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Ergebnisse des CoronagipfelsKleinteilig und mutlos

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Die Coronapolitik von Bund und Ländern ist von Mutlosigkeit geprägt. Ihr neuer Stufenplan kommt daher wie die Montageanleitung für eine Schrankwand.

Der Stufenplan: kleinteilig und so einprägsam wie die Montageanleitung für eine Schrankwand Foto: Joko/imago

D ie Politik hat die Verantwortung für die Bekämpfung der Coronapandemie in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag wieder ein Stück weit in die Hände der Bür­ge­r:in­nen gelegt. Es war kein stolzer Moment, sondern er war begleitet von Zweifeln und einem Gefühl der Ohnmacht. Man sei noch nicht da, wo man sein wolle. Man habe sich große Mühe gegeben. Jetzt kommt es auf uns alle an, so Merkel, Söder und Müller. Verzagter hätten sie die Botschaft weiterer Lockerungen nicht verkaufen können.

Und diese resultieren ja auch nicht aus einer besseren epidemiologischen Lage, sondern aus der sinkenden Akzeptanz der Einschränkungen in der Bevölkerung. Beispiel Kontakte: Dass sich Menschen nun wieder mit mehreren Freunden und Verwandten treffen können, ist vielerorts längst Praxis – man denke an überfüllte Parks oder die eigene Familie, in sich mangels Alternative ungeimpfte Risikogruppen, die Großeltern, seit Wochen mit um die Kinder kümmern.

Viele Menschen sind coronamüde, und die Po­li­ti­ke­r:in­nen haben einiges dazu beigetragen. Indem sie falsche Hoffnungen geweckt haben – bis Sommer sollte jeder ein Impfangebot bekommen –, die sie wieder zunichtemachen mussten. Indem die Länder es versäumten, frühzeitig einheitliche Kriterien für Öffnungsschritte fest­zulegen. Der jetzt vorgelegte Stufenplan kommt zu spät und ist in seiner Kleinteiligkeit so einprägsam wie die Montageanleitung für eine Schrankwand.

Vor allem haben die Po­li­ti­ke­r:in­nen falsche Rücksichten genommen: auf Befindlichkeiten von Mi­nis­ter­prä­si­den­t:innen, auf Interessen von Unternehmensverbänden und aktuell auf Statusbeharrungskräfte der Ärzte. Wieso dürfen geschulte Pfle­ge­r:in­nen nicht eigenverantwortlich impfen, wie in anderen Ländern üblich, sondern nur unter ärztlicher Aufsicht? Wenn Medikamente im Eilverfahren zugelassen werden können, dann hätte man doch hier auch in den Turbo schalten können. Man wünscht den Po­li­ti­ke­r:in­nen mehr Chuzpe, in der Krise Konventionen zu durchbrechen. Doch sie wirken nun vor allem: mutlos.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ja wie? Da muß aber nochn bisken Musike rein - aber analogo - 🥳 -

    Schobert&Black: Das Holzwollschnitzelwerk



    m.youtube.com/watch?v=dO9Mo0CpFgI

    kurz - Wie KlickerklackkeranWaaren 🤫

  • Ja, es stimmt: Nicht eine günstigere epidemiologische Lage, sondern die Coronamüdigkeit in der Bevölkerung hat die Politiker dazu bewogen, Öffnungen in Aussicht zu stellen. Und da klar ist, dass man sich das eigentlich gar nicht leisten kann, gibt's jetzt diesen kuriosen Stufenplan.

    Eine Motivation ist sicherlich, vom eigenen Versagen abzulenken - das aber zu einem Gutteil nur ein vermeintliches Versagen ist: Allzuviele Mitbürger kapieren das Scheiß-Spiel nicht, das das Coronavirus mit uns veranstaltet. Diese weit verbreitete Ignoranz ist nicht neu: Auch zu Bankenrettungen muss es doch Alternativen geben, ebenso zur Aufnahme von Flüchtlingen, die bereits durch halb Europa marschiert und bereits in Deutschland angekommen sind. Wer als Politiker darauf verweist, dass nach Lage der Dinge so gut wie keine Spielräume bestehen, ist unkreativ, inkompetent und bereits angezählt.

    Auch wenn in dieser Krise ärgerliche Fehler gemacht wurden, so ist es aus meiner Sicht falsch, die Schuld nur bei der Politik abzuladen. Corona legt ungeschminkt offen, wie diese Gesellschaft tickt - und das ist nicht schön anzusehen.

    • @zmx52:

      Na ja, der Verweis darauf, dass die Politik nicht viel machen konnte, ist mE falsch. Da hilft ein Blick über die Grenzen. Österreich hat seit Wochen Schnelltests. Kostenlos. Da gutes auch keine Lieferengpässe. Wir haben von wenigen Landkreisen, in denen einzelne etwas auf die Beine gestellt haben, keine Testzentren. Der wenige Impfstoff kommt nicht an und liegt ungenutzt rum. Es zeigt sich eine Trägheit, da alles zu 100 Prozent sein muss. 90 Prozent und schneller wäre deutlich besser.

      • @Strolch:

        Österreich hat aber trotz der Schnelltests Inzidenzen von über 100, mit Ausnahme Vorarlbergs. Und die Infektionszahlen steigen und steigen. Schnelltests sind eben kein Wundermittel. Einzig Impfungen sind die Fahrkarte zurück zur Normalität. Und da haben wir das grundsätzliche Problem, dass die Impfstoffe erstmal produziert werden müssen.

        Dass etliche Dosen Astrazeneca-Impfstoff ungenutzt herumliegen, liegt wieder einmal an weit verbreiteter Ignoranz. Und da hat man politisch jetzt wieder das Problem, dass man es einfach nicht richtig machen kann. Da gibt es die So-schnell-wie-möglich-öffnen-Fraktion, die die AZ-Dosen gerne Lehrern zukommen lassen will. Und auf der anderen Seite jene Fraktion, die möglichst viele Risikomenschen zuerst impfen will. Den AZ-Impfstoff wäre man jedenfalls schnell los, wenn man Impfwillige aus der Priorisierungsstufe 2 vorziehen würde...

        Ich will die Politik nicht von ihren Fehlern freisprechen, wohl aber darauf hinweisen, dass es wahnsinnig schwer ist, zu entscheiden, was richtig ist, das Richtige durchzusetzen und es auch so zu kommunizieren, dass es ankommt und akzeptiert wird.