Erdoğan in Athen: Nachbarn auf Versöhnungskurs
In den letzten Jahren verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Türkei und Griechenland. Ein Besuch Erdoğans soll jetzt die Wende bringen.
Nachdem es im Sommer 2022 noch zu einem schweren Zerwürfnis zwischen Erdoğan und Mitsotakis gekommen war, weil dieser in Washington offensiv dafür lobbyiert hatte, dass die USA keine Kampfflugzeuge an die Türkei verkaufen, sendet Erdoğan seit Wochen positive Signale nach Athen. „Wir sollten eine neue Seite in unseren Beziehungen aufschlagen und unsere Konflikte im Dialog lösen“, sagte er Ende November vor der Fraktion seiner Partei.
Mit diesem Vorsatz kommt Erdoğan nun in Begleitung seines halben Kabinetts nach Athen, wo ihn neben Mitsotakis zehn griechische Minister erwarten. Laut griechischer Medien sind für das Treffen 20 zwischenstaatliche Vereinbarungen vorbereitet worden, die nun unterschrieben werden sollen.
Tatsächlich sind dem Treffen erhebliche diplomatische Anstrengungen vorausgegangen. Erdoğan hatte sich im Juli am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius erstmals seit dem Zerwürfnis ein Jahr zuvor wieder persönlich mit Mitsotakis getroffen und den Austausch am Rande der UN-Vollversammlung im September vertieft.
Zusätzlich trafen sich die beiden Außenminister und im November auch Vertreter der beiden Verteidigungsministerien, um vertrauensbildende Maßnahmen zu beraten. Man ist offenbar bereit, die Direktverbindung zwischen den Hauptquartieren wiederherzustellen, die seit den militärischen Beinahezusammenstößen im Mittelmeer im Sommer 2020 abgebrochen worden waren.
Restaurierung von Moscheen und Kirchen geplant
Das soll nun alles der Vergangenheit angehören. Griechenland bietet Visa-Erleichterungen für türkische Touristen an, wenn die Türkei im Gegenzug einer stärkeren Zusammenarbeit bei der „Abwehr illegaler Migranten“ zustimmt. Vereinbarungen zum Nutzen der jeweiligen Minderheiten im anderen Land sollen getroffen werden, griechische Kirchen in der Türkei und Moscheen in Griechenland restauriert werden. Später sollen dann auch die wirklich schwierigen Themen angegangen werden können. Dazu gehören die jahrzehntealten Dispute um den Festlandssockel in der Ägäis, die Hoheitsgebiete in der Luft und die jeweiligen Wirtschaftszonen in der Ägäis und im Mittelmeer.
Nach griechischen Angaben hat die Türkei hier bereits Vorleistungen erbracht. Seit dem Sommer sei die Luftraumverletzung durch türkische Kampfflugzeuge in der Ägäis von angeblich über 1.000 in den ersten drei Monaten des Jahres auf lediglich acht in den letzten drei Monaten zurückgegangen. Auch die Anzahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus die griechischen Inseln ansteuern, sei um 60 Prozent gesunken.
Das Gipfeltreffen in Athen findet statt angesichts des Krieges in Gaza und dem andauernden Krieg Russlands gegen die Ukraine. Mitsotakis verurteilte zwar erst kürzlich Erdoğans Unterstützung der Hamas, sah aber darin keinen Grund, sich nicht zu treffen. Eher im Gegenteil: Angesichts der Spannungen im östlichen Mittelmeer haben beide Seiten ein Interesse daran, wenigstens die Konflikte miteinander klein zu halten.
Erdoğan braucht Investoren aus der EU und weiß, dass ein gutes Verhältnis zu Griechenland sein Standing in der EU erheblich verbessern würde. Vielleicht wäre die Bundesregierung ja dann auch bereit, einer Lieferung von Eurofightern an die Türkei zuzustimmen.
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