Entsorgung von belastetem Baggergut: Gegenwind für Hamburger Pläne
Stefan Wenzel bezweifelt, dass die Inseln Neuwerk und Scharhörn rechtlich zu Hamburg gehören und die Hamburger dort ihr Baggergut verklappen dürfen.
Die Hamburger Wirtschaftsbehörde will auf ihrem Territorium nördlich von Scharhörn Baggergut aus dem Hafen abkippen. Dazu müsse weder bei den Nachbarn in Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch bei Umweltverbänden um Erlaubnis nachgesucht werden.
Diese Planungen seien „umweltpolitisch in keiner Weise akzeptabel, politisch falsch und auch rechtlich haltlos“, meint hingegen Wenzel. Das belastete Baggergut gefährde das Weltnaturerbe Wattenmeer, auch die niedersächsischen Gemeinden an Außenweser und Unterelbe seien von den negativen Folgen betroffen. Wenn Hamburg dort verklappe, müssten die Gerichte eingeschaltet werden. Überhaupt könne ohne Zustimmung der Nachbarbundesländer kein rechtskonformes Genehmigungsverfahren auf den Weg gebracht werden.
Wenzel verweist auf den Staatsvertrag von 1961, durch den Neuwerk und Scharhörn überhaupt erst von Niedersachsen zu Hamburg kamen. Im Gegenzug hatte Hamburg einen Teil des Cuxhavener Hafengebietes an die Stadt Cuxhaven abgetreten. Schon beim Zustandekommen des Vertrages habe es Zweifel an dessen Rechtsmäßigkeit gegeben, sagt Wenzel, und verweist auf einen alten Spiegel-Artikel. Demnach habe das Bundesverkehrsministerium damals erklärt, die von Niedersachsen abgetreten Sandbänke in der Elbmündung seien Bundesgebiet. Zudem hätte eine Änderung der Ländergrenzen der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat bedurft, die aber sei nie eingeholt worden.
Bislang waren Zweifel an der Zugehörigkeit von Neuwerk und Scharhörn zu Hamburg öffentlich nicht bekannt. Zusammen mit Nigehörn bilden die Inseln den Stadtteil Neuwerk. Sie sind Teil des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer.
Wer deshalb Wenzels Ansinnen als aussichtslos abtut, könnte sich täuschen. Als langjähriger niedersächsischer Landtagsabgeordneter (1998–2021) und Umweltminister (2013–2017) hat der in Dänemark geborene Grünen-Politiker ungewöhnliche Hartnäckigkeit und Standfestigkeit bewiesen. Detailversessen trieb er die mühsame Aufklärung der Skandale um das marode Atommülllager Asse ebenso voran wie die Suche nach Alternativen zum „verbrannten“ Endlager-Standort Gorleben.
Vor seiner Politikerkarriere betätigte sich Wenzel als Waldarbeiter und in der Landwirtschaft. In Göttingen studierte er Agrarökonomie. In seiner Diplomarbeit stellte er einen Vergleich der Pacht- und Bodenpreise in der Europäischen Gemeinschaft an. Als nächsten Schritt beim Schlickthema will Wenzel mit einer Anfrage an die Bundesregierung den Staatsvertrag von 1961 beleuchten lassen.
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