Enteignungs-Kommission in Berlin: Sabotage für Fortgeschrittene
Kommissionschefin Däubler-Gmelin hält sich nicht an Vorgaben: Das Gremium soll nicht öffentlich tagen und über Mietenprobleme statt Enteignung reden.
In der Kritik steht insbesondere die Vorsitzende und ehemalige SPD-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. Das Gremium sollte nach dem erfolgreichen Volksentscheid für die Vergesellschaftung von privaten Wohnungskonzernen über die Machbarkeit und mögliche Umsetzung beraten.
Laut einem von Däubler-Gmelin vorgelegten Entwurf der Geschäftsordnung soll die Kommission ihre monatlichen Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit abhalten. Ausnahmen soll es nur bei Anhörungen wie der kommenden Sitzung geben oder wenn die Mehrheit der Mitglieder dies für eine einzelne Sitzung beschließt. Der Mehrheitswille der Berliner:innen soll demnach grundsätzlich wie eine Geheimsache behandelt werden, statt in größtmöglicher Transparenz.
Bei ihrer konstituierenden Sitzung Ende April war es nach taz-Informationen unter den zwölf Kommissionsmitgliedern zum Streit über die Geschäftsordnung gekommen. Am Ende setzten sich, ohne förmlichen Beschluss, die Vorsitzende und die Mitglieder durch, die Treffen nicht öffentlich abhalten wollen. Ebenso wurde das Begehren der Initiative, zumindest ohne Rederecht an den Treffen teilnehmen zu dürfen, abgelehnt.
Niklas Schenker, Linke
Das geplante Vorgehen verstößt damit gegen den Einsetzungsbeschluss des Senats. Darin hieß es: „Die Kommission gestaltet ihre Arbeit im Grundsatz öffentlich, damit die Prozesse transparent sind und die Ergebnisse hohe öffentliche Akzeptanz finden können.“ Laut Stephan Junker, Pressesprecher des Volksbegehrens, wird dieser vereinbarte Grundsatz nun „ins Gegenteil verkehrt“.
Junker kritisiert zudem, dass die Geschäftsstelle der Kommission der Initiative Sitzungsunterlagen vorenthalte, wohl auf Weisung Däubler-Gmelins. Dabei sind im Senatsbeschluss ihre „Informationsinteressen“ festgehalten. Niklas Schenker, mietenpolitischer Sprecher der Linken, spricht von einer „Missachtung des Senatsbeschlusses“. Die Festlegung auf nichtöffentliche Sitzungen würden diesen „überdehnen“.
Däubler-Gmelin will mitstimmen
Doch die Probleme sind noch größer: Däubler-Gmelin soll in mehreren Gesprächen unter anderem mit der Initiative angekündigt haben, von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen zu wollen. Dabei war die politische Verabredung eine andere: Die Kommission wurde zwischen den Parteien und der Initiative viertelparitätisch besetzt.
Wenn Däubler-Gmelin nicht wie vereinbart nur Vorsitzende ist, die „gerecht und unparteiisch“ leitet, sondern sich selbst an Abstimmungen beteiligt, stellen die drei vom Volksbegehren ernannten Mitglieder weniger als die versprochenen 25 Prozent; auch drohen Mehrheitsverhältnisse zugunsten jener Expert:innen zu kippen, die Vergesellschaftung wenig aufgeschlossen gegenüberstehen.
Das tut ganz offensichtlich auch die Vorsitzende selbst. Mehrmals habe diese betont, so berichten es Junker und Schenker, vor allem auch über Alternativen zur Vergesellschaftung diskutieren zu wollen. Dass in der nächsten Sitzung eine allgemeine Anhörung zum Wohnungsmarkt geplant ist, zu dem auch das der Immobilienlobby zuzurechnende Forschungsinstitut Empirica geladen ist, befeuert diese Angst auch unter Kommissionsmitgliedern. Junker sagt: „Däubler-Gmelin hat ihre Rolle noch nicht gefunden.“
Noch deutlicher wird Niklas Schenker: „Es kann nicht sein, dass die Kommission, erst recht nicht eine einzelne Vorsitzende, von den politisch festgelegten Rahmenbedingungen für die Kommissionsarbeit abweicht.“ Die Punkte, die gegen den Koalitionsbeschluss verstießen, müssten noch vor der nächsten Sitzung geklärt werden. Gespräche dazu liefen schon, so Schenker, gleichwohl müsse nun Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) einschreiten.
Ob jedoch Geisel, der selbst keinen Grund für Vergesellschaftungen sieht, seine Parteigenossin an den Auftrag der Kommission erinnert, ist fraglich: Auf Anfrage erklärte sein Sprecher, „über ihre Arbeitsweise und die Geschäftsordnung entscheidet die Kommission eigenständig und unabhängig“. Von Seiten des Senats sei dies „nicht zu bewerten“. Herta Däubler-Gmelin hat Fragen der taz aus Termingründen nicht beantwortet.
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