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Entscheidung im SPD-OrdnungsverfahrenSchröder darf bleiben

Zahlreiche SPD-Mitglieder wollten den Altkanzler wegen seiner Nähe zu Kremlchef Putin aus der Partei werfen. Doch das ist bisher gescheitert.

Putin und Schröder im Juli 2004 Foto: Itar Tass/imago

Hannover dpa | Beim Parteiordnungsverfahren der SPD gegen den vielfach kritisierten Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) gibt es eine Entscheidung.

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne nicht gegen die Parteiordnung der SPD verstoßen. Ein Verstoß könne Schröder nicht nachgewiesen werden, entschied die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover am Montag in erster Instanz. Gegen die Entscheidung kann binnen zwei Wochen Berufung eingelegt werden.

Zuständig für das Parteiordnungsverfahren ist die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover, weil Schröder Mitglied des dazu gehörenden Ortsvereins Oststadt-Zoo ist. Nach dem Unterbezirk sind bis zu zwei weitere Instanzen möglich: der SPD-Bezirk Hannover sowie die SPD-Bundesschiedskommission.

Schröder steht seit langem wegen seiner Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin und zur russischen Öl- und Gaswirtschaft in der Kritik. Auch nach der russischen Invasion in die Ukraine im Februar hat er sich nach Auffassung auch vieler SPD-Genossen nicht ausreichend von Russland distanziert.

17 regionale Parteivereine beantragten Ordnungsverfahren

Gleich 17 regionale Parteivereine haben deshalb das Ordnungsverfahren gegen ihn beantragt; hinzu kamen weitere Anträge, die den formalen Vorgaben nicht entsprachen. Die Schiedskommission in Hannover hatte im Verfahren Mitte Juli parteiöffentlich, aber unter Ausschluss der Medien verhandelt. Schröder selbst war dazu nicht erschienen und hatte auch keinen Anwalt geschickt. Gegen die Entscheidung der Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover kann binnen zwei Wochen Berufung eingelegt werden.

Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hatte Schröder für seine jüngsten Äußerungen über eine angebliche Verhandlungsbereitschaft von Russlands Präsident Wladimir Putin im Ukraine-Krieg scharf kritisiert. „Gerhard Schröder agiert nicht als Ex-Kanzler, sondern als Geschäftsmann, und so sollten wir seine Äußerungen auch interpretieren“, sagte Esken den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Mit allem, was er tut und sagt, handelt er im eigenen Interesse und in dem seiner Geschäftspartner.“

Ende Juli war der Altkanzler erneut zu Besuch bei Putin in Moskau und gab anschließend dem Magazin Stern sowie den Sendern RTL und ntv ein Interview, in dem er mit Blick auf den Ukraine-Krieg behauptete: „Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung.“ Diese und andere Äußerungen in dem Interview stießen in Deutschland parteiübergreifend, aber auch international auf massive Kritik.

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3 Kommentare

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  • Dass Parteiausschlussverfahren schwierig bis aussichtslos sind, sollte eigentlich in etablierten Parteien bekannt sein. Vorallem nach Sarrazin.

    Das hat auch gute Gründe:



    Könnte eine politische Partei, einfach alle Mitglieder "auf Linie" bringen wäre sie nicht demokratisch sondern faschistisch.

    Deswegen lässt man Parteiausschlussverfahren auch üblicherweise sein und versucht andere Wege zu finden, diese Person in irgendeiner Art und Weise kaltzustellen.



    Meistens treten diese Personen dann auch von selbst aus oder halten zumindest weitgehend den Mund.

    Hier haben wir nur leider die Situation, dass es sich um ein Mitglied handelt, dass dem Parteibetrieb sowieso schon fernbleibt, aber als Altkanzler immer noch sehr bekannt und stark mit der Partei assoziiert ist. Das mag etwas den Einsatz erhöhen, um den es geht, aber eben nichts an den Chancen, mit diesem Parteiausschlussverfahren rechtssicher durchzukommen.

    Unter den Teppich kehren und den Shitstorm vorbeiziehen lassen wäre dennoch besser gewesen, als sich derart zum Obst zu machen. Der nächste Aufreger mit Scholz CumEx-Verwicklungen lässt ja auch nicht auf sich warten. Dabei gibt es mit Klimakatastrophe und imperialistischem Angriffskrieg in Europa eigentlich wichtige Baustellen zu bearbeiten.

  • Willy Brandt und Helmut Schmitt: Gnade des rechtzeitigen Ablebens?

    Was ist Schröders Realpolitik gegenüber Rußland gegen die Ost-Politik Willy Brandts und Helmut Schmitts gegenüber dem Kreml, als dort noch das Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion herrschte und 500 000 sowjetische Elitesoldaten auf deutschem Boden stationiert waren so wie heute russländische Truppen auf ukrainischem? Die beiden sozialdemokratischen Bundeskanzler sind dann wohl nur dank der Gnade des rechtzeitigen Ablebens einem Parteiausschlußverfahren wegen „politischer Nähe zum Kreml“ entgangen. Die damaligen Argumente gegen beide aus der rechten Ecke, geführt von der CDU, ähnelten bis ins Detail denjenigen, die heute aus (fast) allen Ecken gegen Schröder vorgebracht werden.