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Entlastungspaket für BerlinTaktische Unschärfe

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Das Entlastungspaket der Koalition bleibt in den Details unkonkret. Frustrierend – aber richtig, wenn man den Bund unter Druck setzen will.

Ein Licht in der Dunkelheit der Energiekrise wäre für viele Menschen ein Energiepreisdeckel Foto: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

D ie Regierende Bürgermeisterin sah sich am Donnerstag dann doch noch mal genötigt, ein paar grundsätzliche Worte loszuwerden. „Das ist ein Gesamtkonzept, das es so noch in keinem anderen Bundesland gibt“, sagte Franziska Giffey (SPD) zum diese Woche im Senat beschlossenen Berliner Entlastungspaket in der Energiekrise. „Berlin ist hier Vorreiter.“

So. Das wäre gesagt. Tatsächlich sind die Maßnahmen, die am Montag zunächst im rot-grün-roten Koalitionsausschuss geeint und dann am Dienstag im Senat verabschiedet wurden, recht detailliert: Ein Energiekostenzuschuss und ein Stromrabatt für Menschen mit wenig Geld soll kommen. Der Wirtschaft wird mit Darlehen und einer „Energiekostensoforthilfe“ über den Winter geholfen. Kitas können 300 Euro pro Platz mehr abrechnen. Und so weiter.

Dass sich Giffey am Donnerstag im Parlament trotzdem in der Defensive wiederfand mit ihrem mindestens 800 Millionen Euro teuren Geschenk – billiger soll das Berliner Entlastungspaket nicht werden – liegt natürlich daran: Es ist nicht so ganz klar, was am Ende von den vielen Versprechen bleibt.

Die meisten Entlastungsmaßnahmen stehen im Detail noch gar nicht fest. Etwa, wer überhaupt qualifiziert sein wird, einen Energiekostenzuschuss zu beantragen. Der Härtefallfonds für diejenigen, die – trotz Zuschuss und Stromrabatt – nicht mehr wissen, wie sie ihre Abschläge bezahlen sollen, soll nur kommen, wenn der Bund sich partout nicht zu einem Energiepreisdeckel durchringen mag.

Die Rezession gewinnt als Schreckgespenst am Horizont der Berliner Wirtschaft rasch an Kontur.

Diese andauernde Unschärfe der Landespolitik im Angesicht der Krise mag ein bisschen frustrierend sein. Sie ist aber gerade die richtige Taktik, um der Ampel-Koalition im Bund endlich ein bisschen Feuer unter dem Hintern zu machen, sich ihrerseits nicht nur zu Einmalzahlungen á la 300 Euro für Rent­ne­r*in­nen hinreißen zu lassen. Vielmehr muss sie grundsätzlich zur „Wurzel des Übels“ vorstoßen, sprich den hohen Energiepreisen. Die lähmen die Kauflust der Leute. 300 Euro Einmalzahlung helfen da gar nichts, und die Rezession gewinnt als Schreckgespenst am Horizont der Berliner Wirtschaft rasch an Kontur.

Der Energiepreisdeckel muss her

Ein breit angelegter Energiepreisdeckel muss also her. In Berlin fordert den, in einem seltenen Anfall von Krisen-Pragmatismus mit der Linken und der SPD vereint, sogar die CDU. Doch um ihn finanzieren zu können, müsste der Bund die Schuldenbremse aussetzen. Das will FDP-Finanziminister Christian Lindner nicht.

Lieber hält Lindner an der Gasumlage fest, die allerdings – zumal wenn Gasunternehmen wie Uniper verstaatlicht werden – zunehmend den Charakter einer Steuer bekommt. Die Last läge also wieder bei den Bür­ge­r*in­nen und nicht bei den Energiekonzernen, die immer noch teils hohe Gewinne machen in der Krise.

„Rechtlich zweifelhaft und politisch falsch“, nannte der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh die Gasumlage. Während also die SPD gerade fleißig Opposition gegen die mitregierenden Ge­nos­s*in­nen im Bund betreibt, bleiben die Berliner Grünen leise. Dabei scheint Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Gasumlage auch lieber wieder weghaben zu wollen – er habe erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel, ließ er sich zitieren. Finanzminister Linder mag die freilich nicht erkennen.

Am kommenden Mittwoch entscheidet sich auf der Ministerpräsidentenkonferenz, ob die Länder – auch NRW und Bayern wollen sich der Schuldenbremse entledigen – so viel Druck machen können, dass die FDP ihre Blockadehaltung aufgeben muss. Damit läge der Ball wieder beim Berliner Senat. Und dann müsste man endlich konkret werden bei den Entlastungs-Versprechen.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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2 Kommentare

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  • Wenn wir die Umwelt schonen wollen, den CO2- Verbrauch senken, dann kann Energie nicht teuer genug sein. Öl, Gas und andere fossile Brennstoffe sind immer noch viel zu billig. Wenn ein es eine Zumutung ist, die Temperatur in einer Wohnung auf 18 Grad zu senken, dann ist die Energiekrise noch nicht bei den Bürgern angekommen. Warum war es normal, bis in die 60 er Jahre, die Wohnung mit dem Küchenherd und 1 Ofen zu heizen? Es gab eine Lampe im Zimmer über dem Esstisch und eventuell eine Schreibtischlampe, 1 Radio. Man kann drohendes Elend auch herbei schreiben, aber es dreht sich nur um Konsumverzicht.

  • Wer nicht ständig neuen (berechtigten) Anforderungen hinterher laufen will, kommt an einer Kommunalisierung der `Versorger` nicht vorbei. Und das wäre eine Aufgabe eines Wirtschaftsressorts, das mit Fachleuten und nicht mit unbeleckten Luschen (`sie arbeiten Tag und Nacht`) besetzt ist. Wann kommt endlich wieder Kompetenz statt Schauspiel in die Politik ?