Erweiterung der Lärmgrenzwerte: EU-Politiker gegen Motorradlärm
Im Frühling wird es wieder laut auf Rennstrecken. Umweltexperten aus dem EU-Parlament fordern strengere Zulassungsvorschriften.
![Zwei Motorräder mit Fahrern Zwei Motorräder mit Fahrern](https://taz.de/picture/2631518/14/ebike.jpeg)
„Die Lärmgrenzwerte müssen auch für Geschwindigkeiten über 80 Kilometer pro Stunde und für alle Motordrehzahlen gemessen werden“, sagte der taz Peter Liese, der umweltpolitische Sprecher der stärksten Gruppe, der Europäischen Volkspartei/Christdemokraten. Die EU-Vorschriften für die Zulassung neuer Motorradmodelle müssten verschärft werden, „da Motorräder ja bekanntermaßen auch schneller als 80 km/h fahren und da hier die Lärmbelästigung besonders gravierend ist.“ Ähnlich äußerte sich Jo Leinen von der sozialdemokratischen S&D-Fraktion.
Damit reagierten sie auf eine Empfehlung des Umweltbundesamts an die EU, die Geräuschprüfung bei der Typzulassung von Motorrädern und Personenkraftwagen zu verschärfen. Grund ist, dass BMW und andere Konzerne Fahrzeuge absichtlich so bauen, dass sie lauter sind, als nötig wäre. Bisher müssen Motorräder und Autos die Lärmgrenzwerte laut Umweltbundesamt nur bei Tests unter realitätsfernen Bedingungen bei höchstens 80 Kilometer pro Stunde einhalten.
Dabei können chronische Lärmbelastungen laut dem bundeseigenen Robert-Koch-Institut Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arterienverkalkung verursachen, außerdem Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkte. CDU-Politiker Liese berichtet, dass viele Bürger aus seinem Wahlkreis in Südwestfalen seit Jahren über den Lärm klagen.
Kommission wird ab Mai keine neuen Vorschläge vorlegen
Betroffene wohnen zum Beispiel an Straßen, die wegen ihrer langgezogenen Kurven in landschaftlich schönen Regionen besonders am Wochenende von sehr vielen Motorradfahrern befahren werden. Aber auch in Städten gibt es Beschwerden über „Biker“, die oft lauter sind als viel größere Autos. Anfang Januar waren laut Kraftfahrtbundesamt in Deutschland rund 4,4 Millionen Motorräder zugelassen – 1,4 Prozent mehr als vor einem Jahr.
„Die Empfehlung des Umweltbundesamts kann ich nur unterstützen“, sagte SPD-Politiker Leinen der taz. „Spätestens die nächste EU-Kommission sollte mit konkreten Vorschlägen für neue Auflagen tätig werden.“
Peter Liese, EVP-Fraktion
Auch Rebecca Harms, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz, verlangte, „dass Testbedingungen besser an die tatsächliche Situation auf der Straße angepasst werden und auch höhere Geschwindigkeiten und Drehzahlen umfassen müssen.“ Die Grüne ergänzte: „Außerdem müssen bei der nächsten Überarbeitung der Lärmschutzregulierung deutlich stringentere Grenzwerte eingeführt werden“.
Christdemokrat Liese will die Stellungnahme des Umweltbundesamts nun zum Anlass nehmen, mit dem Thema noch einmal an die EU-Kommission heranzutreten. „Leider wird es allerdings eine Zeit lang dauern, bis ein neuer Kommissionsvorschlag auf den Tisch kommt“, sagt Liese. Denn man habe vereinbart, dass die Behörde ab Mai dem Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten keine neuen Vorschläge mehr präsentieren wird.
Wegen der Europawahl rechnet er für „frühestens Ende 2019“ mit neuen Papieren, was Liese nach eigenen Worten für falsch hält. Das Europaparlament hat, anders als der Bundestag, kein Recht, selbst die Initiative für neue Gesetzesvorhaben zu ergreifen, kann aber politischen Druck auf die Kommission ausüben.
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