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Erdoğan gegen IsraelSchrille Rhetorik aus der Türkei

Türkeis Präsident Erdoğan geriert sich als feindseliger Gegner Israels – und das nicht erst seit dem Raketenangriff auf die Golan­höhen.

Der türkische Staatspräsident Erdoğan provoziert die israelische Regierung Foto: Umit Bektas/reuters

Am Sonntagabend haute Erdoğan wieder einen seiner Sprüche raus: „So wie wir in Bergkarabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun.“ Gemeint war Israel, dessen Kriegsführung im Gazastreifen in der Türkei insgesamt, aber vor allem bei Erdoğan persönlich, eine wachsende Wut auslöst.

Nun ist der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan bekannt für seine provokativen Sprüche. Das können Beleidigungen anderer Staatschefs sein, wie vor Jahren gegenüber Angela Merkel, später gegen den griechischen Ministerpräsidenten Kyrios Mitsotakis und aktuell gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netajahu, der von Erdoğan nahezu täglich als „neuer Hitler“ geschmäht wird. Es können aber auch militärische Drohungen sein, wie vor zwei Jahren gegenüber Griechenland, als er bezogen auf die griechischen Inseln vor der türkischen Küste sagte: „Wir können über Nacht da sein.“

Hatte Erdoğan anfangs nach dem Hamas-Massaker an israelischen Zivilisten im Oktober 2023 noch von einer möglichen Vermittlung zwischen Palästinensern und Israel gesprochen, rückte er, je länger der Krieg zwischen Israel und der Hamas andauerte, immer mehr in Richtung einer einseitigen Unterstützung der Hamas. Contra die Listung der Hamas als „Terrororganisation“ nannte er sie eine legitime „Befreiungsorganisation“, die er zu unterstützen versprach.

Verletzte Hamas-Kämpfer werden in türkischen Krankenhäusern behandelt

Seitdem hat das Hamas-Politbüro einen festen Stützpunkt in der Türkei und verletzte Hamas-Kämpfer aus Gaza werden in türkischen Krankenhäusern versorgt. Immer wieder versuchte die Türkei, mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu liefern, wurde aber vom israelischen Militär daran gehindert.

Erdoğan hat daraufhin die Handelsbeziehungen zu Israel kappen lassen und angekündigt, er werde innerhalb der Nato gegen jede Kooperation mit Israel stimmen, bis es zu einem nachhaltigen Frieden mit den Palästinensern komme. Als Propagandacoup hatte Erdoğan sich ausgedacht, dass während Benjamin Netanjahus Rede vor dem Kongress in Washington Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einen Auftritt vor dem türkischen Parlament haben sollte, doch Abbas hatte kein Interesse daran.

Opfer seiner eigenen Rhetorik

Mittlerweile droht Erdoğan ein Opfer seiner eigenen Rhetorik zu werden, weil die israelische Regierung auf seine wütenden Einwürfe kaum mehr reagierte. Auf Erdoğans kaum verklausulierte militärische Drohung von Sonntagabend hat aber nun umgehend der israelische Außenminister Katz geantwortet: „Erdoğan tritt in die Fußstapfen von Saddam Hussein und droht mit einem Angriff auf Israel. Er soll sich nur daran erinnern, was dort geschah und wie es endete“, schrieb Katz noch am Sonntagabend auf X. Bekanntermaßen wurde Saddam Hussein nach dem US-Einmarsch im Irak 2003 gestürzt und drei Jahre später gehenkt.

Wird die Türkei nun zur Kriegspartei im Nahen Osten? Davon ist nicht auszugehen. Erdoğan hat in der Vergangenheit zwischen seiner Rhetorik und seiner tatsächlichen Politik immer gut unterschieden. Mit Merkel und Mitsotakis war er nur Monate nach seinen Beleidigungen wieder im Gespräch. Statt türkischen Landungsbooten landen nun türkische Touristen auf den griechischen Inseln.

Den Einsatz seines Militärs hat er immer sehr kühl kalkuliert. Der von ihm unterstützte Angriff Aserbaidschans auf Bergkarabach war völkerrechtlich gedeckt und auch der Militäreinsatz in Libyen dient vordergründig der Unterstützung der von der UNO anerkannten libyschen Regierung.

Anders als Hussein einst ist Erdoğan ein kühl kalkulierender, international erfahrener Mann, der wegen der Hamas kaum militärische Konflikte mit Israel und am Ende auch mit den USA riskieren würde. Er will der Sunnitenführer und Held der arabischen Massen sein und dafür reicht erst mal eine schrille Rhetorik.

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14 Kommentare

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  • Fortschritt? Gegenüber der heutigen Situation in Nahost muss das Leben im osmanischen Reich geradezu 'ne Idylle gewesen sein.

  • >>Erdoğan hat in der Vergangenheit zwischen seiner Rhetorik und seiner tatsächlichen Politik immer gut unterschieden. Mit Merkel und Mitsotakis war er nur Monate nach seinen Beleidigungen wieder im Gespräch.

  • Deutschland muß jetzt schnell die Beziehungen zur Türkei kappen, Botschafter abberufen, Türken beobachten. Jetzt braucht Israel unsere uneingeschränkte Solidarität. Was sonst soll das Gerede von Staatsräson?

  • Der Westen hat eine Lücke gelassen, indem er die Verstöße Israels nicht angemessen anging. Das nutzt Erdoğan.

    Obwohl er mit Netanyahu einiges gemein hat: religiöse Verbündete, Diskriminierung "anderer" als Politprogramm, Setzen auf militärische Lösungen, Attacken auf die Justiz, ...



    Moralisch ist Israel gegenüber der Türkei kaum noch in der Oberhand, und das ist Schuld auch Netanyahus.

  • Es ist aber schon peinlich zu sehen, wie man (insbesondere in Deutschland in der Vergangenheit) Erdogan mit seiner hetzerischen Rhetorik und den Beleidigungen immer wieder durchkommen lässt und ihm keine Grenzen aufzeigt. Dadurch lässt man ihn innenpolitisch den starken Mann spielen, was seine Autokratie bei den vom Nationalismus Besoffenen noch mehr festigt.

    • @Bussard:

      Ja, das ist bedenklich. Solche Nachlässigkeit kann autoritäre Tendenzen stärken und das politische Klima verschärfen.

  • Ein sehr treffender Artikel. Tatsächlich ist ein militärisches Engagement der Türkei nicht zu erwarten. Aber die Wut auf die israelische Regierung ist in der Türkei über alle Parteigrenzen hinweg sehr groß, das Leid der Palästinenser täglich bildhaft präsent. Mit einer solchen Drohung verschafft sich Erdoğan ein Ventil, das bei der einheimischen Bevölkerung sehr gut ankommt.

    • @Ertugrul Gazi:

      Das schätze ich auch so ein … die markigen Sprüche des Rais sind wohl mehr nach „innen“ gerichtet als gegen Israel.



      Schließlich: was haben Erdogan und Netanyahu gemeinsam? Sie haben nicht nur ein gebrochenes Verhältnis zu demokratischen Spielregeln (wenn die ihnen persönlich keinen Vorteil bringen), sie sind beide wahre Meister des politischen Überlebens. Eigentlich müssten die beiden Herrschaften doch ziemlich gute Freunde sein.

  • 'Anders als Hussein einst ist Erdoğan ein kühl kalkulierender, international erfahrener Mann, der wegen der Hamas kaum militärische Konflikte mit Israel und am Ende auch mit den USA riskieren würde. Er will der Sunnitenführer und Held der arabischen Massen sein und dafür reicht erst mal eine schrille Rhetorik.'

    Nicht vergessen werden sollte, dass die Türkei schon auf Grund ihrer geostrategischen Lage von eigentlich allen 'Großmächten' stark umworben (und auch geheimdienstlich bearbeitet) wird, und Herr E. sich dessen sehr bewusst ist.

    • @EffeJoSiebenZwo:

      Richtig. Und wie die Türkei nicht ohne die NATO kann, kann die NATO nicht ohne die Türkei … dessen ist sich Erdogan sehr wohl bewusst.



      Vernünftig für beide Seiten wäre es, wenn Israel uns die Türkei gute Beziehungen miteinander pflegen würden.

  • Sehe ich das richtig? Hat Erdogan gerade eine Beteiligung und Mitverantwortung für die vollständige ethnische Säuberung Bergkarabachs eingeräumt ? - eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, dass bezeichnenderweise weder die Kriegsverbrechensempörten Südafrikas noch der Uni-Protestkamps oder andere Empörungsprofis wenigstens zu einem Pups animiert hätte.



    Wo bleibt der IGH-Haftbefehl?

    • @Euromeyer:

      Kommt direkt nachdem US amerikanische und europäische Unis besetzt werden um ein Ende der Besatzung in Zypern zu fordern, ein Ende der Besatzung Nord Syriens und endlich ein Anerkennen eines kurdischen Staates.

    • @Euromeyer:

      Nun, Erdogan und die große Mehrheit der türkischen Bevölkerung werden das türkische Engagement in Aserbaidschan sicher anders bewerten als Sie oder ich.



      Aus deren Perspektive unterstützen sie nur die Azeris beim Zurückdrängen des armenischen Chauvinismus und Revanchismus in Berg-Karabach - und wenn jemand Völkermord verübt hat, dann war das seinerzeit Armenien mit seiner Besetzung der Karabach-Region. So unterschiedlich können die Perspektiven halt sein.



      Und was die Beurteilung des israelischen Vorgehens in Gaza - das ohne Zweifel unverhältnismäßig und daher verurteilenswert ist - als Genozid betrifft, halte ich mich persönlich sehr zurück, denn DIE Einschätzung überlasse ich lieber den Juristen vom IGH.

  • Der neue größte Feldherr aller Zeiten macht wieder auf beleidigtes Kleinkind.