piwik no script img

Erwerbstätigkeit 2023 auf Rekordhoch45,9 Millionen Menschen im Job

Deutschlands Erwerbstätigkeit hat im Jahr 2023 einen Höchstand erreicht. Eine Ursache: die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte.

Im Gastgewerbe ist die Zahl der Arbeitenden wieder stark gestiegen Foto: Hannes P Albert/dpa

Wiesbaden afp | Die Erwerbstätigkeit in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht: Im Jahresdurchschnitt waren 45,9 Millionen Menschen mit Arbeitsort Deutschland erwerbstätig, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mitteilte. Das waren so viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung 1990. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Entwicklung.

Nach einer ersten Schätzung stieg die Zahl der Erwerbstätigen im Vergleich zum Vorjahr um 333.000 oder 0,7 Prozent. Eine Ursache für die Beschäftigungszunahme im Jahr 2023 war die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte, wie das Statistikamt weiter mitteilte. Hinzu sei eine gesteigerte Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung gekommen.

Diese beiden Wachstumsimpulse überwogen demnach die dämpfenden Effekte des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt. Die Statistiker rechnen aber weiterhin damit, dass die demografische Entwicklung mittelfristig zu einem deutlichen Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter führen dürfte.

„Noch nie hatten so viele Frauen und Männer in Deutschland eine Arbeitsstelle wie heute“, schrieb Scholz dazu im Internetdienst X (früher Twitter). „Das ist gut für unseren gemeinsamen Wohlstand, denn so können wir kraftvoll in die Zukunft investieren“, betonte der Kanzler. „Jede und jeder wird gebraucht. Und es zeigt: Arbeit lohnt sich“, erklärte er weiter.

Coronakrise hatte Trend beendet

Im Jahr 2020 hatte die Coronakrise den zuvor über 14 Jahre anhaltenden Anstieg der Erwerbstätigenzahl beendet und zu einem Rückgang um 0,8 Prozent geführt. Nach der Pandemie stieg die Erwerbstätigkeit im Jahr 2021 zunächst nur leicht, im Jahr 2022 dann kräftig.

2023 entstanden die meisten neuen Jobs in der Dienstleistung, vor allem in den Bereichen öffentliche Dienstleistung, Erziehung und Gesundheit. Insgesamt fanden neun von zehn der zusätzlichen Beschäftigten einen Arbeitsplatz in den Dienstleistungsbereichen, wie das Statistikamt erklärte – ihre Zahl nahm um 295.000 zu.

Die zweitstärkste absolute Zunahme verzeichnete der Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe mit 87.000 Erwerbstätigen. In diesem Bereich war die Beschäftigung während der Pandemie deutlich gesunken. 2023 lag sie aber weiterhin unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Zurück ging die Zahl der Erwerbstätigen im vergangenen Jahr in der Landwirtschaft und Fischerei – ein Trend, der seit Jahren anhält.

Zu den Erwerbstätigen gehören Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbstständige. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig und der marginal Beschäftigten legte um 0,9 Prozent auf 42,1 Millionen zu. Die Zahl der Selbstständigen dagegen sank weiter, und zwar um 30.000 auf 3,9 Millionen. Die Zahl schrumpft bereits seit zwölf Jahren, wie die Statistiker mitteilten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "Die Zahl der Selbstständigen dagegen sank weiter, und zwar um 30.000 auf 3,9 Millionen. Die Zahl schrumpft bereits seit zwölf Jahren, wie die Statistiker mitteilten."

    Wenn jemand als Unternehmer netto €2.000 haben will, muss er mindestens einen Umsatz von €8000 bis €12.000 machen, abhängig von Renten- und Krankenversicherungsschutz. Dass man nun in Deutschland besonders gut und einfach profitable Unternehmen gründen kann, ist eben nicht der Fall. In der Regel existieren bereits Märkte und Anbieter, für Newcomer ist da wenig Platz.

    Zudem kämpfen auch viele Selbstständige, gerade in letzter Zeit mit steigenden Pachten, Energiekosten, Gebühren, Löhne und Materialkosten.

    Schlagen die Unternehmer die voll um, müssen sie schon sehr gute, solvente Kunden haben.

    Ich vermute, es werden bald noch mehr aufgeben, fürs erste versuchen viele, sich durchzuwursteln, es irgendwie mit ein wenig Kreativität zu schaffen.

    Oft gibt es auch einen Domino-Effekt, erst wird hier etwas gespart, da muss einer gehen und plötzlich wankt alles. Es ist vielleicht auch eine Illusion der 00er Jahre gewesen, dass Selbständigkeit ein Heilmittel gegen fehlende Arbeitsplätze sein kann. Viele Arbeitsämter haben viel Geld da reingepumpt und am Ende haben nur wenige überlebt.

    Es ist schön, wenn viele arbeiten, aber die langfristige Aufgabe bleibt m.M., hochqualifizierte Fachkräfte zu finden, die langfristig arbeiten und die auch fair behandelt und bezahlt werden.

    Das Gejammer über den Mangel an Fachkräften ist oft genug nur Taktik, weil Unternehmer sich nicht daran gewöhnen, dass der Überfluss an Arbeitskräften vorbei ist.

    Und es sitzen auch noch Fachkräfte zuhause rum. Denen bessere Angebote zu machen, wäre echt sinnvoll. Und nicht jeder kann Arzt, Krankenpfleger oder Altenpfleger werden. Ausländische Kräfte sind hier notwendig und auch diesen Menschen müssen gute, verlässliche Angebote gemacht werden.

  • taz: „Noch nie hatten so viele Frauen und Männer in Deutschland eine Arbeitsstelle wie heute“, schrieb Scholz […] „Das ist gut für unseren gemeinsamen Wohlstand, denn so können wir kraftvoll in die Zukunft investieren“, betonte der Kanzler.

    Mit "gemeinsamen Wohlstand" ist wohl der Wohlstand der Reichen gemeint, die jetzt immer mehr Arbeitskräfte für'n Ei und ein Butterbrot bekommen. Und "kraftvoll in die Zukunft investieren" wäre ja eigentlich eher, den ausbeuterischen und klimaschädlichen Kapitalismus mal herunterzufahren, anstatt dem Klimawandel noch mehr CO2 zum Wachsen zu liefern und damit unseren Kindern und Enkelkindern ihre Zukunft zu zerstören.

  • Danke für diesen sehr informativen Bericht!



    Hinzuzufügen ist vielleicht noch, dass der Ausbau der Beschäftigung auch auf einem staatlich organisierten Erhalt der Arbeitsplätze während der Coronazeit fußt.



    Die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes trug und trägt Früchte.



    Das ist sowohl für die ArbeitnehmerInnen als auch für die Wirtschaft sehr erfreulich und kommt nicht von Ungefähr.



    Interessant ist hier auch der Europäische Vergleich, in dem Deutschland einen Spitzenplatz, technische Vollbeschäftigung, erreicht.



    Andere Länder haben sich hier noch nicht erholt.

  • Gefühlt haben wir zu wenig:



    Pflegekräfte



    ErzieherInnen



    LehrerInnen



    BusfahrerInnen



    HandwerkerInnen



    ...

    Wenn wir also mehr arbeitende Bevölkerung haben als in den letzten 30 Jahren: Was machen die denn alle???