Emissionen in Deutschland: Es gibt immer mehr Klimakiller
Der CO2-Ausstoß steigt weiter an – vor allem im Verkehr. Es wird damit immer unrealistischer, das Emissionsziel für 2020 noch zu erreichen.
Im ersten Halbjahr 2017 sind die energiebedingten CO2-Emissionen danach gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um knapp 1,2 Prozent auf 428 Millionen Tonnen gestiegen. Die Berechnung beruht auf Angaben der Energiewirtschaft.
Entscheidend für den Anstieg der Emission ist der zunehmende Verbrauch von Mineralöl. Während der Heizölabsatz trotz der im Vergleich zum Vorjahr kälteren Witterung leicht zurückging, wuchs der Absatz von Diesel um 6,5 Prozent, der von Benzin um 2,5 Prozent, der von Kerosin um fast 8 Prozent. „Das zeigt, wie wichtig es ist, endlich auch Klimaschutzpolitik im Verkehr entschlossen zu betreiben“, sagte Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende.
Deutliche Verschiebungen gab es im Stromsektor: Obwohl die erneuerbaren Energien um 6,4 Prozent zulegten, blieben die Emissionen hier fast unverändert. Denn während Steinkohle- und Atomkraftwerke deutlich weniger Strom produzierten, gab es bei Erdgas und der besonders klimaschädlichen Braunkohle einen Zuwachs um 3,1 beziehungsweise 2,9 Prozent.
Agora Energiewende fordert Sofortprogramm
„Die Lücke zum Klimaschutzziel von minus 40 Prozent wird nicht kleiner“, kommentierte Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Um das Ziel doch noch zu erreichen, müsse direkt nach der Bundestagswahl ein „Sofortprogramm“ aufgelegt werden, das für Strom, Wärme und Verkehr „schnell wirkende Maßnahmen“ enthält, forderte Graichen.
Dem stimmt das von Barbara Hendricks (SPD) geführte Umweltministerium ausdrücklich zu. „Die aktuellen Zahlen machen sehr deutlich, dass wir bei unseren Klimaschutzanstrengungen zulegen müssen“, sagte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth der taz. Dass die Emissionen im Verkehrssektor heute über dem Wert von 1990 liegen, zeige ein „Komplettversagen der Verkehrspolitik im Klimaschutz“. Hier müsse die Politik „endlich liefern“, um das Klimaziel noch zu erreichen.
Auch bei der Braunkohlenutzung, wo geplante Reduzierungen in dieser Legislaturperiode am Widerstand von Gewerkschaften und Landesregierungen gescheitert waren, drängt Flasbarth auf einen neuen Anlauf. „Unser Ziel ist ein geordneter, schrittweiser Kohleausstieg ohne Strukturbrüche.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin