Erste Impfungen in Berlin: Endlich geht es aufwärts
Der Beginn der Impfungen gegen das Coronavirus ist ein Zeichen der Hoffnung. Ob er auch der Anfang vom Ende der Pandemie ist, bleibt aber offen.
E s ist wie ein Hauch von Frühling im kalten Dezemberwetter. Als am Sonntag die 101 Jahre alte Gertrud Haase in einem Steglitzer Pflegeheim als erste Berlinerin gegen Corona geimpft wurde, begann ein neues Kapitel in der noch kurzen Geschichte der Pandemie. Nicht mehr ausschließlich auf die Entwicklung der Fallzahlen werden wir in den kommenden Wochen schauen, sondern mehr und mehr auf die Zahl derer, die bereits geimpft sind.
Ein guter Tag also ist der 27. Dezember, der nur fünf Tage auf die Wintersonnenwende folgte, ab der die Tage wieder länger und die Nächte kürzer werden. Licht am Ende des Tunnels also. Auch wenn es bisher nur ein kleines Dämmerlicht ist.
Ob der 27. Januar in der Rückschau nicht nur ein guter Tag war, sondern der Anfang vom Ende des Coronaschreckens, hängt von vielen Faktoren ab. Besteht Berlin die logistische Herausforderung einer Massenimpfung ohne größere Probleme? Nimmt die Zahl der Impfwilligen mit der Zeit zu oder ab? Und was ist, wenn zum Beispiel Konzertveranstalter im Frühsommer nicht nur eine gültige Eintrittskarte, sondern auch einen Impfnachweis verlangen?
Schon im Sommer hat sich gezeigt, dass die Sehnsucht nach Normalität groß war. So groß, dass vieles, was im Frühling selbstverständlich war, im Herbst nicht mehr galt. Die Quittung war die zweite Welle.
Vorsicht ist weiter angebracht
Trotz der guten Nachricht, die die Impfung von Gertrud Haase und den 90 anderen Bewohnerinnen und Bewohnern des Pflegeheims bedeutet, ist weiter Vorsicht angebracht. Noch wissen wir nicht, ob Geimpfte das Virus weiter übertragen können. Und was ist mit den Mutationen, von denen es noch ein paar mehr geben wird als die in Großbritannien? Bis zur Herdenimmunität ist es noch ein weiter Weg. Und auch wenn die Zahlen nun infolge des Lockdowns zurückgehen sollten, ist eine dritte Welle nicht ausgeschlossen.
Zum Licht am Ende des Tunnels gehört aber auch die Hoffnung, dass diese dritte Welle dann weit weniger Wucht haben könnte als die zweite. Ausgestanden ist die Krise aber selbst dann nicht. Im Frühjahr werden wir nicht nur über die Zahl der Geimpften reden, sondern auch über die der pleitegegangenen Unternehmen und insolventen Kultureinrichtungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid