Eskalierte „Black Lives Matter“-Demo: Hamburger Déjà-vu
Die Eskalation der Hamburger „Black Lives Matter“-Demo lässt an frühere Zeiten denken – und an einen notorisch gnadenlosen Innensenator.
Allerdings nicht eben erst und auch nicht anlässlich der eskalierten anti-rassistischen Demo am vergangenen Wochenende. Schon im März 2003 vielmehr kam es zu diesem Austausch. Aber auch damals ging es um demonstrierende junge Menschen – und eine Polizei, der überzogene Härte vorgeworfen wurde.
Rund 30.000 Schüler*innen protestierten damals gegen den Irak-Krieg. Die Demonstration sei „einige Stunden friedlich“ verlaufen, schrieb die taz – bis die Situation am späten Vormittag „eskalierte“: Nachdem die Organisator*innen die Demo für aufgelöst erklärt hatten, blieben viele Teilnehmende vor dem US-Konsulat stehen; einige waren auf Bäume geklettert, andere hatten aber auch mit Stöcken, Steinen und Eiern die bereitstehenden Wasserwerfer beworfen.
Diese kamen zum Einsatz, nachdem die Polizei wiederholt dazu aufgefordert hatte, „sich zu entfernen“. In den folgenden Szenen flohen Schüler*innen in Panik Richtung Dammtor, manche gingen zu Boden – wiederum flogen aber auch Steine und Flaschen in Richtung der Polizei.
36 Jugendliche wurden vorläufig festgenommen. Anwesende berichteten der taz von drastischen Polizeimethoden und mindestens einem „besonders brutal“ behandelten Demonstranten mit dunkler Hautfarbe.
Irritierend heutig: Im Nachgang war von offizieller Seite kein Zweifel am eigenen Tun zu vernehmen. Umso mehr müffelte manche Aussage nach Verschwörungsrhetorik: Von der Gefahr „einer Beeinflussung durch die trotzkistische Vereinigung ‚Sozialistische Alternative Voran‘ (SAV)“ glaubte damals die Innenbehörde zu wissen, schränkte aber immerhin ein, es gebe keine „Anhaltspunkte dafür, dass die Ausschreitungen von extremistischen Organisationen oder Gruppen initiiert wurden oder diese daran beteiligt waren“.
Ebenfalls wie aus der laufenden Woche: Recht besonnene Kritik – aus dem Mund des SPD-Bundestags-Innenpolitikers Dieter Wiefelspütz – verstand Hamburgs Innensenator als „unverantwortliche Hetze gegen Polizeibeamte“. Der Senator hieß Ronald B. Schill.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!