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Entwicklung der CoronapandemieNeuinfektionen steigen wieder stark

Die Zahlen sind eindeutig. Intensivmediziner fordern schnelle und schärfere Maßnahmen – sofort, noch vor der Entscheidung über eine Notbremse.

Experten warnen erneut vor einer Überlastung der Intensivstationen Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin taz | Unmittelbar bevor am Freitag die sogenannte Bundes-Notbremse in den Bundestag eingebracht wird, haben Experten noch einmal eindringlich vor einer Überlastung der Intensivstationen gewarnt. „Wir brauchen jetzt an dieser Stelle eine Kontrolle der Infektionsdynamik“, sagte der Intensivmediziner Steffen Weber-Carstens am Donnerstag. Er ist Oberarzt an der Berliner Charité und wissenschaftlicher Leiter des bundesweiten Intensivregisters.

In manchen Regionen gebe es derzeit nur noch zehn Prozent freie Intensivbetten – das entspreche bei einer durchschnittlichen Intensivstation genau einem Bett, das sowohl für akute Notfälle als auch für neue Co­ro­na­pa­ti­en­t*in­nen zur Verfügung stehe, warnte Weber-Carstens.

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Die geplante Notbremse sieht bundesweit einheitliche Beschränkungen vor, wenn die Inzidenz in einem Landkreis den Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Ein­woh­ne­r*in­nen und Woche überschreitet. Sie wird an diesem Freitag in den Bundestag eingebracht. Weil FDP, Linke und AfD einer Fristverkürzung nicht zugestimmt hatten, kann sie aber erst nächste Woche beschlossen werden. Aus den Fraktionen gibt es zudem Forderungen, die geplanten Maßnahmen noch abzuschwächen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte die Bundesländer auf, schon vor dem Inkrafttreten der neuen Regeln tätig zu werden. „Jeder Tag zählt“, sagte Spahn. „Was wir jetzt versäumen, rächt sich in zwei Wochen.“ Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, forderte schärfere Maßnahmen. Mit Testen und Impfen allein werde es nicht gelingen, die dritte Welle zu brechen. Kritik übte Wieler daran, dass die Notbremse verbindliche Schulschließungen erst ab einer Inzidenz von 200 vorsieht. Dieser Wert sei „zu hoch“.

Hintergrund der Warnungen ist, dass die Zahl der neu gemeldeten Corona-Infektionen in den letzten Tagen stark gestiegen ist. Mit 20.370 lag der 7-Tage-Mittelwert am Donnerstag nicht nur weitaus höher als die osterbedingt niedrigeren Werte der letzten Woche, sondern auch um knapp 20 Prozent höher als vor zwei Wochen. Auch bei der Zahl der neu gemeldeten Coronatoten hat sich der Trend gedreht: Nachdem sie zuvor fast drei Monate permanent gefallen war, stieg sie zuletzt wieder an. Mit 239 Toten pro Tag lag der 7-Tage-Mittelwert am Donnerstag um 50 Prozent höher als zwei Wochen zuvor.

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Auf den Intensivstationen ist die Zahl der Co­ro­na­pa­ti­en­t*in­nen in den letzten zwei Wochen um weitere 25 Prozent gestiegen; in den letzten Tagen hat sich der Anstieg im Wochenvergleich verlangsamt, möglicherweise in Folge geringerer Infektionszahlen durch die Osterferien. Die Zahl der freien Intensivbetten erreichte mit 2.863 in dieser Woche den niedrigsten Stand seit der Einführung des Intensivregisters vor einem Jahr.

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7 Kommentare

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  • "Neuinfektionen steigen wieder stark" ... wieder?

    www.dkriesel.com/_...naplot-germany.png

    die Zahlen steigen bereits seit 1,5 Monaten !!! ständig! Plus die zwei Wochen Verzögerung, d.h. das Infektionsgeschehen läuft seit 2 Monaten ungebremst.

  • ich will nicht mehr wissen, dass - ich will wissen warum.



    Hat eigentlich eine*r den Mut zu beschreiben, warum es steigt. Also dieses Mysterium Infizierte. Sind das wirklich fehlende Verbote für Spaziergänge nachts, sind es die Kinder die gemeinsam spielen und lernen. Eher nicht.



    Aber PSSSt: CDU/FDP- Geraune : Wie ssteigern das Bruttosozialprodukt hehe

    • @StefanMaria:

      Infektionen auf der Arbeit, ÖPNV und Privat - wohl in der Reihenfolge.

      die Ausgangssperren sollen das letztere Einschränken, heimliche Parties, etc...



      Und leider ist kein Politiker fähig zu sagen, das man nur die pauschale Regelung einigermaßen kontrollieren kann. Auch Beamte sind eine endliche Ressource.

      Ach ja, und das warum: die Politik ist nicht handlungsfähig.

    • @StefanMaria:

      Die Infektionen steigen aktuell rasant weil die ansteckendere Variante dominiert UND weil das Mobilitätsverhalten und damit auch die täglichen Kontakte in Deutschland nur 80 Prozent reduziert sind gegenüber dem Verhalten vor der Pandemie.



      Außerdem - seit einem Jahr bekannt und durch die aktuellen Studien und Veröffentlichungen der Aerosolforscher:innen aktualisiert: INNEN ist die Ansteckungsgefahr am größten. Dabei ist dem Virus aber ziemlich egal, ob es in Klassenzimmern, Großraumbüros, Kitas, in Produktionshallen, Großküchen oder beim Shopping von Mensch zu Mensch springt. Je mehr Menschen in einem Raum und je länger sie dort beieinander sind. Studien, die es zur Wirksamkeit von Maßnahmen gibt zählen (leider) Schulen zusammen mit Großraumbüros als effektivste Maßnahme. Da nur einzelne Beispiele verglichen wurden kann sich jede:r ausrechnen was dem Setting von Schule und Großraumbüro außerdem entspricht.



      Wer die aktuelle Welle schnell stoppen will muss also Kontakte in Innenräumen sofort unterbrechen ganz egal, ob Kita, Großraumbüro oder Produktionshalle. Staatlich verordnete Betriebsferien für mindestens 3 Wochen wären angesagt. ABER: Draußen Aktivitäten auch in überschaubaren Gruppen (maximal 10 Personen) nicht nur zu erlauben, sondern Bewegung und ja auch Geselligkeit mit AHA zu empfehlen im Nahbereich des Wohnorts (ohne Nutzung Öffentlicher Verkehrsmittel) würde Kinder und Erwachsene ebenso motivieren den nötigen Komplett Lockdown mit zu machen und den Drang verringern, sich heimlich in privaten Räumen zu treffen.

      • @Nina Janovich:

        Studie zur Ansteckungsgefahr in Innenräumen:



        www.trotec-blog.co...der-im-supermarkt/

        • @Nina Janovich:

          Gute Studie, danke! Basiert natürlich noch auf der Annahme, dass eine Übertragung nur über Aerosole/Tröpfchen erfolgt. Mittlerweile ist allerdings klar, dass sich das Virus in Innenräumen mit stehender feuchter Luft und vielen Menschen auch über freischwebende Viruspartikel ausbreitet, weil es robuster ist als gewöhnliche Coronaviren. Für kleine Büros, Klassenzimmer, und stark frequentierten Einzelhandel ist das Risiko also höher anzusetzen als im Aerosol-Modell. Wieviel, ist noch nicht klar. Für große Räume (Supermärkte und Großraumbüros) mit aktiver Luftumwäzung kann man die Befunde aber so stehen lassen.

    • @StefanMaria:

      Es ist alles davon, einschließlich Kinder und Leuten, die sich abends fröhlich gegenseitig besuchen gehen und Firmen, in denen kein Mensch eine Maske trägt.

      Aber wir können uns gerne so lange weiter darüber streiten, wer "schuld" ist, bis das auch egal ist, weil wir vollends die Kontrolle verloren haben.