Ergebnisse Europawahl in Deutschland: SPD legt zu, AfD gewinnt

Die Union siegt, die SPD gewinnt dazu, die AfD zieht mit gutem Ergebnis nach Brüssel. Jetzt zoffen sich die Parteien um die Führung in Brüssel.

Nach der Wahl ist vor der Zählung: fleißige Wahlhelfer in München Bild: dpa

BERLIN taz/rtr/dpa | Die Union hat die Europawahl trotz Verlusten gewonnen. Nach Hochrechnung des ZDF kommt sie auf 36,1 Prozent. Die SPD legt auf 27,5 Prozent zu. Größter Gewinner ist aber die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD). Mit etwa 6,5 Prozent werden die Eurokritiker nun ins Europäische Parlament einziehen.

„Brüssel, wir kommen!“ hieß es auf ihrer Homepage schon am Nachmittag. Sechs Sitze könnten der Partei zufallen, Bernd Lucke und der Ex-BDI-Präsident Olaf Henkel sowie Beatrix von Storch und Ulrike Trebesius (Beruf: „Bauingenieur“) werden sie unter anderem besetzen.

Die Union liegt ungefähr bei ihrem Ergebnis von 2009. Sie hatte mehr mit ihrer Allzweckwaffe Angela Merkel als mit ihrem eigentlichen Spitzenkandidaten, dem Niedersachsen David McAllister, geworben. Die Angst vor der AfD hatte sich im Endspurt des Wahlkampfs deutlich bemerkbar gemacht. Mit ihrer Aussage, die EU sei keine Sozialunion, hatte Merkel zum Schluss nochmal versucht, rechts zu fischen.

Aber auch die SPD ist nicht unschuldig geblieben: Um bei nationalistischen Wählern zu räubern, warb sie zum Schluss mit dem Slogan: „Nur wenn Sie Martin Schulz und die SPD wählen, kann ein Deutscher Präsident der EU-Kommission werden“.

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Nun landete die SPD bei immerhin 27,5 Prozent: eine deutliche Steigerung im Vergleich zur letzten EP-Wahl, als es magere 20,8 Prozent gab. Diesen Erfolg kann sich Spitzenkandidat Martin Schulz an die Brust heften – er war der sichtbarste Kandidat in diesem Wahlkampf, die Menschen trauten ihm diese seltene SPD-Mischung aus Kompetenz plus Sozialer Verantwortung zu.

Die Grünen erreichten um die 10,6 Prozent und verschlechterten sich damit gegenüber 2009, als sie noch 12,1 Prozent holen konnten. Sie waren im Wahlkampf schlicht nicht weiter aufgefallen, die europäische Spitzenkandidatin Ska Keller aus Brandenburg ist weitgehend unbekannt geblieben, die deutschen ListenführerInnen Rebecca Harms und Sven Giegold wollten trotz eines redlichen Wahlkampfs nicht so recht zünden.

Linkspartei stagniert, FDP verliert

Die Linkspartei hat sich nicht groß bewegt, sie landen bei 7,6 Prozent. Spitzenkandidatin Gabi Zimmer und ihre Combo sind also wieder drin. Die FDP hatte sich nicht so viele Hoffnungen gemacht, nachdem sie bei der Bundestagswahl aus dem deutschen Parlament flog. Bei der letzten Europawahl lagen sie noch bei 11 Prozent, diesmal holten sie mit dem Listenführer Alexander Graf Lambsdorff drei Prozent.

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Und auch die deutschen Piraten können das EP entern: Spitzenkandidatin Julia Reda hatte gestern gute Chancen auf ein Mandat.

Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei sensationellen 47,0 Prozent. Zumindest in dieser Hinsicht ein Erfolg für Europa, denn im Jahr 2009 wollten nur 43,3 Prozent der BürgerInnen die Geschicke des Kontinents mitbestimmen. Der Grund könnte allerdings profan sein: In zehn Bundesländern wurden zugleich die Kommunalparlamente gewählt, in Berlin wurde auch über die Zukunft des Tempelhofer Felds - dem einstigen Gelände des Flughafen Tempelhofs – abgestimmt.

Alle wollen Spitze sein

Sozialdemokraten und Union haben nach der Europawahl in Deutschland Anspruch auf die Position des EU-Kommissionspräsidenten für ihre Spitzenkandidaten erhoben. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte nach den Gewinnen der SPD in Deutschland am Sonntag in der ARD zu ihrem Spitzenkandidaten Martin Schulz: „Ich glaube, er hat sehr gute Chancen, jetzt Kommissionspräsident zu werden.“ Die SPD habe bei der Europawahl in Deutschland „den höchsten Zuwachs aller Zeiten“ bei einer bundesweiten Wahl erzielt. Allerdings bezeichnete sich auch die Union als Wahlgewinnerin.

Die Europäische Volkspartei (EVP) werde wohl stärkste Kraft im Europaparlament, sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder. „Und die stärkste Kraft hat auch den Anspruch darauf, denjenigen zu stellen, der in Zukunft die Politik machen soll.“ Die EVP ist mit dem früheren luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker als Spitzenkandidaten in die Wahl gegangen. Oppermann zeigte sich erfreut über die höhere Wahlbeteiligung. Diese sei auch auf die Entscheidung der Parteifamilien zurückzuführen, erstmals mit europaweiten Spitzenkandidaten anzutreten, sagte Oppermann. „Die Menschen hatten das Gefühl, da geht es jetzt um etwas.“

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