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Enteignung von ImmobilienfirmenNervöses Kapital

Erstmals trafen der Konzernboss der Deutsche Wohnen und ein Vertreter der Enteignungs-Initiative aufeinander. Es kam zum heftigen Schlagabtausch.

Idylle war gestern: Um das Recht auf Wohnen wird gerungen Foto: ap

Berlin taz | Über das Kapital heißt es, es sei scheu wie ein Reh. Sind die Geschäfte noch so schmutzig, die Profiteure mögen es behaglich. Fast darf es also als mutig betrachtet werden, dass auf die Konferenz der Immobilienverbände und Thinktanks ReCon am Mittwochabend am Potsdamer Platz in Berlin jemand wie Rouzbeh Taheri eingeladen war, einer der Initiatoren des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.

In geschützter Atmosphäre vor etwa 300 Wirtschaftsanwälten und anderen Anzugträgern im Publikum und durch zwei weitere Podiumsgäste getrennt, wagte sich der Chef der Deutsche Wohnen Michael Zahn zum ersten direkten Streitgespräch mit Taheri auf die Bühne. Und doch war er nervös, wie wohl die ganze Branche. Das „Agenda Setting hat die Immobilienbranche bereits verloren“, hatte der Eröffnungsredner Christian Schulz-Wulkow, Leiter des Immobiliensektors von Ernst & Young, gesagt: Bundesweit werde über Enteignungen geredet.

Auch das Sicherheitslevel im und um den Atrium Tower spiegelte diese Nervosität wider. Eine Hundertschaft Polizei hatte sich rings um den Potsdamer Platz verteilt; wer hineinwollte, musste durch Schleusen wie am Flughafen. Die Angst vor den Mietern der Stadt, die noch am vergangenen Wochenende zu Zehntausenden auf die Straße gegangen waren, scheint groß – war aber unbegründet.

Zahn reagierte von Beginn an gereizt auf seinen Konkurrenten, bezeichnete ihn wiederholt als „ideologisch“, „aggressiv“ und „laut“. Seine Ausführungen gipfelten in der trotzigen Aussage: „Herr Taheri, wir lassen uns nicht enteignen und werden nicht enteignet.“ Die Erwiderung kam prompt: „Das entscheiden die Berliner.“

Beidseitiger Angriffsmodus

Auch Taheri, der nach eigener Aussage nicht gekommen war, um zu überzeugen, sondern um der Immobilienlobby „die Wahrheit zu sagen“, ließ kein Bedürfnis nach Harmonie erkennen. „Wenn Sie so weitermachen, wird in fünf Jahren die Enteignung Ihr kleinstes Problem sein“, giftete er seinen Gegenüber an.

Das Berliner Volksbegehren

Das am vergangenen Wochenende in Berlin gestartete Volksbegehren zur Enteignung großer privater Wohnungsunternehmen hat wohl bereits die benötigte Zahl an Unterstützern erzielt. "Wir gehen davon aus, dass wir höchstwahrscheinlich schon 20.000 gültige Unterschriften gesammelt haben", sagte der Sprecher der Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen", Roubez Taheri, am Donnerstag. Damit hätte die Initiative in weniger als einer Woche die notwendige Zahl der Unterstützer zusammen. Für den Antrag eines Volksbegehrens müssten eigentlich 20.000 gültige Unterschriften innerhalb von sechs Monaten gesammelt werden.

Forderungen der Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" sind unter anderem, private Wohnungsgesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, nach Artikel 15 Grundgesetz zu enteignen. Ihre Bestände sollen in Gemeineigentum überführt werden und die betroffenen Unternehmen "deutlich unter Marktwert entschädigt werden". Ziel des Volksbegehrens ist ein Rekommunalisierungsgesetz. Am vergangenen Wochenende gab es bundesweit in zahlreichen Städten Demonstrationen gegen explodierende Mieten. (epd)

Der Deutschen Wohnen warf er vor, nach der Übernahme der ehemals kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GSW 2013 mit „Arroganz in die Stadt eingefallen zu sein“. Der Konzern habe die Gesprächsgesuche von MieterInnen, Politik und Öffentlichkeit über Jahre hinweg ignoriert. Das Volksbegehren sei eine Folge dieser fehlgeschlagener Bemühungen, in einen konstruktiven Dialog zu treten.

Zahn erwiderte, dass Probleme nicht durch „Ideologie“ zu lösen seien, und verwies auf zahlreiche Mieterversammlungen und Vereinbarungen mit Bezirken, die der Konzern abgeschlossen habe. Auch sei die durchschnittliche Mieterhöhung von sechs Prozent in den vergangenen sechs Jahren das Gegenteil einer aggressiven Mietenpolitik. Einen „Mietenwahnsinn“ erkenne er nicht, dafür einen „Medienwahnsinn“. Das eigentliche Problem sei ein mit der Linken-Senatorin Katrin Lompscher „ideologisch besetztes“ Stadtentwicklungsressort, das den notwendigen Neubau verhindere.

Es war an Taheri, Zahn daran zu erinnern, dass die Deutsche Wohnen in Berlin bislang überhaupt keine Wohnungen gebaut habe. Das Unternehmen sei kein Wohnungsbaukonzern, sondern ein Spekulationskonzern, der Wohnungen kauft, „um die Preise in die Höhe zu treiben“. Was die Enteignung bringe, wenn doch keine neuen Wohnungen, wurde er gefragt. Taheri antwortete: „Eine halbe Million Menschen kann nachts besser schlafen.“

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12 Kommentare

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  • Nein kein Rückkauf, sondern Enteignung, also Sozialisierung und Übergabe in eine demokratische Verwaltung.

  • Schon faszinierend, wie von Enteignung gesprochen wird, obwohl es kein Enteignung gibt:

    Tatsache ist: Die Entschädigungspflicht sorgt dafür, daß diese 'Enteignung' gar keine ist, sondern höchstens eine Umeignung. Wirtschaftlich entsteht gar kein Schaden!

    Die Stadt zahlt das Geld, das sie vorher erhalten hat, mit Zinsen zurück und erhält die Wohnungen, die sie vorher schon hatte, und die Wohnungsgesellschaft erhält so dieses Geld verzinst zurück, womit sie zusätzlichen Wohnraum schaffen könnte.

    Also, wo ist das Problem und wozu diese Hysterie?

    • @Unvernunft:

      "Wirtschaftlich entsteht gar kein Schaden!"

      Doch natürlich... BWLer denken kranker als der Durchschnittsmensch: der Investor sagt sich ich könnte über 100 Jahre X Millionen Euro abzocken, jetzt mache ich 500.000 Gewinn durch Wertsteigerung... macht (X minus 500.000€) Verlust!!! Enteignung!

  • Die Argumentationskette der Spekulanten verläuft reflexartig immer gleich.



    Wenn ihr dieses und jenes macht, oder gar enteignet, schreckt ihr potentielle Kapitalgeber vom Bau neuer Wohnungen ab; bla-bla-bla!

    Die Wahrheit ist doch aber vielmehr, dass diese potentiellen Kapitalgeber seit mindestens 30 Jahren neoliberale Verhältnisse längst vorfinden, und trotz dieser spekulantenfreundlichen und mieterunfreundlichen Politik und Rechtslage nicht genügend Wohnungen gebaut haben; und wenn überhaupt, dann nur im Hochpreissektor.

    Gesetz und Politik müssen dazu übergehen, sowohl betreffend bestehendem Mietbestand, also auch neu zu schaffendem, eine Proportsquote einzuführen, dass nur derjenige Bauland bekommt und/oder bauen darf, der 1) sofort nach Erhalt der Baugenehmigung auch wirklich baut (= gegen Grundstückspekulanten), und 2) von allen Mietwohnungen, maximal 1/5 im Hochpreissektor, 1/3 im "marktgerechten" Sektor und den Rest im geförderten und/oder mietpreisgebundenen Sektor bauen muss. Wer dies nicht einhält und/oder versucht zu umgehen, muss sehr hohe Geldstrafen entrichten, plus ggf. Gefängnis.

    Da Deutschland ein wirtschaftlich und sicherheitsbezogen stabiles und sicheres Land ist, wird das Kapital ganz sicher auch bei solch einer Gesetzeslage keine großen Bogen um Deutschland machen. Dafür sind die Wachstumserwartungen der Spekulanten in Deutschland einfach viel zu groß!

    • @tazeline:

      Das Kapital wird vielleicht keinen Bogen um Deutschland, wohl aber um Investitionen in Immobilien in Deutschland machen.

    • @tazeline:

      Leider zielt Ihr Vorschlag nur gegen die Spekulanten, damit wird die Situation nicht verbessert. Bauherren brauchen Sicherheit und keine Drohungen.



      Wie diese wirren Enteignungsphantasien beurteilt werden, sehen Sie an den Reaktionen auf die Habeck-Forderung, der Mann steht auch innerhalb seiner Partei isoliert da. Welche Partei soll/will denn Ihre Forderungen durchsetzen?

      • @schoenerrhein:

        die echten Linken!

        • @danny schneider:

          Yep, die echten Linken hatten ja schon mal ein Wohnungsbauprogramm. Damals, als die Innenstädte verrotteten bei den echten Linken.

          • @Wellmann Juergen:

            Genau,... da hat sich ja auch in den letzten 30,40 Jahren rein gar nichts geändert...

            • @danny schneider:

              Daran hat sich seit genau 29 Jahren etwas geändert.

  • Am Besten, sofort alle Eigentümer von mehr als einer Wohnung enteignen. Und das Tempelhofer Feld schützen. Und die Kleingärten bewahren! Dann wird in Berlin sicher so viel gebaut, daß alle Mieter eine preisgünstige Wohnung finden!

  • die Immobilienfirmen könnten das alles sehr schnell befrieden... immer brav die Mietsteigerungen unter den Lohnzuwächsen minus der Inflation belassen und es herrscht Frieden...