Entschädigung für AKW-Abschaltung: 2,4 Milliarden für Atom-Aus
Regierung und Konzerne einigen sich auf Entschädigung für den Atomausstieg. Eine „Irrsinnssumme“ für die Unternehmen, kritisieren die Grünen.
Mit der Einigung sind auch alle Klagen der Konzerne vom Tisch. Allerdings müssen die Gremien der Konzerne und die EU-Kommission noch grünes Licht geben und das Geld in einem Nachtragshaushalt vom Bundestag beschlossen werden. Am Atomausstieg bis Ende 2022 ändert sich nichts.
Anlass für das Verfahren war das gesetzlich verfügte Aus für acht deutsche Meiler im Juni 2011. Erst im Oktober 2010 hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung Merkel allerdings die Laufzeiten der AKWs verlängert, nach dem GAU von Fukushima aber ein Moratorium verhängt und die Meiler danach abgeschaltet.
Daraufhin begannen jahrelange Prozesse: Die Konzerne argumentierten, ihnen stünde Schadensersatz für Gewinne aus dem Strom zu, den sie nicht mehr produzieren durften. Das Bundesverfassungsgericht hielt 2016 ihren Anspruch auf Entschädigung für berechtigt, auch wenn es den Ausstieg als zulässig absegnete. 2020 verwarf das Gericht die von der Regierung geplante Entschädigungsregelung und drängte zur Eile.
Klage in Washington erledigt
Nun einigten sich die Kontrahenten außergerichtlich. Damit ist vor allem auch die Klage von Vattenfall vor dem Internationalen Schiedsgericht in Washington in dieser Sache erledigt. Bei einer Niederlage dort hatte der deutsche Fiskus Risiken zwischen 6 und 7 Milliarden Euro befürchtet. Vattenfall bekommt mit 1,4 Milliarden den größten Teil der Zahlungen, weil 2011 seine AKW Krümmel und Brunsbüttel vom Netz gingen, ohne dass deren Strommengen auf andere Kraftwerke übertragen wurden.
RWE erhält 880 Millionen, EnBW 80 Millionen und Eon 42,5 Millionen Euro. Der größte Teil der Summe bezieht sich auf Erlöse aus den entgangenen Strommengen. 142,5 Millionen Euro davon fließen für „entwertete Investitionen“, die an den Standorten im Vertrauen auf die Verlängerung der Laufzeiten zwischen Herbst 2010 und Abschaltung im Sommer 2011 getätigt wurden.
Die Einigung habe einen „bitteren Beigeschmack“, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Olaf Bandt. „Die offene Frage der Ausgleichszahlungen hat endlich ein Ende gefunden, aber zu einem viel zu hohen Preis.“ Die „überzogenen Zahlungen“ ließen sich nur mit Verzicht von Vattenfall auf eine Klage erklären. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) dagegen meinte, die „Einigung liegt deutlich unter den Vorstellungen der Unternehmen“ und der Summe, die im Schiedsverfahren gedroht hätte.
Vattenfall begrüßt Einigung
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte die Lösung, weil der Staat wie auch beim Kohleausstieg mit „Irrsinnssummen“ die Energiekonzerne finanziere: „Wäre Merkel damals beim rot-grünen Atomausstieg geblieben, wäre gar keine Entschädigung fällig“. Allerdings hätte es nach dem ursprünglichen Ausstiegsplan auch kein schnelles Aus für die AKWs im Jahr 2011 gegeben.
Sie begrüße die „Einigung, die langen Jahren eines teuren und zeitaufwändigen Streits ein Ende bereitet,“ sagte Vattenfall-Chefin Anna Borg. „Deutschland ist ein wichtiger Markt für uns, wir werden fossile Brennstoffe hinter uns lassen und in klimafreundliche Heizsysteme und Erneuerbare investieren.“
An diesem Wochenende wollen Atom-KritikerInnen zehn Jahre nach Beginn der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima an die Gefahren der Atomenergie-Nutzung erinnern. In Berlin veranstalten lokale Initiativen eine Demonstration am Samstag, dem 6. März, am AKW Neckarwestheim bei Stuttgart am 7. März. In etwa 20 Städten sind Mahnwachen geplant.
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