Entsorgung weggeworfener Zigaretten: Industrie soll zahlen

35 Prozent des unachtsam weggeworfenen Mülls sind Kippen. Soll die Industrie für die Entsorgung zahlen? Noch scheitert das am Streit zwischen SPD und CDU.

Mehrere Zigarettenstummel

Könnte bald kosten: Kippen wegwerfen Foto: dpa

BERLIN epd/taz | Zigarettenkippen machen ein Drittel (35 Prozent) des unachtsam weggeworfenen Mülls in Deutschland aus. Wie aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervorgeht, besteht fast ein Zehntel (neun Prozent) des Mülls an der deutschen Ostseeküste aus weggeworfenen Zigaretten. Damit landeten Zigarettenfilter auf Platz zwei der häufigsten Müllfunde an der Ostsee. An den Stränden der deutschen Nordsee hingegen befänden sie sich nicht unter den Top 20 der Funde.

Kritik an der Finanzierung der Entsorgung kam von der Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther. „Die Hersteller von Zigaretten müssen an den Kosten der Umweltfolgen beteiligt werden, damit die Kosten nicht auf die Allgemeinheit umgelegt werden“, sagte die Bundestagsabgeordnete.

Die Bundesregierung ist sich nicht einig über das Thema: „Wer Wegwerfartikel wie Zigaretten herstellt, wird künftig mehr Verantwortung für den Müll übernehmen müssen“, sagte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) bereits im Dezember. Die Zigarettenindustrie solle so zum Beispiel an den Kosten für die Reinigung von Stränden oder Parks beteiligt werden.“ Genau das ist auch im Entwurf der Plastik-Strategie der EU vorgesehen. Allerdings scheitert die Umsetzung wohl derzeit am Streit zwischen SPD und CDU.

CDU und Lobby gegen Beteiligung der Zigarettenindustrie

„Es ist überhaupt keine Frage, dass wir Abfall jeder Art vermeiden oder verringern müssen. Das ist ein Schwerpunkt unserer umweltpolitischen Agenda“, sagt die CDU-Umweltpolitikerin Marie-Luise Dött. „Aber Unternehmen dafür verantwortlich zu machen, wenn Konsumenten deren Produkte unsachgemäß entsorgen, ist der falsche Weg.“

So argumentiert auch die Lobbyvereinigung Deutscher Zigarettenverband. „Ohne eine Veränderung des Konsumentenverhaltens würde der Vorschlag zu einer zeitlich unbegrenzten und finanziell massiven Belastung der Hersteller führen“, warnte Geschäftsführer Jan Mücke. „Ein stärkerer Fokus muss auf die Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher gerichtet werden.“ Kommunen sollten das achtlose Wegwerfen von Zigarettenkippen konsequent als Ordnungswidrigkeit ahnden.

In den Weltmeeren ist die Verschmutzung durch Zigarettenkippen besonders hoch: Die Europäische Kommission listet Zigarettenkippen auf dem ersten Platz der Obergruppe „Kunststoffe“, die die Meere verschmutzen. Für Meereslebewesen stellten Zigarettenfilter eine Bedrohung dar.

Außerdem könnten die in den Zigaretten enthaltenen Schadstoffe durch den Regen in Böden sowie Grund- und Oberflächenwasser geraten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, „dass sie über diesen Pfad auch in die Nahrungskette gelangen“, schreibt das Bundesumweltministerium.

Die Kosten trägt die Allgemeinheit

Beeinträchtigungen des Trinkwassers seien der Bundesregierung hingegen nicht bekannt. Auch ein Zusammenhang zwischen achtlos weggeworfenen Zigaretten und Nikotinvergiftungen bei Kindern lasse sich aufgrund fehlender Daten nicht herstellen, hieß es. Zwischen 1990 und 2017 erfasste das Bundesinstitut für Risikobewertung 128 Fälle solcher Vergiftungen bei Kindern bis 13 Jahren.

Um die Sammlung und Entsorgung der unsachgemäß weggeworfenen Zigarettenfilter kümmern sich derzeit die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, das heißt, die Kosten werden über die Abfallgebühren auf die Allgemeinheit umgelegt.

Das unachtsame Wegwerfen von Zigaretten gilt in Deutschland als Ordnungswidrigkeit. Die Kommunen können Raucher mit Bußgeldern belegen, wenn diese ihre Kippen nicht in Mülleimern entsorgen.

In München ist das Wegwerfen von Zigaretten am teuersten. 55 Euro kostet hier die nicht ordnungsgemäße Entsorgung eines Glimmstängels. In Hannover und Düsseldorf werden 10 Euro für jeden fällig, dem der Weg zum nächsten Aschenbecher zu weit ist. Das Dresdner Ordnungsamt berechnet für Ersttäter auch 10 Euro – allerdings kann das Bußgeld in der sächsischen Hauptstadt bei wiederholten Vergehen bis 100.000 Euro ansteigen.

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