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Ende des BahnstreiksVorerst kein neuer Ausstand geplant

GDL-Chef Weselsky zeigt sich erfreut über das Resultat des Streiks. Ein neuer sei aber nicht in Sicht. Reisende müssen zunächst dennoch weiter mit Verzögerungen rechnen.

Fahren wieder: die Züge der Deutschen Bahn. Bild: dpa

BERLIN dpa | Nach einer Woche ist der bisher längste Streik der Lokführergewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn am Sonntagmorgen (9.00 Uhr) zu Ende. Nach Angaben des Unternehmens wird es aber noch eine Weile dauern, bis der bundesweite Zugverkehr wieder normal rollt. Am Sonntag bleibt daher noch vor allem im Fernverkehr ein Ersatzfahrplan in Kraft. „Im Laufe des Sonntagnachmittags soll bereits ein Großteil der Züge wieder regulär fahren“, betonte die Bahn in ihrem Verkehrskonzept. Mancherorts sei allerdings auch am Montag noch vereinzelt mit Zugausfällen und Verzögerungen zu rechnen.

Vorerst ist nicht mit weiteren Streiks zu rechnen. „Das Land und die Bahnkunden haben jetzt eine Pause verdient – und die Bahn eine Nachdenkpause zum Reagieren“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er wollte die Dauer der „Pause“ nicht eingrenzen, versicherte aber, dass es momentan keine Pläne für einen neuen Ausstand gebe.

Zuvor resümierte Weselsky in der Saarbrücker Zeitung, die mittlerweile achte Arbeitsniederlegung im laufenden Tarifkonflikt sei ein „absoluter Erfolg“ gewesen. Die Passagiere hätten viel Verständnis für die Positionen der Gewerkschaft aufgebracht. Bahnchef Rüdiger Grube wollte dem Vernehmen nach hinter den Kulissen nach neuen Lösungsmöglichkeiten in dem Streit suchen. Spitzenpolitiker aus CDU und SPD sowie Wirtschaftsverbände kritisierten das Vorgehen der GDL scharf.

Der Ausstand hatte im Güterverkehr am Montag und im Personenverkehr am Dienstag begonnen. Vor allem in Ostdeutschland, wo die Lokführergewerkschaft GDL stärker organisiert ist, rollten nur etwa 15 Prozent der Züge. Im Westen waren es bis zu zwei Drittel. In Ballungszentren war zudem der S-Bahn-Verkehr betroffen. Die GDL will in dem seit Monaten stockenden Tarifkonflikt für alle Berufsgruppen des Zugpersonals eigene Tarifverträge erstreiten.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warf Weselsky in der Neuen Passauer Presse vor, das Streikrecht aus „persönlichen Machtinteressen“ zu missbrauchen. Sein Unionskollege Volker Kauder (CDU) warnte im SWR2 wie zuvor bereits Wirtschaftsverbände vor Folgen für den Standort Deutschland.

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20 Kommentare

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  • Noch vorige Woche erklärte Herr Weselsky nach Gutherrenart: „Das Land und die Bahnkunden haben jetzt eine Pause verdient…“. Nach den Vorstellungen des „Gutsherren“ Weselsky hat die Pause jetzt lang genug gedauert – weiter geht’s!

     

    Wie kommt er selbst eigentlich im Land herum, um die Streikenden aufzumuntern? Ach ja richtig, er hat ja Auto mit Chauffeur, er ist nicht auf die Bahn angewiesen!

     

    Ich fürchte, Herr Weselsky begreift gar nicht, dass er sich, seinen Gewerkschaftsmitgliedern und allen anderen Bahnmitarbeitern den Ast absägt, auf dem sie allesamt sitzen.

    Denn das Geld, das sie verdienen, stammt letztendlich von den Bahnkunden. Wenn die gezwungenermaßen abwandern, wer soll dann für die (wahrscheinlich) immer weiter steigenden Lohnforderungen aufkommen? Denn nicht alle werden später wieder zurückkommen!

  • Die Wirkung des Streiks und sein Erfolg allerdings geben mir Rätsel auf. Weselsky soll von einem absoluten Erfolg gesprochen haben, der aber dann worin liegt?

     

    „Bahnchef Rüdiger Grube wollte dem Vernehmen nach hinter den Kulissen nach neuen Lösungsmöglichkeiten in dem Streit suchen,...“, das allein kann es ja nicht gewesen sein.

     

    Also ist zu hoffen, die Bahn weiß, dass die GDL es ernst meint, und kommt mit akzeptablen Angeboten rüber, die auch ans Licht der Öffentlichkeit gestellt werden, damit sich die dazu ein klares Bild machen kann.

     

    Oder geht die Zeitschinderei nun weiter?

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  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Ich bin Hrn Weselsky zutiefst und unterwürfigst dankbar für die von ihm persönlich gewärte Pause!

    Dann können wir uns ja nun wieder mit den üblichen Zugausfällen, Signalstörungen und sonstigen Verspätungsgründen beschäftigen.

    ... Bevor dann demnächst unbefristet weitergestreikt wird, weil die Bahn frecherweise nur 4,9% statt 5% angeboten hat!

    • @64938 (Profil gelöscht):

      Tja, so ist die deutsche Bevölkerung nun mal.

      Niemand hat das unternehmerische Interesse, der Deutschen Bahn AG mit allen ihren Unzulänglichkeiten ernsthafte Konkurrenz zu machen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @64938 (Profil gelöscht):

      Sink possitiff!

       

      Auch ich möchte mich dem Dank an die GDL featuring Herrn Weselsky anschließen - in freudiger Erwartung, dass ich morgen den Zug, den ich benutzen möchte, auch benutzen darf.

       

      FREIHEIT!!!

    • @64938 (Profil gelöscht):

      Die Bahn hätte den Streik für Reparaturen an festen und rollenden Material nutzen können, was eine kleine Wiedergutmachung für ihre Hinhaltetaktik die zum Streik führen musste gewesen wäre.

       

      Wenn es denn aber nur um den Unterschied von 4,9 % zu 5 % gegangen wäre, wie erklären Sie sich dann, dass die Bahn diese „Fünf“ nicht gewährt hat?

      • 6G
        64938 (Profil gelöscht)
        @Tecumseh:

        ... weil Verhandlungen normalerweise am Ende immer Kompromisse ergeben (auch wenn es dieses Wort in der Welt von Hrn Weselsky nicht zu geben scheint)

        • @64938 (Profil gelöscht):

          Es ging und geht nicht in erster Linie um Lohnerhöhungen, sondern um die Arbeitsbedingungen und die Gleichbehandlung aller Lokführer. Es geht um Arbeitszeitverkürzung und Überstundenbegrenzung und darum, dass die Rangierlokführer die gleichen Tarife bekommen. Das halte ich angesichts der verantwortungsvollen Arbeit für ausgesprochen berechtigte Forderungen. Wie weit sind wir in diesem Land gekommen, dass zum einen die Forderungen in den Medien zur Unkenntlichkeit verdreht werden und zum anderen die Bürger sich auf die Seite eines Konzerns stellen, der seiner Verantwortung nicht gerecht wird.

          • 6G
            64938 (Profil gelöscht)
            @Jochen Rohwer:

            ja, Hr. Rohwer, das ist ja ein Teil des Problems: Keiner weiß so ganz genau, wofür die GDL eigentlich. streikt. Geht es um Lohnerhöhungen, Arbeitsbedingungen, Eingruppierungen, die Rolle der GDL, wer darf wen vertreten. ...Wenn dann mal wieder die Medien Schuld an mangelnder Informationen sein sollen, wäre es wohl Aufgabe der GDL selbst, einmal klipp und klar zu sagen, was sie eigentlich will. Aus den wenigen, unerfreulichen Interviews mit Hrn Weselsky geht das so nicht hervor.

        • @64938 (Profil gelöscht):

          Ich wäre froh, wenn jemand kompromisslos für meine Rechte gegenüber einem Milliardenkonzern kämpft.

  • Also wenn die GDL und ihr großer Vorsitzender nicht noch irgendeinen Joker für die Verhandlungen haben ... dann sieht es wohl schlecht aus für diese Gewerkschaft. Das Droh- und Druckpotential ist doch verbraucht, oder?

    Mit Querulanten und Rechthabern gewinnt man in Verhandlungen vielleicht eine Runde, aber doch nicht mehr.

    Jedoch ... vielleicht gibt es da doch noch etwas hinter den Kulissen ... und Montag ist der Spuk vorbei.

    • @TazTiz:

      Vor allen Dingen hat die GdL wohl gut gefüllte Streikkassen.

      Im Kapitalismus ist das das einzig entscheidende.

       

      Argumente sind irrelevant.

      • @Age Krüger:

        So hab ich das noch gar nicht gesehen. Aber eine bedeutsamer Aspekt. Statt auf der Bank zu schmoren, kommt das Geld aus dem GDL-Sparstrumpf jetzt in den Wirtschafts-Kreislauf und kurbelt die Konjunktur an ... das meinten Sie doch, oder? Das erklärt auch die Zurückhaltung der Konsumgüterindustrie in Sachen Kritik am Streik.

  • Als die italienische Journalistin (und ehemalige ARD-Korrespondentin) Franca Magnani sagte: "Je mehr Bürger mit Zivilcourage ein Land hat, desto weniger Helden wird es einmal brauchen."

    hat sie sicher eher so Menschen wie Weselsky als all die Kauders, Oppermanns und Grubes gemeint...

  • Die GDL und Herr Weselsky gefallen mit jeden Tag besser. Aufrechte Leute, die Rückgrat und Kraft genug haben für die deutschen Arbeiterrechte zu streiken. Sollten sich andere Berufsgruppen ein Beispiel dran nehmen.

    • @KLaus Hartmann:

      Ein Streik muss verhältnismäßig sein - der mittlerweile achte Streik der GdL in einem die gesellschaftliche Allgemeinheit massiv berührenden Bereich (öffentlicher Personenverkehr - denn hier geht es um Berufspendler, Schüler, Studenten, Geschäftsreisende und Touristen, die oftmals nicht selbst motorisiert und deshalb zwingend auf die Bahn angewiesen sind, um z. B. ihren Arbeitsplatz pünktlich zu erreichen) ist es nicht mehr!

      Hinzu kommt: Selbst der Deutsche Beamtenbund als Dachorganisation der GdL hat ihr schon nach dem siebten Streik ins Stammbuch geschrieben, dass man zuerst einmal vernünftig verhandeln, Kompromisse suchen - und in diesem Zusammenhang bei Bedarf auch einen unabhängigen Schlichter hinzuziehen müsse. Ein Tarifabschluss ist immer ein Kompromiss zwischen den Ursprungsforderungen beider Seiten bzw. Tarifparteien, was Herrn Weselsky völlig entgangen zu sein scheint!

      Einzig wirksamer Ausweg zur Not, um die Allgemeinheit nicht unverhältnismäßg "die Zeche zahlen" zu lassen: Die Bahnprivatisierung rückgängig machen und den früheren Beamtenstatus der Bahnbeschäftigten wieder einführen - denn Beamte dürfen nämlich nicht streiken!

      Ach ja, ich selbst bin ebenfalls Gewerkschaftsmitglied - bei ver.di. Und erwarte selbstverständlich auch von meiner Gewerkschaft, dass sie branchenbezogen die Auswirkungen eines Streiks auf die gesamtgesellschaftliche Allgemeinheit vernünftig mit abwägt und berücksichtigt - d. h. dass sich Anzahl und Ausmaß der Streiks in einem auch für die Allgemeinheit vertretbaren Rahmen bewegen! Nur dann sind nämlich gewerkschaftliche Streiks in der Gesellschaft akzeptiert bzw. werden von dieser mehrheitlich mitgetragen - was für den mittels der Streiks öffentlich erzeugten Druck auf die Arbeitgeberseite wichtig ist!

      • @Jessica:

        "Ach ja, ich selbst bin ebenfalls Gewerkschaftsmitglied - bei ver.di. Und erwarte selbstverständlich auch von meiner Gewerkschaft, dass sie branchenbezogen die Auswirkungen eines Streiks auf die gesamtgesellschaftliche Allgemeinheit vernünftig mit abwägt und berücksichtigt - d. h. dass sich Anzahl und Ausmaß der Streiks in einem auch für die Allgemeinheit vertretbaren Rahmen bewegen!"

         

        Jawoll.

        Solange streiken bis das deutsche Lohnniveau wieder auf einem Stand ist, dass man davon leben kann und die Sozialversicherungssysteme wieder was für die Werktätigen machen. Kein Streik mehr ohne die Forderung auf Ausgleich für HartzIV,

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Jessica:

        Ach! Verhältnismäßig ist also etwas nicht mehr, wenn es acht Mal passiert oder der Rahmen "vernünftig" ist, in dem gestreikt wird? Also im Klartext: wenn die Arbeitgeber nur lange genug auf ihren Positionen beharren, ist ein Streik unverhältnismäßig! Wenn alle Gewerkschaftler so dächten, können sie sich auch selbst und ihre Gewerkschaft gleich mitabschaffen.