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Erste Professur für RechtsextremismusHintergründe beleuchten

Baden-Württemberg stiftet jährlich 1,2 Millionen Euro für eine Forschungsstelle zu Rechtsextremismus. Wo sie angesiedelt werden soll, ist noch offen.

Grundlage für die neue Forschungsstelle ist die Dokumentationsstelle Rechts­extremismus Foto: Uwe Anspach/dpa

Stuttgart taz | Mutmaßliche Unterstützer des NSU hier, der Anschlag auf die zwei Polizeibeamten in Heilbronn dort – eine Erkenntnis haben die beiden Stuttgarter Untersuchungsausschüsse aus Sicht des Grünen-Landtagsabgeordneten Alexander Salomon an den Tag gebracht: „Baden-Württemberg ist ein bundesweiter Dreh- und Angelpunkt des Rechtsextremismus.“ Und das nicht erst seit den Morden des rechten Terrortrios. Schon der mutmaßliche Attentäter des Anschlags auf das Oktoberfest 1980 kam aus dem Südwesten. Und immer wieder schaffen es seit der NPD 1968 hier rechte Parteien in Fraktionsstärke in den Landtag.

Den Ursachen und Hintergründen für diese Strukturen sollen jetzt Wissenschaftler auf den Grund gehen. Deshalb stiftet die grün-schwarze Regierung eine interdisziplinäre Forschungsstelle Rechtsextremismus mit der bundesweit ersten Professur in Politikwissenschaften zu diesem Thema. Insgesamt bis zu drei Professuren in weiteren Fächern wären denkbar, so die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Zentral sei der interdisziplinäre Ansatz, der auch Professuren in Kulturwissenschaften oder Linguistik möglich mache.

Schenkung von Anton Maegerle

Eine Grundlage für die neue Forschungsstelle ist die Dokumentationsstelle Rechts­extremismus am Landesarchiv Baden-Württemberg, die durch eine Schenkung des Journalisten und Rechtsextremismusexperten Anton Maegerle geschaffen wurde. Maegerle, der die rechtsextreme Szene seit Jahrzehnten beobachtet, hat sein Archiv aus 2.500 Ordnern und einer Datenbank mit zwei Millionen Einträgen bereits 2020 dem Landesarchiv in Karlsruhe übergeben, wo es nun gesichtet und geordnet wird. Es gilt als die größte Sammlung zu diesem Thema in Deutschland und soll auch der Öffentlichkeit für Recherchen zugänglich gemacht werden: ein reicher Quellenfundus, der der neuen Forschungsstelle den Start erleichtern wird.

Noch ist offen, an welcher Universität die Forschungsstelle angesiedelt werden soll. Das Land hat für die Ausschreibung 400.000 Euro im Haushalt vorgesehen. Entscheidend für die Vergabe sei, wie tief das neue Forschungszentrum in den Universitätsbetrieb integriert werde, heißt es. Standorte wie Freiburg, Tübingen oder Mannheim mit großen geisteswissenschaftlichen Fakultäten gelten als aussichtsreiche Kandidaten. Die Gesamtkosten für die Forschungsstelle sollen bei jährlich 1,2 Millionen Euro liegen.

Alexander Salomon, der als Obmann seiner Partei in beiden Ausschüssen tätig war, sagt, diese Forschungsstelle sei auch eine wichtige Ergänzung zur Arbeit des Verfassungsschutzes, mit dem die Wissenschaftler zusammenarbeiten sollen wie auch mit Präventionsstellen und der Zivilgesellschaft. Ministerin Theresia Bauer sagt, die Forschungsstelle komme „zur richtigen Zeit“. Die Morde von Hanau oder die Aktivitäten von Rechtsextremisten in der Querdenkerbewegung zeigten die vielfältigen Gefahren. Salomon redet von einer bundesweiten „Topografie des Rechtsextremismus“, welche die Forschungsstelle anstoßen könnte.

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