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Elitäre ElbphilharmonieVielleicht doch kein Haus für alle

Hamburgs Senat bricht vielleicht auch das letzte Elbphilharmonie-Versprechen: Die „für alle“ gedachte Plaza könnte ab Mitte 2018 Eintritt kosten.

Ganz schön unpraktisch: elegant gewelltes Elbphilharmonie-Dach. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz | Es sollte ein Paradebeispiel volksnahen Bauens werden. Steingewordene Demokratie sozusagen: Vom ersten Tag an haben Hamburgs Politiker die dortige Elbphilharmonie nimmermüd als „Haus für alle“ gepriesen, auch wenn der forsche Slogan angesichts verzehnfachter Kosten und neunjähriger Bauzeit zuletzt immer beschwörender wurde. Denn das Vertrauen in Planungs- und Finanzierungskompetenz der Politik ist weg, und jetzt droht auch der letzte Trost zu schwinden: die öffentliche Zugänglichkeit der Plaza.

Die soll im November 2016 eröffnet werden und das architektonische Bindeglied zwischen dem 1963er Kaispeicher Werner Kallmorgens und dem Glasbau der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron bilden. Denn die am 11. Januar 2017 offiziell zu eröffnende Elbphilharmonie sitzt als ja „Parasitenbau“ auf dem einstigen Kakao-Speicher und gibt den Blick über den Hamburger Hafen frei.

Genießen soll man ihn von jener 37 Meter hohen Plaza aus. Rund 3.200 Meter ist sie groß und soll, so die Vision, für jeden begehbar sein – egal, ob er eine Konzertkarte hat oder nicht. Als „Hauptattraktion für Touristen und Einheimische“ wurde die Plaza gar promotet.

Das war auch bitter nötig, denn weder die teuren Wohnungen noch das Luxus-Hotel, die den größten Teil des Baus einnehmen, wird sich der Durchschnittsbürger leisten können. Da soll Hamburgs Steuerzahler wenigstens kostenlos auf seine geliebte Vaterstadt schauen können, nachdem er die Elbphilharmonie mit fast 800 Millionen Euro gesponsert hat.

Die Zeitspirale

2003 Senatsbeschluss zum Bau der Elbphilharmonie

2006 Berufung des Intendanten Christoph Lieben-Seutter

2007 Grundsteinlegung

2010 Richtfest

2011 Baustopp durch Konzern Hochtief, Ultimatum der Stadt

2013 Weiterbau nach Vertrags-Neugestaltung samt Zusatzzahlung von 198 Millionen Euro an Hochtief

Ende 2016 Eröffnung der Plaza

Januar 2017 Eröffnungskonzert

Soweit die Theorie. In der Praxis war längst klar, dass die Elbphilharmonie-Plaza, die unter dem Konzertsaal sowie einmal um den Gebäudekomplex herumführt, nur 1.400 Menschen bequem fasst. Und dass man dies durch Tickets für bestimmte Zeitfenster und Drehkreuze würde kontrollieren müssen.

Nur hatte es bisher immer so geklungen, als solle das kostenlos möglich sein. Das steht jetzt in Frage: Von vornherein werden im Internet gebuchte Karten – ein interessanter Anti-Trend – mehr kosten als die vor Ort gekauften. Damit will die Kulturbehörde den Internet-Handel unterbinden, den es mit den Karten für Baustellenführungen gegeben habe. Eine „geringe Vorverkaufsgebühr von voraussichtlich zwei Euro“ will man laut Kulturbehördensprecher Enno Isermann berechnen.

Das will man sich anderthalb Jahre lang ansehen und dann entscheiden, ob ab Mitte 2018 auch spontane Vor-Ort-Tickets kostenpflichtig werden, zwecks Besuchersteuerung. Die Zugänglichkeit für alle wäre damit erledigt – und das, obwohl Hamburgs SPD-Fraktionschef Andreas Dressel jüngst versicherte, man wolle die Hamburger „mit der Elbphilharmonie versöhnen“, schließlich hätten sie dafür „schon genug geblecht“. Abgesehen davon ist fraglich, ob ein Eintritt den Ansturm wirklich bremsen kann.

Diese Menschenmassen könnten auch bei einer Evakuierung zum Problem werden: Denn im Ernstfall müssen nicht nur jene 1.400 Plaza-Spaziergänger das Gebäude verlassen. Einzurechnen wären auch die Besucher zweier Konzertsäle à 2.150 und 550 Menschen samt Musikern und Betriebspersonal – sowie die Bewohner des 224-Zimmer-Hotels und der 45 Wohnungen. Insgesamt wären damit rund 5.000 Menschen zu evakuieren.

Doch in welcher Abfolge sie über die – vielleicht nutzbare – Rolltreppe, elf Fluchttreppenhäuser und vier Feuerwehraufzüge geschleust werden sollen, bleibt vage. Zwar sagt Behördensprecher Isermann, das Gebäude sei auch brandschutztechnisch in drei unabhängige Bereiche eingeteilt – Konzertsäle, Hotel, Wohnungen. „Sollte in einem dieser Bereiche ein Feuer ausbrechen, wären die anderen Bereiche zunächst nicht betroffen, sodass man sich bei der Evakuierung zunächst auf den einen Bereich konzentrieren könnte“, sagt Isermann.

Was aber, wenn sich das Feuer nicht an diese Unterteilung hält? Wird man die Bewohner von Luxushotel und Exklusiv-Wohnungen dann vor dem „Fußvolk“ auf der Plaza evakuieren? Im Zwei-Klassen-Modus wie einst auf der „Titanic“?

„Die Abgänge sind für rund 10.000 Personen ausgelegt“, sagt Isermann. Das seien „deutlich mehr, als wir je in das Gebäude lassen werden“. Auch Hamburgs Feuer- und Baupolizei sieht kein Problem. Sie hat die Elbphilharmonie bereits abgenommen.

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3 Kommentare

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  • Warum sollte Hamburg dort nicht Eintritt verlangen? Die meisten Besucher dieser Plaza werden eh Touristen sein. Für Hamburger Geringverdiener kann man ja den Eintritt erheblich ermäßigen. Was den Brandschutz angeht, da macht sich die Autorin vollends lächerlich. Wir haben in Deutschland hohe Standards, und die Experten können dies sicher besser beurteilen als die Autorin.

    • @vulkansturm:

      ... meinen Sie die Standards wie bei Stuttgart 21? Wo die Schläuche im Tunnel trocken bergauf laufen sollen?

    • 6G
      64938 (Profil gelöscht)
      @vulkansturm:

      Genau, so wie in BER ...