Ergebnisse des Coronagipfels: Kleinteilig und mutlos

Die Coronapolitik von Bund und Ländern ist von Mutlosigkeit geprägt. Ihr neuer Stufenplan kommt daher wie die Montageanleitung für eine Schrankwand.

Eine Montageanleitung mit zwei Inbusschlüsseln und abgedrucktem Strichmännchen und Fragezeichen in Gedankenblase

Der Stufenplan: kleinteilig und so einprägsam wie die Montageanleitung für eine Schrankwand Foto: Joko/imago

Die Politik hat die Verantwortung für die Bekämpfung der Coronapandemie in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag wieder ein Stück weit in die Hände der Bür­ge­r:in­nen gelegt. Es war kein stolzer Moment, sondern er war begleitet von Zweifeln und einem Gefühl der Ohnmacht. Man sei noch nicht da, wo man sein wolle. Man habe sich große Mühe gegeben. Jetzt kommt es auf uns alle an, so Merkel, Söder und Müller. Verzagter hätten sie die Botschaft weiterer Lockerungen nicht verkaufen können.

Und diese resultieren ja auch nicht aus einer besseren epidemiologischen Lage, sondern aus der sinkenden Akzeptanz der Einschränkungen in der Bevölkerung. Beispiel Kontakte: Dass sich Menschen nun wieder mit mehreren Freunden und Verwandten treffen können, ist vielerorts längst Praxis – man denke an überfüllte Parks oder die eigene Familie, in sich mangels Alternative ungeimpfte Risikogruppen, die Großeltern, seit Wochen mit um die Kinder kümmern.

Viele Menschen sind coronamüde, und die Po­li­ti­ke­r:in­nen haben einiges dazu beigetragen. Indem sie falsche Hoffnungen geweckt haben – bis Sommer sollte jeder ein Impfangebot bekommen –, die sie wieder zunichtemachen mussten. Indem die Länder es versäumten, frühzeitig einheitliche Kriterien für Öffnungsschritte fest­zulegen. Der jetzt vorgelegte Stufenplan kommt zu spät und ist in seiner Kleinteiligkeit so einprägsam wie die Montageanleitung für eine Schrankwand.

Vor allem haben die Po­li­ti­ke­r:in­nen falsche Rücksichten genommen: auf Befindlichkeiten von Mi­nis­ter­prä­si­den­t:innen, auf Interessen von Unternehmensverbänden und aktuell auf Statusbeharrungskräfte der Ärzte. Wieso dürfen geschulte Pfle­ge­r:in­nen nicht eigenverantwortlich impfen, wie in anderen Ländern üblich, sondern nur unter ärztlicher Aufsicht? Wenn Medikamente im Eilverfahren zugelassen werden können, dann hätte man doch hier auch in den Turbo schalten können. Man wünscht den Po­li­ti­ke­r:in­nen mehr Chuzpe, in der Krise Konventionen zu durchbrechen. Doch sie wirken nun vor allem: mutlos.

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Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

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