rahmen des Forschungsprojektes „Refowas“ untersucht, in dem im Auftrag des Bundesforschungsministeriums „Wege zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen“ gesucht werden. Die Datenlage über Lebensmittelabfälle sei schlecht, sagt Thomas Schmidt, der das Projekt koordiniert. Es kursieren unterschiedliche Zahlen von 11 bis 18 Millionen Tonnen Essen, die jährlich in Deutschland im Müll landen, je nachdem, wie gerechnet und was alles als Lebensmittelabfall definiert werde: ein wurmstichiger Apfel am Baum – Abfall oder nicht?

Vorteil Kommunikation: Der Koch muss erfahren, was die Schüler gern essen

Allerdings komme es nicht so sehr auf die schlichten Mengen an, sondern auf die Wirkung des Abfalls. „Eine Tonne nicht geernteter Äpfel ist nicht so problematisch wie eine Tonne nicht verzehrter Fleischgerichte“, so Schmidt, „weil der Ressourceneinsatz für Fleisch höher ist.“ Schmidt sieht weiteren Forschungsbedarf und fordert Zeitreihen, um negative Trends zu erkennen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie des WWF, die am Donnerstag auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt wird. Die Umweltorganisation hat sich die Lieferkette von Kartoffeln genauer angeschaut und schätzt, dass jährlich rund 1,5 Millionen Tonnen der Ernte verloren gehen – rund 35 Prozent. Kartoffeln, die dem Schönheitsideal der eierförmigen Knolle mit unbeschädigter Schale nicht entsprächen, würden direkt auf dem Acker aussortiert. Sie landeten nicht im Lebensmittelhandel, sondern würden in der Industrie als Stärkelieferant oder im Stall als Tierfutter enden.

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3 Kommentare

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  • Als ich zur Schule ging, gab es dort noch nichts zu essen. Mittags gingen alle nach Hause, wo entweder Mama kochte oder die (älteren) Kinder selbst. Heute bin ich ganz froh darüber.

     

    Heute werden die armen Kinder überwiegend mit Großkantinen-Convenience-Kost gefüttert, die allenfalls Erwachsenen schmeckt. Kinder haben aber nachweislich ganz andere Bedürfnisse. Das kommt auch nicht von ungefähr, denn im Wachstum braucht ein Mensch ganz andere Nahrung als später. Das ändert sich laufend. Sechsjährige mögen (und verwerten) anderes Essen als Sechzehnjährige.

    Dazu kommt, dass viele Kinder auch zu Hause nichts anderes kennenlernen als Fastfood. Sie können wählen zwischen minderwertigem Papp, der ihnen nicht schmeckt (Kantine), und solchem, der ihnen mundet (Burgerbuden, Pizza & Co). Keine Frage, wofür sie sich entscheiden.

     

    Dabei ist es so einfach. Fragt die Kinder doch einfach, was sie gerne essen würden. Lasst sie mitentscheiden und mitkochen. Pizza kann man auch selber machen, aus frischen, wertvollen Zutaten. Das gilt auch für Nudeln mit Tomatensauce, Cheeseburger, Süßspeisen. Und andere Leibspeisen. Wenn man früh genug damit anfängt, entwickeln die Kinder auch einen feineren Geschmacksinn, als wenn sie nur übersalzene, überzuckerte Industrienahrung kriegen. Oder lieblos gekochtes Erwachsenenessen, das sie sowieso wegwerfen.

    Klar muss sich jemand drum kümmern, aber das kann man demokratisch lösen.

    • @Läufer:

      Als ich zur Schule ging, gab es dort Gräupcheneintopf und Kartoffeln mit Soße. Hat auch nicht immer geschmeckt, aber da es nichts anderes gab, hat man es gegessen.

  • Im Grunde ist es doch immer so: wenn sich jemand verantwortlich fühlt, geht es dem Gemeinwohl besser. Jemand schaut hin, wie die Kinder essen. Also bleiben sie sitzen, kaspern nicht und essen tatsächlich große Teile des Essens. Ein Hausmeister passt auf und ist hinterher: weniger Vandalismus, kleinere Schäden werden repariert und wachsen nicht weiter. Reinigungspersonal auf den Straßen: es liegt weniger Müll rum, keiner traut sich etwas hinzuwerfen.