Energie aus Wind und Wasser: Auf die Kombi kommt es an
Im württembergischen Gaildorf stehen nun Windräder mit angebundenem Wasserpumpspeicher. Taugt das für den Weltmarkt?
Schon vom Weitem fällt ihre Höhe auf: In Gaildorf im württembergischen Landkreis Schwäbisch Hall sind seit Dezember die höchsten Windkraftanlagen der Welt am Netz. Spektakulärer als die Dimension der Bauten ist allerdings der Grund für ihre Höhe: Die Anlagen stehen jeweils auf einem 40 Meter hohen Wassertank aus Beton, der als Oberbecken eines Pumpspeicherkraftwerks dient. So will die Betreiberfirma Naturspeicher GmbH, die zur Firmengruppe Max Bögl gehört, künftig dem Stromnetz Flexibilität liefern.
Die vier Windkraftanlagen auf den Limpurger Bergen haben Nabenhöhen von 155 bis 178 Meter. Bei einem Rotordurchmesser von 137 Metern reichen die Blattspitzen bis auf 246,5 Meter empor. Zusammen kommen die Anlagen auf eine Nennleistung von 13,6 Megawatt.
Was die Windtürme so besonders macht, ist ihre Kombination mit dem Pumpspeicherkraftwerk, das derzeit noch im Bau ist. Es soll ab Ende 2018 bei Stromüberschuss Wasser aus einem See am Rande des Flusses Kocher 200 Meter hochpumpen in die Fundamente der Windräder, um es zu einem späteren Zeitpunkt wieder verstromen zu können. 78 Prozent es eingesetzten Stroms werde man dabei wieder zurückgewinnen, sagt Alexander Schechner, Geschäftsführer der Firma Naturspeicher.
Schnell reagieren auf die Bedürfnisse des Netzes
Bei einer Leistung der Wasserturbinen von 16 Megawatt und einer Kapazität der Speicher von 70 Megawattstunden reichen volle Wassertanks für gut vier Stunden. Die Anlage kann damit flott auf die Bedürfnisse des Netzes reagieren: „Binnen 30 Sekunden können wir zwischen Pumpbetrieb und Stromerzeugung wechseln“, sagt Ingenieur Schechner, der früher bei der Wasserkraftfirma Voith Hydro tätig war und selbst in Gaildorf ein historisches Wasserkraftwerk betreibt.
Das bayerische Bauunternehmen Max Bögl, das den Speicher aus Beton entwickelt hat, hofft mit dem Pilotprojekt auf einen internationalen Markt für diese auch als „Wasserbatterie“ bezeichnete Technik. Da alle Komponenten salzwasserfest seien, könne man auch Meerwasser an Steilküsten emporpumpen.
75 Millionen Euro wird das Projekt in Gaildorf bis zur Vollendung kosten, davon bezahlt das Bundesumweltministerium 7,15 Millionen aus dem Umweltinnovationsprogramm. Fast zwei Drittel der Gesamtkosten entfallen auf das Speicherkonzept. Dieses werde in Zukunft für etwa die Hälfte des Preises realisierbar sein, ist die Firma überzeugt. Sie geht davon aus, dass Investitionskosten von 300 bis 400 Euro pro speicherbarer Kilowattstunde erreichbar sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“