Erdoğans fatales Krisenmanagement: Die Grenzen der Alleinherrschaft
Die Türkei zeigt, dass ein autoritärer Staat durchaus nicht besser auf eine Krise reagieren kann als eine Demokratie.
W ährend Regierungen überall auf der Welt gerade ein Comeback erleben, gerät ausgerechnet der starke Mann der Türkei angesichts der Coronakrise zunehmend unter Druck. Statt als fürsorgender Staatsmann zu punkten, wirken alle Maßnahmen, die die Regierung trifft, zu spät und zu unkoordiniert. Lange wurde die Krise heruntergespielt. Als dann schnell steigende Infizierten-Zahlen doch Maßnahmen erzwangen, hatten viele Türken das Gefühl, es gehe Erdoğan mehr darum, die Wirtschaft zu retten, als die Bevölkerung zu schützen.
Während die Türkei aus Imagegründen Schutzkleidung nach Italien und Großbritannien schickte, gab es im Land selbst keine Schutzmasken. Als es welche gab, sollten sie zunächst verkauft werden, doch weil die Armen sich das nicht leisten können, sollte man sie dann online kostenlos bestellen. Da dort niemand durchkam, müssen es jetzt die Apotheken richten. Genauso chaotisch wird die Frage der Ausgangssperre gehandhabt. Weil die Wirtschaft nicht beeinträchtigt werden soll, gilt die Ausgangssperre nur für über 65-Jährige und Jugendliche und Kinder unter 18 Jahren. Doch die Fabriken erweisen sich als schlimme Virenschleudern.
Statt auf den Wissenschaftsrat zu hören und eine Ausgangssperre für zwei Wochen, und zwar für alle zu verhängen, wurde eine völlig verunglückte Quarantäne nur für das Wochenende verkündet. Die Folge war ein solches Chaos, dass der Innenminister seinen Rücktritt anbot, was Erdoğan aber ablehnte. Die Alleinherrschaft eines Mannes gerät angesichts der Krise endgültig an ihre Grenzen. Die Folgen des autoritären Stils werden im Land verheerend sein. Selbst eine eigentlich gute Vorarbeit – Erdoğan ließ in den letzten zehn Jahren etliche neue Kliniken bauen und investierte in das Gesundheitssystem – kommt nun wegen des erratischen Regierungshandelns nicht zum Tragen. Die Türkei zeigt, dass ein autoritärer Staat durchaus nicht besser auf eine Krise reagieren kann als eine Demokratie.
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