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Energiepartnerschaft mit NachbarlandRegierung will dänischen Wasserstoff

Über eine neue Pipeline soll der Energieträger von Dänemark nach Schleswig-Holstein kommen. Der Lieferstart ist für 2028 geplant.

Robert Habeck und und Lars Aagaard bei der Unterzeichnung der Kooperationserklärung Foto: reuters

Kopenhagen dpa | Deutschland und Dänemark haben eine engere Zusammenarbeit in der Energiepolitik vereinbart. Dabei geht es vor allem um den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterzeichnete am Freitag in Kopenhagen zusammen mit dem dänischen Klimaminister Lars Aagaard eine entsprechende Erklärung. Ziel ist es, bis 2028 eine Wasserstoff-Pipeline von West-Dänemark nach Schleswig-Holstein zu bauen.

„Grüner“ Wasserstoff, der auf der Basis erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne hergestellt wird, soll eine Schlüsselrolle spielen beim klimafreundlichen Umbau von Produktionsprozessen in der Industrie. Deutschland will selbst viel „grünen“ Wasserstoff herstellen, muss aber auch große Mengen importieren, wie Habeck deutlich machte.

Neben Dänemark will Deutschland dabei auch mit anderen Ländern eng zusammenarbeiten. So hatte Habeck in Oslo vereinbart, dass bis 2030 die Infrastruktur für einen großangelegten Import von Wasserstoff von Norwegen nach Deutschland entstehen soll. Dort geht es allerdings um sogenannten „blauen“ Wasserstoff, der aus Erdgas gewonnen wird.

Aagaard sagte, Dänemark habe großes Potenzial, um viel Wasserstoff zu produzieren. Habeck sagte, die Vereinbarung zum Wasserstoff sei ein wichtiger Schritt, um die Energiesysteme miteinander zu verbinden. Deutschland habe eine „energiehungrige Industrie“. Der Grünen-Politiker verwies auch auf eine enge Zusammenarbeit beim Ausbau von Windrädern auf See.

Habeck bekräftigt Heizungspläne

Habeck besichtigte auch den Leitstand für das Kopenhagener Fernwärmenetz. Bei der in Deutschland gerade so heftig debattieren Wärmewende mit dem Abschied von fossilen Heizungen gilt Dänemark als Vorbild. In Deutschland müsse jedes Gebäude einzeln betrachtet werden, sagte der Minister. In Dänemark hingen 75 Prozent aller Gebäude an einem System.

„Dänemark ist bei Energiewende und Klimaschutz ein Land zum Hingucken und Abgucken“, sagte Habeck dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag. Der Einbau von neuen Öl- und Erdgasheizungen sei seit Jahren nicht mehr möglich. „Die Debatten, die wir hier zum Teil in großer Schärfe führen, haben andere längst – und zwar erfolgreich – entschieden.“ Deutschland müsse beim Ausbau der Wärmenetze, der kommunalen Wärmeplanung und der Umstellung auf Erneuerbare Heizsysteme aufholen.

Genau das soll nun passieren. Ab 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das hatte die Ampel-Koalition zwar bereits vor einem Jahr im Kern vereinbart. Über einen ersten Gesetzentwurf aus dem Wirtschafts- und dem Bauministerium zu den Details aber ist ein heftiger Streit ausgebrochen.

Habeck betonte in Kopenhagen die Bedeutung einer sozialen Staffelung bei der geplanten milliardenschweren zusätzlichen Förderung des Heizungsaustauschs. Junge Familien, die wenig Geld hätten, und Rentner, die eine knappe Rente hätten, müsse man anders unterstützen als den „Millionär, der schon drei Villen hat“.

Kurz vor dem mit großer Spannung erwarteten Treffen der Koalitionsspitzen am Sonntag, bei dem verschiedene Konflikte abgeräumt werden sollen, ist der zweitägige Abstecher für Habeck fast ein Heimspiel und ein Besuch bei Freunden – der Minister lebt in Flensburg. Das wird immer wieder sichtbar. Habeck ist gut gelaunt. Er schwärmt vom Lebensgefühl im deutsch-dänischen Grenzraum, von der guten Nachbarschaft und von den vielen dänischen Spielern beim Handballverein SG Flensburg-Handewitt.

Die Streitigkeiten in der Koalition aber sind nicht weit weg. Vor dänischen Industrievertretern witzelte Habeck am Donnerstagabend, er habe länger nicht auf sein Handy geschaut, aber vermutlich viele Nachrichten – die Lage in Berlin sei gerade ein wenig angespannt.

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8 Kommentare

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  • „Dänemark ist bei Energiewende und Klimaschutz ein Land zum Hingucken und Abgucken“, sagte Habeck dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag.

    Nicht nur das, Dänemark hat auch ein um 20% höheres Medianeinkommen. Da finanziert sich der Klimaschutz dann halt doch einfacher.

    Oder, Herr Wirtschaftsminister?

    • @Nafets Rehcsif:

      Dänemark hat auch eine Luxussteuer. Das Gejammere möchte ich hören das ausbricht, wenn der Staat die Preise für SUV‘s um 85% anhebt.

      Oder, Herr Fischer?

      • @Grenzgänger:

        Und die SUV-Steuer hat jetzt was genau mit den Einkommen zu tun?

        • @Nafets Rehcsif:

          „ Durch die Tarifverträge ist den dänischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in der am schlechtesten bezahlten Branche ein Gehalt von mindestens 117 dänischen Kronen zugesichert. Das entspricht ungefähr 15,70 Euro und ist somit deutlich höher als der deutsche gesetzliche Mindestlohn. Allerdings sagt das noch nicht wirklich viel über den tatsächlichen Wert des Gehalts aus. Dafür müssen ebenfalls die Lebenshaltungskosten in Betracht gezogen werden. Kopenhagen gilt als eine der teuersten Städte der Welt. Selbst Studierende sollten dort mit monatlichen Ausgaben zwischen 1.200 bis 1.800 Euro rechnen. Kleinere Städte sind dagegen deutlich preiswerter. Im Durchschnitt sind die Lebenshaltungskosten in Dänemark ungefähr 25 bis 30 Prozent höher als in Deutschland. Somit wird das ungefähr 25 Prozent höhere Gehalt wieder ausgeglichen.“

          Quelle: www.gehaltsverglei...r-laendervergleich

          Beste Grüsse aus der deutsch-dänischen Grenzregion!

    • @Nafets Rehcsif:

      Nicht nur das:



      Alle Dänen bekommen 1600 EUR Grundrente, unabhängig vom vorherigen Einkommen.



      Allein das ist schon 40% mehr als der typische deutsche Renter hat.

      Und dann kommt noch die Zwangsbetriebsrente obendrauf...

      Dafür dürfen wir aber neue Öl- und Gasheizungen einbauen - man muss eben Prioritäten setzen.

      • @Limonadengrundstoff:

        der Faktencheck:

        "Rente: Die Altersversorgung ist in Dänemark in erster Linie durch eine staatliche Rente gesichert. Das Renteneintrittsalter richtet sich dabei nach dem Geburtsjahr. Aktuell gilt für alle, die 1967 oder später geboren wurden, ein Eintrittsalter von 69. Alternativen zur staatlichen Rente sind eine private Altersvorsorge oder eine Pension, die über den Arbeitsvertrag geregelt ist. Den Mindestsatz von rund 900 Euro bekommen alle ausgezahlt. Die Summe kann durch Boni, aber auf bis zu 1.800 Euro steigen, abhängig von Nebeneinkünften aus Zinsen oder anderen Altersvorsorgen. Es spielt ebenfalls eine Rolle, ob die Personen in einer Partnerschaft leben oder den Haushalt alleine bestreiten."

        Quelle: www.gehaltsverglei...r-laendervergleich

      • @Limonadengrundstoff:

        > Alle Dänen bekommen 1600 EUR Grundrente, unabhängig vom vorherigen Einkommen.

        Interessant. Sie wissen schon auch, dass in Dänemark 25% Mehrwertsteuer (Moms) bezahlt wird und eine Luxussteuer von 85%-150% auf Kfz, die keine Kleinwagen sind erhoben wird und dass in Dänemark 75% aller Gebäude per Fernwärme beheizt werden?

        Ich entnehme Ihrem Hinweis Zustimmung zum Weg, der unserem Wirtschaftsminister vorschwebt. Dann sind wir schon zu zweit! :-)

  • Nix ist grün, Wasserstoff ist farblos! Hohe Energieverluste, aber deutlich effizienter in der Nutzung als E-Fuels, selbst, wenn Wasserstoff für thermische Energiebereitstellungen genutzt werden würde.

    Der Wirtschaftsminister hat aber Recht, denn DK ist uns in der Umsetzung vieler Neuerungen weit voraus.