Energiewende kommt voran: So viele Solarzellen wie noch nie
Der Ausbau der Photovoltaik boomt. Damit das so bleibt, muss die Bundesregierung weitere Maßnahmen ergreifen, fordern Branche und Umweltschützer.
Solarstrom ist wichtig für die Wende weg von fossilen Energien zu klimafreundlichen. Bis zum Jahr 2030 sollen nach dem Willen der Bundesregierung 80 Prozent des benötigten Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen. Insgesamt sollen dann 25 Prozent des Strombedarfs aus Solarenergie stammen. Im Jahr 2023 wurden bereits rund 53,6 Millionen Megawattstunden Strom aus Photovoltaikanlagen ins Netz eingebracht. „Damit entfielen 11,9 Prozent des eingespeisten Stroms in Deutschland auf Photovoltaik – ein neuer Höchstwert“, berichtete das Statistische Bundesamt. Im Jahr 2022 waren es 10,6 Prozent gewesen.
Auch 2024 geht der Boom weiter. Nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft stiegt die installierte Leistung der Photovoltaikanlagen in den ersten sechs Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25 Prozent. Wachstumstreiber waren vor allem der Bau von Anlagen auf Freiflächen und auf Firmendächern. „Gestiegen ist die Investitionsbereitschaft zuletzt vor allem bei Unternehmen, die ihre Firmendächer mithilfe der Solarenergie elektrifizieren wollen, aber auch bei Privathaushalten ist sie grundsätzlich weiter hoch“, sagte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands.
Im sogenannten Heimsegment, also Anlagen auf Privathäusern, ist die Nachfrage in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um rund 5 Prozent gesunken. Allerdings hatte sich die auf Eigenheimen installierte Leistung in den fünf Jahren zuvor verzehnfacht. Damit die Ziele der Bundesregierung erreicht werden, sei eine verlässliche Förderung erforderlich, so der Bundesverband Solarwirtschaft. Außerdem müssten noch bestehende Barrieren beim Zugang zum Netz beseitigt werden.
Preise für Module sind gefallen
Trotz des Booms ist die Produktion von Solarmodulen in Deutschland stark gesunken. In den ersten drei Monaten 2024 wurden mit 495.600 Stück 52,8 Prozent weniger Solarmodule hergestellt als im 1. Quartal des Vorjahres. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Die Hersteller hierzulande leiden unter der chinesischen Konkurrenz, die den Markt mit Billigangeboten flutet. Die Unternehmen hatten deshalb von der Bundesregierung Hilfen gefordert. Nachdem klar ist, dass es die nicht geben wird, haben etliche die Produktion in Deutschland eingestellt.
Allerdings ist auch der Wert der eingeführten Solarzellen und Photovoltaikmodule gesunken. Der Bundesverband Solarwirtschaft erklärt das zum einen mit vollen Lagern. Nach dem Ende der Coronakrise hätten viele Händler:innen ihre Lager sehr gut gefüllt, um Lieferengpässe zu vermeiden. Deshalb können sie die Nachfrage noch bedienen, ohne weitere Ware importieren zu müssen. „Andererseits sind die Preise der PV-Module in den vergangenen Monaten weiter gefallen“, sagte Hauptgeschäftsführer Körnig. „Der Wert der importierten Anlagen hat daher nur wenig Aussagekraft auf die tatsächliche Entwicklung der neu installierten Photovoltaikleistung.“
Eine konkrete Prognose für das Gesamtjahr 2024 möchte er nicht abgeben. „Wir gehen aber davon aus, dass wir auch in diesem Jahr die Ausbauziele der Bundesregierung übertreffen“, sagte er.
Der Naturschutzbund Nabu begrüßt den Ausbau der Solarenergie, verlangt aber weitere Maßnahmen der Bundesregierung. Der Boom bedeute nicht, dass sich die Entwicklung von selbst fortsetze, warnte Rebekka Blessenohl, Energieexpertin des Nabu. „Es gibt noch genug Baustellen.“ Der Nabu fordert unter anderem die Einführung eines Solardachstandards, der mindestens eine Pflicht für eine Photovoltaikanlage auf gewerblichen und öffentlichen Dächern vorsieht. „Der Staat muss seine Vorbildfunktion verfestigen“, sagte Blessenohl. Perspektivisch solle so eine Pflicht für alle Dächer gelten.
Außerdem dürfe der Staat die Akzeptanz für die Solarenergie nicht gefährden. Aktuell bestehe diese Gefahr bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie, mit der Genehmigungen vereinfacht werden sollen. Ein Teil davon ist die Abschaffung von Umweltprüfungen – und damit der Beteiligung von Bürger:innen an dem Verfahren. „Die öffentliche Beteiligung darf nicht wegfallen“, so Blessenohl. Wenn Bürger:innen keinen Einfluss auf Projekte nehmen können, lehnen sie sie eher ab, fürchtet die Energieexpertin.
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