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Ende des Assad-RegimesBundesamt prüft Schutzstatus von geflüchteten Syrern

Nach dem Willen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sollen Syrer in Deutschland in bestimmten Fällen ihren Flüchtlingsschutz verlieren.

Im Wahlkampf: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Essen/Berlin (epd |). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will anhand von vier Punkten über die Zukunft von geflüchteten Syrerinnen und Syrern in Deutschland entscheiden. In bestimmten Fällen könnte der Schutzstatus aufgehoben werden, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag Online, Montag Print) berichten.

„So wie es unser Recht vorsieht, wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen, weil sich die Lage in Syrien stabilisiert hat“, sagte Faeser mit Blick auf den Sturz des Assad-Regimes vor einem Monat. Das werde für diejenigen gelten, „die kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen wie Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig nach Syrien zurückkehren.“

Faeser betonte: „Wer gut integriert ist, arbeitet, Deutsch gelernt hat und hier eine neue Heimat gefunden hat, der soll in Deutschland bleiben dürfen.“ Als dritte Gruppe nannte sie Menschen, die nach Syrien zurückkehren wollen. Diese wolle man unterstützen und dafür das Programm des Bundes zur freiwilligen Rückkehr erweitern, erklärte die Innenministerin. Zudem sprach sie sich dafür aus, Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abzuschieben. „Die rechtlichen Möglichkeiten dafür haben wir stark erweitert und werden sie nutzen, sobald die Lage in Syrien dies zulässt“, sagte Faeser den Zeitungen.

Erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt des Terrors und der Gewalt gebe es in Syrien wieder Hoffnung auf Frieden, betonte die Ministerin mit Blick auf die Entmachtung von Präsident Baschar al-Assad Anfang Dezember. „Wenn diese Hoffnung auf Frieden Realität wird, dann können auch viele Geflüchtete zurückkehren.“ Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium arbeiteten gemeinsam daran, ein klareres Lagebild von Syrien zu gewinnen. Dabei stünden vor allem die Sicherheitsfragen im Fokus und Deutschland stimme sich eng mit den europäischen und internationalen Partnern ab.

Kurz nach dem Sturz des Regimes hatte das Bundesamt für Migration Asylverfahren für Syrerinnen und Syrer ausgesetzt. Seitdem wird in Deutschland über den Umgang mit neu ankommenden und schon lange hierzulande lebenden Geflüchteten aus dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land diskutiert.

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19 Kommentare

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  • Alle die hier "widerlich" schreiben: Ja, Überraschung, "Realpolitik" ist unappetitlich. Zumal hier ja - wie bei dem medienwirksam in Szene gesetzten Abschiebeflug (plus 1000€ Handgeld an terroraffine Gefährder, Gewalt-, Intensiv- & Sexualstraftäter (u.a. an Kleinkindern) ) - wirklich nur die AfD-Angst vor der Bundestagswahl im Nacken sitzt. Nach den Landtagswahlen waren Abschiebungen nämlich plötzlich wieder "Ländersache". Vorher hat man zehn Jahre die Hände in den Schoß gelegt, die Hauptarbeit in Sachen Integration unenentgeltlich arbeitenden Freiwilligen und Ehrenamtlichen überlassen, bis sie ausgebrannt waren und an den Rahmenbedingungen exakt null geändert. Ansonsten könne man leider überhaupt nichts machen. Kann es sein, dass sich das jetzt rächt?

    Und was die Geschmackssicherheit der SPD angeht: Vor zehn Jahren hat Steinmeier noch darauf hin gearbeitet, dass man doch mal "mit Assad reden" müsse, sonst wird es im syrischen Bürgerkrieg zu keiner Lösung kommen. Die Worthülsen ähneln übrigens verdächtig denen, die man gegenüber Putin aus der Kopfschublade zieht. Scheint einem Muster zu folgen.

    • @Feodor Fiorina:

      "Alle die hier "widerlich" schreiben: Ja, Überraschung, "Realpolitik" ist unappetitlich."

      Dahinter verbirgt sich aber keine Gesetzmäßigkeit, sondern Menschen. Realpolitik kann auch human gestaltet werden und mit Respekt vor den Mitmenschen.

      Kurz gefasst: Widerliche Politik wird meistens auch von widerlichen Menschen gestaltet und schlimmstenfalls auch umgesetzt.

  • ".. die kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen wie Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig nach Syrien zurückkehren.“

    Da sollte die Juristin Faser sich besser einmal über die Rechtslage informieren, statt öffentlichkeitswirksame Phrasendrescherei zu betreiben.

    Das BAMF wird sie hoffentlich darüber aufklären, was der § 25.4 AufenthG unter einem Aufenthalt aus humanitären Gründen versteht. Stichwort Ausreisehindernisse.

    Es ist ein menschlich schäbiger Stil, mit dererlei Aussagen Unsicherheit bei den Betroffenen zu schüren. Und er passt zu der Objektifizierung von Menschen, wie sie heute in vielerlei Hinsicht betrieben wird.

  • Die SPD bereitet sich auf eine Koalition mit der Union vor. Anders kann ich mir diese Entscheidung der Bundesinnenministerin nicht erklären.

  • Liebe Frau Faeser, haben Sie eigentlich sonst nichts zu tun? Was tun Sie den ganzen Tag? Solche Ideen von den anderen abschauen?



    Müssen solche Nebenkriegsschauplätze immer zur Ablenkung von den eigentlichen Problemen dienen?



    Ich z. B. habe Mieter mit Migrationshintergrund und möchte sie nicht verlieren! Die Umsetzung solcher Ideen schaden mir also ganz direkt und unmittelbar. Für mich geht es da um ein paar tausend Euro im Jahr und ich mag keine leerstehenden Wohnungen, denn jede einzelne kostet mich pro Monat ein paar hundert Euro.

    • @Aurego:

      Integrierte Migranten sind doch explizit ausgenommen. Davon abgesehen spielen Ihre persönlichen wirtschaftlichen Interessen in dieser Sache eine untergeordnete Rolle.

      • @Feodor Fiorina:

        Das mit den integrierten Migranten müssen Sie den bayerischen Behörden vielleicht einmal genauer erklären.

    • @Aurego:

      In dem Artikel wird zitiert, dass Leute die arbeiten und integriert sind, bleiben können, wenn sie wollen. also kein Grund zur Aufregung.

      • @PeterArt:

        Und Sie glauben tatsächlich, die Behörden werden sich daran halten? So wie jetzt z. B. in Bayern?

  • Meiner Meinung nach sollten wir nicht nach "Nützlichkeit sortieren" (hässlicher Begriff, ich weiß). Ärzte, Krankenhauspersonal, Ingenieure usw. werden in Syrien ebenso gebraucht, vielleicht noch mehr als bei uns.



    Für mich ist der wichtigste Aspekt, dass die zurückkehrenden syrischen Geflüchteten, vertraut mit "westlicher Freiheit", die sicherlich teilweise geschätzt wird, den Islamisten, sofern es die in Syrien noch geben wird, etwas entgegensetzen können.



    Die Entscheidung ist aber sicherlich schwer. Wer sich hier ein gutes Leben mit ggf. deutscher Staatsbürgerschaft aufgebaut hat, wird vermutlich zwischen Deutschland und Syrien nur noch pendeln wollen.

    • @*Sabine*:

      Das mit dem "entgegensetzen können" können Sie gleich vergessen, da solche Leute dort eine winzige Minderheit darstellen werden. Vielleicht werden diese Leute mal in Syrien Urlaub machen, um die Verwandten zu besuchen, aber sicher nicht pendeln.

    • @*Sabine*:

      Wer von den hier lebenden Syrern schon jetzt zurückgehen möchte, braucht ganz sicher keine „Ermutigungen“ durch Frau Faeser. Die anderen sollte man in Ruhe lassen. Es ist noch keineswegs ausgemacht, wohin sich das von Assad befreite Syrien entwickelt.

      • @Klabauta:

        Ich stimme Ihnen zu,möchte jedoch anmerken,dass ich es für möglich halte (und es auch bezüglich Afghanistan für möglich hielt),dass die Millionen Flüchtlinge,die andere Gesellschafts- und Politik-Verhältnisse kennengelernt haben,mit der Rückkehr in ihr Herkunftsland einen Unterschied machen.



        Die syrische Bevölkerung(in Syrien) betrug 2023 ca. 23 Millionen Menschen(selbstverständlich nicht alle wahlberechtigt).In die Nachbarländer sind ca. 5 Millionen Menschen incl. nicht-wahlberechtigte Kinder geflohen,ca. 1,6 Millionen Syrer kamen nach Europa.Das sind die Zahlen die ich auf die Schnelle gefunden habe.Meiner Meinung nach kann das eine wahlentscheidende Größe sein.



        Was mich stutzig macht,ist,dass die Wahlen erst in vier Jahren stattfinden sollen,aber ich habe ja bereits in einem anderen Kommentar eingeräumt,dass ich mangels Fachwissen nicht einschätzen kann,wie lange es dauert,ein Land wahl-fit zu machen.Da in Syrien bereits mehrere Wahlen,wenn auch betrügerischer Natur stattfanden,frage ich mich,ob die vier Jahre Vorbereitungszeit gerechtfertigt sind oder vollendete Tatsachen geschaffen werden sollen.Werden die jetzigen Stelleninhaber:innen ihre Minister-Jobs wieder freigeben?

    • @*Sabine*:

      Jedes vernüftig regierte Land macht das so

      • @Andere Meinung:

        Ja, ich stimme Ihnen zu. Aber bei uns gibt es dafür keine politischen Mehrheiten, sonst würde es ja auch bei uns so gemacht werden.

  • Das kann man nur noch widerlich nennen. Es ist noch gar nicht abzusehen ob sich in Syrien nicht ein genauso oder sogar schlimmeres Regime etabliert (schönes Beispiel dafür ist der Iran) und es werden schon Abschiebepläne geschmiedet. Die SPD versucht mal wieder alle Parteien einschließlich der AfD rechts zu überholen und ist zu dumm zu merken, daß die AfD die "etablierten" Parteien seit Jahren vor sich hertreibt.

  • Wenn man denn ihr nur Glauben schenken könnte.



    Wirklich passieren wird wahrscheinlich nichts - oder wenn, dann wieder eine Woche vor der Bundestagswahl - wie zuvor schon vor den Ostdeutschen Landtagswahlen als medienwirksam genau ein Abschiebeflug nach Afghanistan abflog.

  • Widerlich.

    • @Homo Homini Deus:

      Was ist widerlich?