Elite-Hochschule in Indiens Hauptstadt: Schlägertrupp greift Uni an
Mutmaßlich rechte Hindufundamentalisten dringen in eine Uni in Neu Delhi ein. Sie schlagen auf Dozenten und Studierende ein und fliehen unerkannt.
„Mein Staat Jammu & Kaschmir wird seit sechs Monaten angegriffen. Meine [muslimische] Gemeinde wird seit Beginn des Terrorregimes von [Ministerpräsident Narendra] Modi angegriffen. Meine Universität wird angegriffen“, twittert Rashid entsetzt.
Wie Rashid können viele nicht fassen, dass am Sonntag erneut eine Universität in Indien zum Schauplatz roher Gewalt wurde. Es traf mit der JNU eine der renommiertesten Bildungseinrichtungen Indiens.
Ein vermummter und mit Eisenstangen bewaffneter Mob drang in die Uni im Süden Delhis ein. Lehrende wie Studierende wurden bedroht, ernsthaft verletzt und der Campus wurde demoliert. 24 Personen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Vorwürfe an die Polizei
Alle AngreiferInnen konnten später unbehelligt fliehen. Denn laut Augenzeugen griff die Polizei erst nach Stunden ein. Die Polizei dementiert das.
Die Fotos und Videos von der Gewalt lösten Empörung aus. Eines zeigt die blutüberströmte Präsidentin der JNU-Studentengewerkschaft, Aishe Ghosh. Die Angreifer hatten es auf unbequeme Köpfe wie Ghosh abgesehen.
In den letzten Wochen waren bereits zwei andere Universitäten in Nordindien attackiert worden, nachdem es dort zu Protesten gegen das umstrittene Migrationsgesetz gekommen war, das viele als anti-muslimisch verstehen.
Die Angegriffenen an der JNU sind überzeugt, dass sie rechten Hindufundamentalisten attackiert wurden. Die JNU ist manchen aus dem politischen Spektrum der regierenden hindunationalistischen Volkspartei BJP schon lange ein Dorn im Auge. Sie ist ihnen zu rebellisch und zu links.
Rebellische Studierende
Zuletzt widersetzten sich die Studierenden der JNU einer Erhöhung der Unigebühren. Als Angreifer werden Mitglieder der hindunationalistischen ABVP vermutet, die quasi die Studentenorganisation der BJP ist.
Einige Opfer wollen auch einige Täter erkannt haben, da sie von denen zuvor schon mit Steinen beworfen worden waren.
Aus Protest gegen den Angriff und aus Solidarität mit den Opfern haben am Montag Menschen in mehreren indischen Städten demonstriert.
„Die Polizei soll sich schämen“
In der Wirtschaftsmetropole Mumbai versammelten sich Hunderte am Gateway of India. Auf ihren Schildern stand: „Wir stehen zusammen mit der JNU“ oder „Delhis Polizei soll sich schämen.“
Auch die 27-Jährige Doel ist dabei. Sie fürchtet, dass Indien zum Polizeistaat wird: „Die größte Herausforderung der jetzigen Regierung sind die aufgeklärten Stimmen Andersdenkender.“ Trotz der Gewalt sei sie froh, dass Indien mit einer Bürgerbewegung antworte.
Auch der Wirtschaftsnobelpreisträger und JNU-Alumni Abhijit Bhattacharya mahnt: „Jeder Inder, der sich um das Ansehen der Nation sorgt, sollte beunruhigt sein. Das hat zu viele Parallelen mit den Jahren, als Deutschland sich auf die Nazi-Herrschaft zubewegte.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch