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Erhöhung des MindestlohnsIn zwei Schritten auf 9,35 Euro

Die Mindestlohnkommission schlägt vor, die Lohnuntergrenze bis 2020 um 51 Cent zu erhöhen. 2019 sollen es bereits 9,19 Euro sein.

Auch Friseur*innen profitieren von der geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf 9,35 Euro Foto: dpa

BERLIN taz | Der gesetzliche Mindestlohn soll ab Januar 2019 auf 9,19 Euro steigen – ab 2020 soll es 9,35 Euro pro Stunde geben. Auf diese stufenweise Erhöhung hat sich die Mindestlohnkommission geeinigt. Die Bundesregierung muss den Beschluss noch per Verordnung umsetzen.

Die Kommission aus Gewerkschafter*innen, Arbeitgebervertreter*innen und Wissenschaft­ler*in­nen prüft alle zwei Jahre, ob die Höhe des Mindestlohns angemessen ist. Bisher beträgt die Lohnuntergrenze 8,84 Euro, zuvor waren es 8,50 Euro je Stunde.

„Wir orientieren uns an der Entwicklung des Tarif­index des Statistischen Bundesamts“, erklärte der Vorsitzende der Kommission, Jan Zilius, am Dienstag in der Bundespressekonferenz in Berlin. Konkret bedeutet das, dass Tariflöhne als Basis für einen angemessenen Stundenlohn herangezogen werden.

Kommissionsmitglied und Gewerkschafter Stefan Körzell zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlungen. Scharfe Kritik übte er aber daran, dass nach wie vor so viele Menschen unter Mindestlohnniveau gezahlt werden. Während das Statistische Bundesamt 2016 750.000 solcher Fälle zählte, rechnet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sogar mit etwa 1,8 Millionen Betroffenen. Um gegen Schwarzarbeit vorzugehen, brauche es mehr Zollpersonal und eine präzise Erfassung der Arbeitszeit, so Körzell.

Gemeinsam mit dem Vorschlag zur Erhöhung legte die Kommission auch einen Bericht über die Auswirkungen des Mindestlohns vor. „Besonders profitieren die Menschen in Ostdeutschland, geringfügig Verdienende, Angestellte kleiner Unternehmen und Frauen von dem höheren Stundenlohn“, fasste Zilius zusammen. Auch die Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter habe sich seit Einführung des Mindeslohnts weiter positiv entwickelt.

Die langfristige Auswirkung auf die Wirtschaft sei aber noch nicht absehbar: „Wie krisenfest der Mindestlohn wirklich ist, wird sich erst bei einem wirtschaftlichen Abschwung zeigen“, warnte Kommissionsmitglied Steffen Kampeter.

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5 Kommentare

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  • Natürlich ist eine Kommission die einen Mindestlohn festlegt Quatsch. Genauso gut könnte man auch eine Kommission bilden, die Lebensmittelhöchstpreise oder wie teuer ein Bier im Lokal ist, festlegen würde. Schön ist das ganze nur fürs Finanzamt, steigen doch mit jeder Lohnerhöhung auch die Steuereinnahmen und somit füllt sich die Staatskasse. Wären Politiker wirklich bereit, Menschen etwas gutes zu tun, würden sie mal anfangen den Staatshaushalt zurück zu fahren, Mehrwertsteuer abschaffen, Lohnsteuer bis zu einem bestimmten Einkommen ganz abschaffen. Fordert natürlich niemand der Parteien.

  • 2015: 8,50

    2017: 8,84 Delta_Lohn=17ct/a

    2019: 9,19 Delta_Lohn=18,5ct/a

    2020: 9,35 Delta_Lohn=16ct/a

     

    Wenn des so weitergeht ist schon 2024 die 10€-Marke geknackt, geradezu fürstlich, was mach ich dann mit dem ganzen Geld?????

  • Der Mindestlohn schadet der Wirtschaft nicht, der niedrige Satz schadet nicht nur vielen Menschen, er schadet den Sozialkassen und die Lohnsteuer bleibt gering.

    Es ist an der Zeit, die €12 zu machen.

     

    Dass jetzt so eine Marginalerhöhung gemacht wird, fliegt der SPD bald um die Ohren. Aber mit Hubertus Heil ist sie so ein Risiko auch eingegangen.

     

    Der Punkt ist doch, dass ein Mindestlohn die Schwelle zur Auskömmlichkeit überragen muss, sonst ist es kein Mindestlohn, sondern ein Verarmungslohn - ein Zeichen der Ausbeutung.

     

    Und ich empfehle jedem Menschen sich genau anzusehen, wo Mindestlöhne gezahlt werden: Es sind fast immer Arbeitsstellen, wo hard und ausdauern gearbeitet wird. Viele Branchen profitieren gar nicht vom Mindestlohn, sondern gelten als wenig attraktiv, hier blüht oft genug auch die Schwararbeit und die Wirtschaftskriminalität.

     

    Übrigens kommt Dänemark ohne Mindestlohn aus, hier sind 90 Prozent der Löhne durch Tarifverträge bestimmt. Und Dänemark steht nicht vor dem Bankrot, ganz im Gegenteil. Mit €12 wäre ein guter Anfang gemacht, aber der mächtige Finanzminister Schoiz kriegt seinen Heil wohl nicht unter Kontrolle, denn entscheiden müssen Politiker.

    • @Andreas_2020:

      "Es sind fast immer Arbeitsstellen, wo hard und ausdauern gearbeitet wird."

       

      Und davon, dass diese Menschen schlecht bezahlt werden profitiert der Rest doppelt: 1) das sonst mittels höheren Mindestlohns zu umschichtende Geld verbleibt bei Ihnen 2) Dienstleistung bleibt billiger

       

      Schande.

      • @agerwiese:

        UnSinn, die Friseuse geht im Supermarkt einkaufen und die Kassierin zur Friseuse Haare schneiden, ergo Nullsummenspiel. Nur gehen in den Supermarkt nicht nur Friseusen und zum Friseur nicht nur Kassiererinnen. Um da bißchen mehr Gerechtigkeit reinzubringen müßte es noch einen Freibetrag bei den Sozialversicherungen wie bei der Lohnsteuer geben.