Epidemie in Westafrika: „Nie mehr Ebola!“
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Liberia als Ebola-frei erklärt. Der letzte Infizierte ist vor sieben Wochen gestorben. Es hat keine neuen Fälle gegeben.
GENF/MONROVIA dpa | Eineinhalb Jahre nach dem Ausbruch der verheerenden Ebola-Epidemie in Westafrika mit Tausenden Toten hat Liberia den Kampf gegen die Seuche offenbar gewonnen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte das Land jetzt als ersten der drei am schlimmsten betroffenen Staaten für Ebola-frei. Das letzte Opfer in Liberia war vor sieben Wochen gestorben. Seitdem seien keine neuen Fälle mehr aufgetreten, hieß es am Samstag in einer Mitteilung.
In der Hauptstadt Monrovia feierten Tausende Menschen die Ankündigung. Bei einer Zeremonie im St-Josefs-Krankenhaus dankte Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf vor allem den Gesundheitsarbeitern und allen Helfern, die am Sieg über die Epidemie beteiligt waren. „Wir beten, dass das Virus nie mehr nach Liberia zurückkommt“, erklärte sie, während die Bürger in Chören riefen: „Nie mehr Ebola!“
Gleichzeitig mahnte die Staatschefin zur Vorsicht: „Lasst uns feiern, aber lasst uns auch aufpassen, dass unsere Freude nicht getrübt wird“, erklärte sie bei einem Treffen von Experten des Gesundheitsministeriums. Vor allem müssten die Grenzen gesichert werden, um ein neues Aufflammen der Epidemie zu verhindern.
In den Nachbarländern Sierra Leone und Guinea waren zuletzt noch insgesamt 18 Neu-Infektionen in einer Woche gezählt worden. Das war laut WHO die geringste Zahl an neuen Fällen in diesem Jahr. „Beide Länder haben in den vergangenen Monaten große Anstrengungen gemacht, um die Infektionsraten zu“, sagte der EU-Ebola-Koordinator und EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, Christos Stylianides, in Brüssel.
Leichen tagelang nicht abgeholt
Seit Dezember 2013 waren nach offiziellen Angaben mehr als 26.000 Menschen an Ebola erkrankt. Rund 11.000 von ihnen starben – darunter auch 500 Gesundheitshelfer. Die Dunkelziffer dürfte jedoch wesentlich höher liegen.
Der Sieg über die Seuche sei „ein monumentaler Erfolg“ in einem Land, in dem auf dem Höhepunkt der Epidemie im August und September 2014 zwischen 300 und 400 neue Fälle pro Woche verzeichnet wurden, so die WHO. Die Szenen in Monrovia seien damals schrecklich gewesen: „Die Tore zu den völlig überfüllten Behandlungszentren mussten geschlossen werden, Patienten starben auf dem Boden der Krankenhäuser, und Leichen wurden manchmal tagelang nicht abgeholt.“
Das Land sei in einem Ausnahmezustand gewesen: Nicht nur seien die Lebensmittel knapp geworden, auch Schulen, Märkte und die meisten Geschäfte seien geschlossen worden, während große Airlines ihre Flüge nach Liberia eingestellt hätten.
Immer noch hohes Risiko
Vize-Gesundheitsminister Tolbert Nyenswah sagte, vor allem die gute Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden habe letztlich zu dem Sieg über Ebola beigetragen. Am Anfang habe sich die Seuche wegen der Unwissenheit der Bevölkerung wie ein Lauffeuer ausgebreitet, aber als die Menschen begriffen hätten, wie das Virus besiegt werden kann, hätten sie alle zusammengearbeitet, so Nyenswah.
Nach Ansicht der WHO sind weiterhin große Anstrengungen nötig, um die Krankheit im Zaum zu halten. Die Aufmerksamkeit gegenüber dem Virus dürfe nicht nachlassen. „Es gibt weiter neue Fälle in Guinea und Sierra Leone, so dass das hohe Risiko besteht, dass infizierte Menschen die Grenze nach Liberia überqueren“, hieß es.
Auch die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ warnte, dass das Virus so lange nicht besiegt sei, bis alle Länder für Ebola-frei erklärt würden. „Für Liberia sind 42 Tage ohne neue Infektionen ein echter Meilenstein“, sagte die MSF-Einsatzleiterin in dem Land, Mariateresa Cacciapuoti. „Aber wir dürfen unseren Fuß nicht vom Gaspedal nehmen, bis alle drei Länder 42 Tage lang keine neuen Fälle verzeichnen.“ Die ganze harte Arbeit könne in einem einzigen Augenblick dahin sein, warnte die Expertin.
Liberia hatte unter den Ländern Westafrikas die höchste Zahl an Toten zu beklagen (4.700). Im Laufe der Epidemie waren auch in Nigeria, Mali und Senegal Menschen erkrankt. Außerdem hatten sich Krankenschwestern und Ärzte aus Spanien, Großbritannien und den USA bei ihrem Einsatz angesteckt.
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