piwik no script img

Elternvertreter über Kita-Streik„Wir waren von Beginn an solidarisch“

Der Kita-Tarifstreit ist vorbei. Besonders die Eltern sind erleichtert. Für sie war der Streik eine Zerreißprobe, sagt Norman Heise.

Chaos nicht nur in der Kita, sondern auch zuhause: So haben viele Eltern den Kita-Streik erlebt Foto: reuters
Johanna Roth
Interview von Johanna Roth

taz: Herr Heise, sind Sie erleichtert?

Norman Heise: Ja, auf jeden Fall. Uns Eltern fällt mit der Einigung ein riesiger Stein vom Herzen. Jetzt hoffen wir, dass er auch liegenbleibt und wir ihn so bald nicht wieder hochheben müssen. Deshalb bitten wir die Delegierten dringend, das heutige Ergebnis der Verhandlungen anzunehmen.

Die Einigung enthält eine Nachbesserung einer ersten Schlichtungsempfehlung, den die Gewerkschaftsbasis im August aber ablehnte. Vor allem für BerufsanfängerInnen und SozialarbeiterInnen wurde noch einiges nachjustiert. War das berechtigt?

Wir waren von Anfang an solidarisch und haben die Ziele der ErzieherInnen unterstützt. Und der Fachkräftemangel ist ein wichtiges Thema, dessen Ende mit dieser Vereinbarung hoffentlich absehbar wird. Von daher war die Verbesserung sicherlich wünschenswert. Trotzdem waren die Streiks für viele Eltern kaum tragbar. Und für viele war ein Streik auch nicht das Mittel der Wahl, auch wenn sie die ErzieherInnen grundsätzlich verstehen.

Bild: privat

Wie meinen Sie das?

Nachdem die ver.di-Basis den Schlichtungsvorschlag abgelehnt hatte, hat Frank Bsirske sich hingestellt und gesagt, nun müsse man eben unkonventionelle Methoden wählen. Für einen Streik hätte das wieder wochenlange Streiks ohne Ankündigung und ohne Notvereinbarungen bedeutet.

Heißt das, die Gewerkschaft war hauptsächlich schuld daran, dass der Konflikt sich so lange gezogen hat?

Ich denke, man muss die Verantwortung bei beiden Seiten suchen. In der ersten Phase des Tarifstreits waren es die kommunalen Arbeitgeber, die sich kaum bewegt haben. Sie hatten offenbar wenig Interesse an einer Einigung und wollten das Ganze lieber aussitzen. Dass die Gewerkschaftsmitglieder den Schlichtungsvorschlag abgelehnt haben, muss man auch verstehen. Mit dem heutigen Ergebnis sollten aber alle gut leben können. Jetzt wird man sehen müssen, wie sich die Dinge in den nächsten fünf Jahren entwickeln.

Was für eine Bilanz ziehen Sie aus den vergangenen Monaten? Wie lief zum Beispiel die Organisation der Ersatzbetreuung?

In einigen Bundesländern und Kommunen klappte das gut, vielerorts lief es schlicht katastrophal. Angefangen bei unklaren Notbetreuungsvereinbarungen, wo Kinder dann plötzlich doch nicht betreut wurden, hin zu Versuchen, die Betreuung zwischen den Eltern selbst aufzuteilen, was von einigen Kommunen abgelehnt wurde. Auch die Rückzahlung von Kita-Gebühren war ein großes Problem. Teilweise haben Eltern nicht mal Rückzahlungen für das ausgefallene Mittagessen bekommen. Da gab es bei einigen Kommunen eine totale Verweigerungshaltung. So etwas ist absolut inakzeptabel.

Mit der Einigung sind Sie zufrieden. Was muss jetzt noch anders werden?

Für die Zukunft sehe ich besonders den Bund in der Verantwortung. Wir brauchen ein System, das die Gelder in der Kinderbetreuung besser verteilt. Im Moment gleicht das einem Wasserfall, der am oberen Ende groß und kräftig fließt, aber da, wo er hin soll, nämlich beim Kind, nur noch als Tropfen ankommt. Das geht besser. Denn die tarifliche Aufwertung darf auch nicht zu Lasten der Familien gehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wie traurig, das!

     

    "Uns Eltern fällt [...] ein riesiger Stein vom Herzen. Jetzt hoffen wir, dass er auch liegenbleibt und wir ihn so bald nicht wieder hochheben müssen", sagt Norman Heise im Namen deutscher Super-Eltern. Ich frage mich nun ernsthaft: Ist das wirklich alles, was sie in der Lage ist zu tun für ihre Wunsch-, Einzel- und Hoffnungskinder, die stolze deutsche Elternschaft?

     

    "Nachjustiert" haben sie, die Arbeitgeber. Offenbar kamen von oben her doch nicht so viele Taler angestürzt, wie Norman Heise glaubt und sagt. Schon gar nicht heuer, wo die "Flüchtlingsströme" reißen. Da kann nach unten nicht viel weitertröpfeln. Und wer will sich schon auf die Hinterbeine stellen im Angesicht drängender Weltprobleme? Vom hehren Ziel, den Job des wackeren Erziehers der deutschen Zukunft endlich angemessen aufzuwerten, ist so ein 50-Euro-Schein geblieben. Viel ist das wirklich nicht.

     

    In diesem Land, wo Werte gern und oft in Euro angegeben werden, scheinen studierte Erzieherinnen noch immer bessere Kindermädchen zu sein. Sie müssen sich schon freuen, wenn sie für wenig (Trink-)Geld nicht noch Toiletten putzen müssen und ihre Arbeitgeber ihnen nicht noch unters Röckchen fassen. Dass so die "Allerbesten" gleich zu Hunderten nach jeder neuen freien Stelle greifen, ist eher unwahrscheinlich, denke ich.

     

    Aber hier "tickt" die Elternschaft genau wie die Verwaltung "tickt". Sie will sich nicht mit solchen Leuten zanken, die Macht besitzen und auch zu nutzen wissen. Das ist viel zu riskant und also unzumutbar, findet Norman Heise für die BEVKi. Die kleinen Goldmarie und Hans im Glück, ihr süßer Bruder, werden also auch in Zukunft von Leuten betreut werden, die andere Prioritäten setzen als das Geld. Und das, bei allem Ärger über ein bescheuertes Prinzip, ist ja womöglich gar nicht so ganz schlecht. Was mal geprägt ist, geht so rasch nicht wieder weg.

    • @mowgli:

      Wo kann man den Erzieher studieren? Der Studiengang ist mir neu...

    • @mowgli:

      was meinen Sie mit "studierte Erzieher" - ich denke, das ist immer noch ein Ausbildungsberuf, der kein Studium voraussetzt. Von daher ist die Gleichsetzung mit Lehrern auch nicht angemessen, die nach meiner Erinnerung angestrebt wurde. Bin selbt übrigens kein Lehrer.