Ermordete Shoah-Überlebende: Blanka Zmigrod, unvergessen
Ein Rechtsterrorist ermordet die Shoah-Überlebende 1992 in Frankfurt am Main. Eine Petition will verhindern, dass Zmigrod in Vergessenheit gerät.
Zmigrod wurde im Kettenhofweg erschossen. Ihr Mörder: ein schwedischer Rechtsterrorist, der zuvor bereits in Schweden aus rassistischen Motiven auf elf Menschen mit Migrationsgeschichte schoss und den Studenten Jimmy Ranjbar tötete. In Frankfurt schoss der Terrorist auf Zmigrod – die er beschuldigt hatte, als Garderobiere in einem Restaurant seinen Taschencomputer entwendet zu haben. Woraufhin er sie rassistisch beschimpfte – und später ermordete.
Nichts erinnert im Kettenhofweg an Blanka Zmigrod. Und das ärgert Ruben Gerczikow. „Da ich die Straße oft entlang laufe, habe ich mich gewundert, dass dort überhaupt nichts ist“, sagt der Frankfurter, der auch Vorstandsmitglied der Jüdischen Studierendenunion ist, der taz. Auch im Gespräch mit Persönlichkeiten aus der Stadtgesellschaft und befreundeten Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde habe er festgestellt, dass nur wenige sich an den Mord erinnern.
„Der Fall ist nicht im kollektiven Gedächtnis“, so Gerczikow. Er startete deshalb die Onlinepetition „Blanka Zmigrod unvergessen“ an den Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Das Ziel: eine Gedenkstätte zur Erinnerung an Zmigrod und ihr Leben.
Nicht im kollektiven Gedächtnis
Viel ist über Zmigrod nicht bekannt: Sie überlebte zwei Konzentrationslager, darunter Auschwitz. Nach der Befreiung wanderte sie nach Israel aus, bevor sie 1960 nach Frankfurt am Main kam.
Ob ihr Mörder die KZ-Häftlingsnummer, die Zmigrod auf dem Unterarm tätowiert hatte, sah, konnte der Strafprozess 2017/18 in Frankfurt nicht klären. Zwar wurde er wegen Mordes zu einer lebenslangen Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt, ein mögliches politisches Motiv spielte im Prozess jedoch keine Rolle.
Neonazis feierten die Mordserie: Sie druckten T-Shirts mit dem Namen des Mörders. Dem norwegischen Rechtsterroristen von Oslo und Utøya, Anders Breivik, galt sie als Vorbild, dem NSU als Blaupause.
„Alle kennen die Namen der Täter, über die Betroffenen reden wir viel zu wenig“, bedauert Gerczikow. Ein Denkmal für Zmigrod wäre ein Zeichen der Solidarität mit Betroffenen rassistischer und antisemitischer Gewalt. Und gegen das Vergessen. „Eine Plakette ist das Mindeste“, sagt Gerczikow. Der zuständige Ortsbeirat möchte dem Anliegen offenbar bald nachkommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten