Entwurf für Transparenzgesetz: Staat soll Infos proaktiv liefern

Neun NGOs haben einen Entwurf für ein Transparenzgesetz vorgelegt. Behörden und Ministerien sollen Informationen besser zugänglich machen.

Kopfüber hangeln sich angeseilte Männer am Bundesfinanzministerium hinab

So kommt man auch an Informationen ran – es ist nur etwas umständlich Foto: Bernd Elmenthaler/imago

Die Bürger müssen nicht mehr fragen, sondern der Staat muss aktiv Informationen liefern. Das ist der Grundgedanke eines Transparenzgesetzes, das von einem breiten NGO-Bündnis um das Netzwerk Recherche vorgeschlagen wird. Das Transparenzgesetz soll das bisherige Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ersetzen.

Als das IFG 2005 von SPD und Grünen als Bundesgesetz beschlossen wurde, war es durchaus revolutionär. Je­de:r sollte Bundesbehörden nach dort vorliegenden Informationen fragen können – auch ohne eine persönliche Betroffenheit nachzuweisen. Allein im Jahr 2021 gab es 14.616 IFG-Anfragen an Bundesministerien und zugeordnete Bundesbehörden.

Doch schon lange wird über Verbesserungen des IFG diskutiert. Es gibt zu viele Ausnahmen, etwa für die Sicherheitsbehörden. Die erhobenen Gebühren wirken abschreckend und man muss oft lange warten, bis die Informationen geliefert werden. Außerdem gibt es für Umweltinformationen ein separates Gesetz, was unübersichtlich ist.

Das vorgeschlagene Transparenzgesetz bekommt nun aber mehr als einen neuen Namen, es verkörpert eine neue Philosophie. Der Staat soll nicht nur auf Bürgerfragen antworten müssen. Er soll möglichst viele Informationen schon proaktiv veröffentlichen, so dass sie leicht gefunden werden können.

Hamburg geht mit gutem Beispiel voran

Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben neun Organisationen der Zivilgesellschaft vor wenigen Tagen vorgestellt. Neben dem Netzwerk Recherche gehören auch Transparency International, Mehr Demokratie und das Portal Frag den Staat zu den Initiatoren.

Im Zentrum des vorgelegten Transparenzgesetzes steht ein Transparenzportal, das von den Bundesministerien und -behörden mit Informationen gefüllt werden soll, zum Beispiel mit Materialien zur Gesetzgebung oder Statistiken. Was bisher freiwillig und lückenhaft auf den Webseiten der Ministerien veröffentlicht wird, soll künftig vollständig und obligatorisch auf dem Transparenzportal zu finden sein. Der Anspruch der Bürger:innen, dass konkrete Anfragen beantwortet werden müssen, soll daneben bestehen bleiben. Auch das bisher separate Umweltinformationsgesetz (UIG) würde integriert.

Die NGOs wollen mit dem Transparenzgesetz die aktive Teilhabe der Bevölkerung unterstützen und so Staatsverdrossenheit zurückdrängen. Auch soll staatliches Handeln besser kontrolliert und Korruption verhindert werden. Die vorgeschlagene Transparenzoffensive soll sogar einen Innovationsschub bei der öffentlichen Verwaltung auslösen.

Schließlich können auf dem Transparenzportal ja nur Informationen veröffentlicht werden, die digital vorliegen. Auf den ersten Blick rennen die NGOs mit ihrem Gesetzentwurf offene Türen ein.

Denn auch im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition heißt es: „Die Informationsfreiheitsgesetze werden wir zu einem Bundestransparenzgesetz weiterentwickeln.“ Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will Eckpunkte hierfür noch dieses Jahr vorlegen.

Es geht also weniger darum, ob es ein Transparenzgesetz geben wird, sondern wie es aussehen soll. Die NGOs setzen mit ihrem Gesetzentwurf nun ehrgeizige Standards, an denen sich die Bundesregierung dann messen lassen muss. So wollen die NGOs auch private Organisationen wie die Deutsche Bahn AG zur Transparenz verpflichten, wenn diese öffentliche Aufgaben erfüllen. Verträge des Staates sollen veröffentlicht werden, wenn es um mehr als 100.000 Euro geht.

Fragen der Bür­ge­r:in­nen sollen künftig kostenlos beantwortet werden, die Antwort soll in der Regel binnen 15 Tagen (statt binnen Monatsfrist) erfolgen. Ausnahmen für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt sind nicht vorgesehen. Es soll zwar keinen generellen Anspruch auf Veröffentlichung privater Daten und von Geschäftsgeheimnissen geben, doch sollen diese Interessen laut NGO-Entwurf in jedem Einzelfall mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit abgewogen werden.

Auf Landesebene war Hamburg der Vorreiter. Dort gibt es schon seit 2012 ein Transparenzgesetz. Rheinland-Pfalz und Thüringen folgten. In Sachsen wird zum 1. Januar 2023 ein Landestransparenzgesetz in Kraft treten. Es gibt also durchaus einen Trend zu solchen Gesetzen. Entscheidend ist dann aber die Ausgestaltung.

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