Eröffnung der UN-Klimakonferenz: Noch ist gute Stimmung
Der UN-Klimagipfel begann versöhnlich. Aber Ankündigungen Deutschlands und der ärmsten Staaten deuten an, wo die Streitpunkte liegen werden.
Eine Konferenz, die Lösungen hervorbringt – so stellt sich der Präsident des UN-Klimagipfels, André Corrêa do Lago, die kommenden zwei Wochen vor. Die Eröffnung am Montag jedenfalls lief glatt: Zwar hatten einige Staaten Themen auf die Agenda gesetzt, die Zoff vermuten ließen – die EU will zum Beispiel nicht über ihren kommenden CO2-Zoll und größere Geldzusagen sprechen –, aber Corrêa do Lago konnte die strittigen Anträge von der Agenda fernhalten.
Für ihn ist das ein erster großer Erfolg: Keine der vergangenen vier Konferenzen begann ohne einen tagelangen Kampf um die Tagesordnung. Ein Bericht am Mittwoch soll alle Streitpunkte aufnehmen und so etwas Druck aus dem Kessel nehmen.
Denn Druck ist schon genug da, daran ließen die Redner während der Eröffnung keinen Zweifel. „Wenn Klimakatastrophen Millionen Leben zerstören, obwohl wir die Lösungen parat haben, wird uns das niemals verziehen werden“, sagte UN-Klimachef Simon Stiell.
Und auch der brasilianische Präsident Lula da Silva rief den Delegierten die Folgen der Erderhitzung ins Bewusstsein: „Der Klimawandel ist keine Gefahr der Zukunft, sondern eine Tragödie der Gegenwart.“ Er erinnerte an Hurrikan Melissa, der vor zwei Wochen über mehrere Karibikinseln hinwegfegte, an einen Tornado, der erst am Wochenende eine Kleinstadt im Süden Brasiliens verwüstete und die Fluten und Hitzewellen des Sommers in Europa.
Streit ums Geld ist vorprogrammiert
Überraschend klar forderte Lula die Abkehr von Öl, Gas und Kohle. Nötig sei aber auch, dass die Industrieländer ihr Wissen mit dem Globalen Süden teilen und mehr Geld für Emissionsminderung und Anpassung an die Erderhitzung zur Verfügung stellen, sagte er. Wer seine Zusagen nicht einlöst, verrate die Idee des Pariser Klimaabkommens.
Eine finanzielle Zusage wird Lula schon mal nicht bekommen: Deutschlands Beitrag zum Tropenwaldfonds TFFF, den Kanzler Merz als „namhaft” beschrieben hatte, wird während der Konferenz nicht konkreter. Das sagte Klima-Staatssekretär und Verhandlungsführer der deutschen Delegation Jochen Flasbarth (SPD) vor Journalist*innen. Die staatliche Förderbank KfW werde das Geld zur Verfügung stellen, und wegen der deshalb notwendigen Sorgfaltspflichten könne so schnell kein fester Betrag zugesagt werden.
Flasbarth versprach aber, Deutschland werde auf der Konferenz „verlässlich sein und natürlich vorantreiben“. Er zeigte sich zuversichtlich, nicht zuletzt, weil ein Kampf um die Tagesordnung ausgeblieben ist: „Wir wollten am Anfang kein Signal der Zerrissenheit.“ Und 10 Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen sei inzwischen „die Ökonomie hinter uns“, Fossile seien nur noch mit hohen Subventionen wirtschaftlich, im Gegensatz zu Erneuerbaren Energien.
Ärmste Staaten weisen auf ihre akute Bedrohung hin
Auf diesen wirtschaftlichen Vorteil wies auch Simon Stiell in seiner Rede hin: „Dies ist die Wachstumsgeschichte des 21. Jahrhunderts – die wirtschaftliche Transformation unserer Zeit. Wer sich davon verabschiedet oder winzige Schritte tut, ist mit Stillstand und höheren Preisen konfrontiert, während andere Volkswirtschaften vorbeiziehen.“
Wer sich nicht an der guten Stimmung beteiligen wollte, war die Allianz der ärmsten Staaten. „Wir haben dieses Feuer nicht angezündet, aber uns trifft es am härtesten“, sagte Evans Njewa aus Malawi, der die Staaten bei Klima-Verhandlungen vertritt, über die Klimakrise. „Und der Rauch macht nicht an unseren Grenzen halt.“ Viele Millionen würden von den Folgen des Klimawandels zur Flucht gezwungen.
Er forderte bis 2030 120 Milliarden US-Dollar von den Industrieländern für die Anpassung an die Erderhitzung – angesichts von Budgetkürzungen der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit eine Forderung, die bei der EU, Kanada, Japan und Australien auf großen Widerstand stoßen wird.
Die Klimakonferenz ist trotz der düsteren Bilder im Hintergrund und komplizierter Verhandlungen immer eine Gelegenheit für die Gastgeber*innen, sich der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Die in Brasilien berühmte Sängerin Fafá de Belém sang deshalb bei der Eröffnung und animierte mit einer zweiten Sängerin die Diplomat*innen im Publikum dazu, im Refrain einzustimmen. Einige ließen sich immerhin zum Mitklatschen hinreißen. Strahlend dankte Corrêa do Lago Fafa de Belém und der zweiten Sängerin – wie sich herausstellt, die brasilianische Kulturministerin Margarethe Menezes.
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